GWG – Tut sich etwas?

Viele reden gerne von Deregulierung, aber tatsächlich tut sich in Deutschland wenig, oder es wird sogar in vielen Bereichen eher schlimmer. Ein schönes Beispiel dafür war in der Vergangenheit die Behandlung sogenannter geringwertiger Wirtschaftsgüter (GWG). Nun scheint endlich wenigstens ein Schritt in die richtige Richtung in Arbeit zu sein.

Schon zu Zeiten der D-Mark bestand hier die Möglichkeit, Anlagevermögen von geringem Wert nicht über die Nutzungsdauer abzuschreiben, sondern im Zugangsjahr ergebnismindernd zu berücksichtigen. Mit der Einführung des Euro wurde der alte Betrag grob umgerechnet und weitergeführt. Vor einigen Jahren kam dann noch die unsägliche sogenannte Poolabschreibung hinzu.

Allein durch die Inflation der letzten Jahrzehnte – ja, es gab mal eine und Teile der Politik wie EZB arbeiten hart daran, die Eurostaaten wieder in diese Richtung zu schieben – ist die Nutzbarkeit der Vereinfachungsregelung entwertet worden, die Poolabschreibung hat das keinesfalls verbessert. Da in der handelsrechtlichen Praxis die Anwendung der steuerlichen Regelungen auch für die Handelsbilanz grundsätzlich akzeptiert wurde, schwappte das Steuerrecht wieder einmal in die Handelsbilanz über. Bedenken gegen die vorbehaltlose Übernahme der Poolabschreibung in die Handelsbilanz hatte ich schon früher geltend gemacht (StuB 2008, S. 25 ff. für Abonnenten). Ein Auseinanderfallen von Handels- und Steuerbilanz führt zum Folgeproblem latenter Steuern.

Seit Jahren wird der steuerliche Gesetzgeber bedrängt, durch eine Heraufsetzung der GWG-Grenze den Aufwand im Rechnungswesen zu mindern. Wenn man die Anschaffungskosten von Wirtschaftsgütern bzw. Vermögensgegenständen des Anlagevermögens von geringem Wert im Jahr des Zugangs sofort als Betriebsausgabe bzw. Aufwand behandeln oder zumindest einen Zugang mit Vollabschreibung im Zugangsjahr vornehmen kann, entlastet das in den Folgejahren von der Notwendigkeit der buchmäßigen Verwaltung der Vermögensposten. Handelsrechtlich ergibt sich zwischen den beiden Vorgehensweisen der Unterschied, dass bei sofortiger Aufwandsverrechnung mit Zugang die Anlagegüter nicht über den Anlagespiegel gezogen werden, was bei Zugang und sofortiger Vollabschreibung aber erforderlich ist. Zumindest für die sogenannten geringstwertigen Vermögensgegenstände bis 150 Euro wird die sofortige aufwandswirksame Buchung ohne Berührung des Anlagespiegels akzeptiert.

Handelsrechtlich wird die aufwandswirksame Verrechnung der geringwertigen Vermögensposten im Zugangsjahr nach einem der beiden Verfahren mit dem Argument des nicht im HGB kodifizierten Grundsatzes der Wesentlichkeit seit vielen Jahren akzeptiert. Diese Behandlung führt zudem zu einer vorsichtigeren Bilanzierung, weil weniger Vermögen und zunächst eine Erfolgsminderung gezeigt werden. Vor diesem Hintergrund wird handelsbilanziell die Einordnung der Vermögensgegenstände mit Anschaffungskosten von bis zu 1.000 Euro als GWG schon länger als unproblematisch angesehen.

Der steuerliche Gesetzgeber scheint jetzt endlich ein Einsehen zu haben. Auch der Finanzminister soll kein unüberwindbares Hindernis mehr sein, wie man hört. Wie zu hören ist, soll die bisherige GWG-Grenze von 410 Euro mehr als verdoppelt werden, also kommt vielleicht die Grenze von 1000 Euro. Am Ende kostet das den Staat ohnehin nur ein müdes Zucken, denn es geht letztlich nur um eine Periodenverschiebung des Aufwands. Was heute das Ergebnis mindert, tut es morgen nicht, d.h. es kommt zwar zunächst zu einer Minderung des zu versteuernden Einkommens, dafür werden künftig weniger Betriebsausgaben anfallen. Zugegeben, es bleibt der Plateaueffekt, d.h. die heutige Ergebnisminderung wird sich erst am langen Ende umkehren. Aber wenn nicht jetzt, wo die Steuerkasse zumindest aktuell überläuft, sollte der Zeitpunkt sein, hier etwas für die Deregulierung zu tun. Dafür dürfte es auch gerne etwas mehr sein, weil zu befürchten ist, dass sich dann wieder für Jahre oder Jahrzehnte nichts auf dem Gebiet der GWG tun wird.

Im Übrigen habe ich in diesem Zusammenhang eine große Bitte, falls das nicht ohnehin schon vorgesehen ist: Werft die Poolabschreibung mit in die Tonne! Schon an anderer Stelle wurde gezeigt, dass deren Übernahme in die Handelsbilanz zu fragwürdigen Ergebnissen führen kann und Arbeit macht sie auch. Eine höhere GWG-Grenze von 1000+ Euro ohne Poolabschreibung macht das Verfahren schlank und entlastet Steuerpflichtige wie Finanzverwaltung von Bürokratie.

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