Keine Versagung von Umsatzsteuervorteilen aus formalen Gründen?

Fehlerhafte Umsatzsteuer-Identifikationsnummern haben schon so manchem Unternehmer den letzten Nerv geraubt. Kaum besser schaut es mitunter aus, wenn im nationalen Fall die einfache Steuernummer falsch ist. Auf Vorlagefrage des Finanzgerichts München beschäftigt sich der EuGH nun damit, wie strikt man die Formalien einhalten muss. Generalanwalt Øe sieht es entspannt.

Vorgelegt hatte das Finanzgericht den Fall eines innergemeinschaftlichen Verbringens. Das ist besonders interessant, weil keine andere Konstellation derart deutlich macht, wie wenig materielle Bedeutung die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer haben kann. Im Streitfall hatte ein deutscher Unternehmer einen PKW nach Spanien verbracht, um ihn dort zu veräußern. Zwischen allen Parteien ist völlig unstreitig, dass der Steuerpflichtige Unternehmer ist, den Wagen tatsächlich nach Spanien verbracht und dort veräußert hat. Es fehlte lediglich eine spanische USt-ID des deutschen Unternehmers.

Die wichtigsten Aussagen aus den Schlussanträgen:

  • Tz. 73-74 – Der USt-ID kommt für das Verbringen keine materiell-rechtliche Wirkung zu.
  • Tz. 87 – Das Mehrwertsteuersystem ist geprägt vom Grundsatz der Ablehnung von Formalismus.
  • Tz. 111-116 – Auch wenn der Steuerpflichtige nicht alle zumutbaren Maßnahmen unternommen hat, die Einhaltung der Formalien sicherzustellen, ist eine Versagung der materiell-rechtlichen Steuerfolgen ungerechtfertigt.
  • Tz. 137-140 – Eine Ahndung von Verstößen gegen Formalien ist nur im Rahmen von verwaltungsrechtlichen Sanktionen (z.B. Bußgeld) möglich. Die Entscheidung über deren Verhältnismäßigkeit obliegt den nationalen Gerichten.

Spiegeln sich diese Ausführungen im anstehenden EuGH-Urteil wieder, verliert die Finanzverwaltung schlagartig Oberwasser in langwierigen Diskussionen über Exportbefreiungen und letztlich auch Vorsteuerabzug bei Formfehlern. Eine ganz große Grundsatzentscheidung wird der Ausgangsfall nicht bringen, weil die Konstellation des innergemeinschaftlichen Verbringens doch zu speziell ist. Aber die Formulierungen des Gerichtshofs könnten wegweisend werden.

Man stelle sich etwa vor, ein Anwalt rechnet über die Prozessvertretung  ab. Auf der Rechnung fehlt die Steuernummer. Aus der Leistung folgt schon, dass der Anwalt als Unternehmer gehandelt hat. Einer Steuernummer zum Nachweis dessen bedarf es im Grunde nicht mehr. Dann kann aber auch der Vorsteuerabzug nicht versagt werden. In Betracht kommt allenfalls ein Bußgeld für die unter Umständen schlampige Rechnungsprüfung beim Empfänger. Wer braucht da eigentlich noch eine rückwirkende Rechnungsberichtigung?

Weitere Infos:

  • Schlussanträge, Rs. C-24/15 (‘Plöckl‘)

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