Leere Plätze im Aufsichtsrat – die Frauenquote aus Sicht einer Frau

Antwort auf „Immer Ärger mit den Frauen…“

Lieber Herr Mujkanovic, machen Sie sich keine Sorgen wegen des Titels Ihres Artikels. Die Frauenquote ist auch für die ein oder andere Frau ein Ärgernis. Wollen wir denn eine Situation wie in Norwegen? Ich denke nicht. Wenigstens wurde eine Mindestquote von 30 % für Frauen und Männer festgelegt. So sparen wir uns in einigen Jahren die Einführung einer Männerquote. Was aber vergessen wurde: Gibt es denn die Anzahl an Frauen mit der entsprechenden Qualifikation, die benötigt werden? Aber nun der Reihe nach.

Schauen wir zuerst nach Norwegen. Die skandinavischen Länder sind uns in einigen Dingen voraus. Es kann also nicht schaden, uns die Vorgehensweise der Norweger zur Frauenquote anzuschauen. In Norwegen wurde schon im Jahr 2006 eine Frauen- und Männerquote in Höhe von 40 Prozent für Aktiengesellschaften eingeführt. Diese gesetzlich vorgegebene Frauenquote wurde bereits 2009 erreicht. Dies liegt nur leider nicht hauptsächlich an einer gestiegenen Anzahl an Frauen in den Verwaltungsräten der Aktiengesellschaften.

Da die Quote nur für Aktiengesellschaften in Norwegen verpflichtend ist, haben auffallend viele Unternehmen nach Inkrafttreten des Gesetzes ihre Rechtsform geändert. So konnte die gesetzlich vorgeschriebene Quote umgangen werden. Die Anzahl der registrierten Aktiengesellschaften ist von 505 im Jahr 2005 auf 362 im Jahr 2009 gesunken. Als weiteres Gestaltungsinstrument wurde die Anzahl der Mitglieder in den Verwaltungsräten gesenkt. Dadurch kam es zu einer Verringerung der absoluten Anzahl an Frauen in den Verwaltungsräten (2008: 1.061 Frauen; 2009: 915 Frauen). Ein weiterer Effekt kann in Norwegen beobachtet werden: Es sind wenige Frauen an der Spitze. Die Anzahl der Mandate einer einzelnen Frau sind seit der Gesetzesnovelle gestiegen. Dies ist sicherlich nicht beabsichtigt gewesen. Es sind also nur wenige Frauen tatsächlich an der Spitze angelangt, wenn die absoluten Zahlen betrachtet werden.

Ganz ehrlich: Wollen wir das in Deutschland auch? Meines Erachtens nicht. Ziel ist es doch sicherlich, dass absolut und relativ die Anzahl der Frauen in Aufsichtsräten steigt. Doch was etwas zu wenig bedacht wurde: Gibt es denn diese Frauen in der absoluten Anzahl in unserem Land, die die notwendige Qualifikation haben? Auch wenn mittlerweile die Anzahl an Studentinnen und Doktorandinnen steigt und teilweise höher ist als diese an Studenten sowie Doktoranden: Eines kann ein Gesetz niemals lösen. Das sich die Frauen die Tätigkeit auch zutrauen. Wir Frauen können noch so qualifiziert sein und als Quotenfrau in einen Aufsichtsrat kommen. Aber wir müssen es uns auch zutrauen und nicht nur als „fleißiges Bienchen“ im Hintergrund wirken wollen.

Fazit: Bevor also weiter über die Frauenquote diskutiert wird, sollten die Frauen nicht nur fachlich für eine derartige Tätigkeit qualifiziert werden. Auch ein Coaching wäre möglicherweise hilfreicher als eine gesetzliche Quote. Denn wir Frauen müssen uns die Tätigkeit auch zutrauen.

Quelle der angegebenen Zahlen: Schewe (2015), Unternehmensverfassung, 3. Auflage, Seite 277ff.

Lesen Sie hierzu auch:
Mujkanovic: Immer Ärger mit den Frauen, sorry mit der Frauenquote ;-)

Ein Kommentar zu “Leere Plätze im Aufsichtsrat – die Frauenquote aus Sicht einer Frau

  1. Liebe Frau Rinker,
    danke für die direkte Ansprache. Ihren Beitrag habe ich mit Interesse gelesen. Ergänzend dazu sei noch darauf hingewiesen, dass man es sich nicht nur zutrauen sollte, sondern auch die Bereitschaft zur Übernahme von Verantwortung und Belastung vorhanden sein muss – man muss sich manchmal auch quälen wollen. Leider zeigt die Erfahrung hier, dass immer einmal wieder für den Führungsnachwuchs geeignete Frauen das nicht wollen. Vielleicht nimmt aber auch der Anteil der Männer mit einer solchen Einstellung zu. Das wäre aber Gleichstellung in die falsche Richtung.

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