Holen Sie alte GmbH-Gesellschaftsverträge hervor

Wenn es um die Prüfung von GmbH-Gesellschaftsverträgen und von Anstellungsverträgen mit dem Gesellschafter-Geschäftsführer geht, muss der steuerliche Berater einen Spagat schlagen. Einerseits darf er rechtlich nur im beschränkten Umfang beraten, andererseits hat er in vielen Fällen eine Hinweispflicht. Selbstverständlich betrifft das die Beurteilung der steuerlichen Angemessenheit von Bezügen im Allgemeinen und Tantiemeregelungen im Speziellen. Zwei weitere Punkte sollten aber ebenfalls das Augenmerk des steuerlichen Beraters genießen: die sozialversicherungsrechtliche Einordnung eines (Minderheits-)Gesellschafters und die Aktualität von Abfindungsklauseln.

Das BSG hat mit drei Entscheidungen vom 11.11.2015 (B 12 KR 13/14 R, B 12 R 2/14 R, B 12 KR 10/14 R; vgl. dazu Bosse, NWB 5/2016, S. 352) klargestellt, dass Stimmbindungsvereinbarungen, die nicht in der Satzung verankert sind, bei der Beurteilung der Sozialversicherungsfreiheit keine Rolle spielen. Bereits vorher ist die so genannte „Kopf-und Seele-Rechtsprechung“ gekippt worden.

Im Klartext: Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer können eigentlich nur noch dann der Sozialversicherungspflicht entgehen, wenn sie über eine in der Satzung verankerte Stimmbindung gemeinsam mit einem oder mehreren Gesellschaftern ihren Willen durchsetzen können (siehe auch Wälzholz, NWB 45/2015, S. 3341). Brisant können Fälle sein, in denen im Zuge einer Unternehmensnachfolge GmbH-Anteile von mehr als 50 Prozent auf den Junior übergegangen sind, bislang der Vater aber dennoch das Sagen in der GmbH hatte. Auch hier könnte eine Sozialversicherungsprüfung möglicherweise sogar rückwirkend bis zum Zeitpunkt der Anteilsübertragung Sozialversicherungsbeiträge für den Vater nachfordern.

Hinsichtlich der Abfindungsklauseln ist in der Praxis immer wieder festzustellen, dass diese nicht in die Neuzeit transferiert worden sind. Viele Klauseln sehen vor, dass sich Abfindungen für ausscheidende Gesellschafter „nach den steuerlichen Werten“ richten. Früher war das der Wert, der sich nach dem Stuttgarter Verfahren ermittelt hat. Dieses wiederum kam regelmäßig zu Werten, die (erheblich) unter den Verkehrswerten lagen, so dass die Klauseln oftmals einen gewissen „Strafcharakter“ in sich bargen. Scheidet ein Gesellschafter jedoch heute aus, ist das steuerliche Verfahren das Ertragswertverfahren. Und dieses kann zu exorbitant überhöhten Werten führen – Streit ist damit vorprogrammiert. Es kann zumindest im Einzelfall sinnvoll sein, die Mandanten zu bitten, ihre Gesellschaftsverträge zu aktualisieren. Das könnte zum Beispiel auch im Hinblick auf erbrechtliche Regelungen wichtig sein.

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