Nachlassverbindlichkeit erhöht sich – Festsetzungsverjährung Erbschaftsteuerbescheid

Das hört sich nach dem verfahrensrechtlichen Supergau an. Die Nachlassverbindlichkeit (§ 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG) in Form der ESt des Erblassers hat sich wesentlich erhöht, weil das FA nach einer Außenprüfung begünstigte Tatbestände nicht anerkennt (hier Widerruf des „steuerfreien“ Sanierungsgewinns). Die Festsetzungsverjährung ist für den Erbschaftsteuerbescheid unstreitig eingetreten. Wie kommt nun eine sachgerechte Besteuerung zustande? Das FA jedenfalls will den Erbschaftsteuerbescheid nicht zugunsten der Erben ändern (und freut sich über die erheblichen Mehrsteuern).
Über diesen Sachverhalt hatte das Schleswig Holsteinische FG zu entscheiden (3 K 112/13). Das sonst eher fiskalisch orientierte FG hat im 3. Senat den Weg zur Steuergerechtigkeit gefunden. § 173 Abs.1 Nr. 2 AO findet keine Anwendung, denn die Vorschrift ist nur innerhalb der Festsetzungsverjährung zu berücksichtigen. Aber diese ist für den Erbschaftsteuerbescheid unstreitig eingetreten. Auch § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO findet keine Anwendung, denn es liegt kein rückwirkendes Ereignis vor, denn die ESt Schuld entsteht mit Ablauf des Veranlagungszeitraumes (BFH III R 35/03).

Das FG holt zu Recht aus dem Zauberkasten des Steuerrechtes das BewG, das für die Festsetzung der Erbschaftsteuer hinsichtlich der Bewertung zu beachten ist (§ 12 BewG). Nach § 6 Abs. 1 BewG werden Lasten, deren Entstehung vom Eintritt einer aufschiebenden Bedingung abhängen, nicht berücksichtigt. Tritt aber die Bedingung ein, hier die erhöhte ESt-Schuld, so ist der (bestandskräftige) Steuerbescheid zu berichtigen (§ 6 Abs. 2 i. V. mit § 5 Abs. 2 BewG).

Voraussetzung ist, dass die in § 5 Abs. 2 Satz 2 BewG enthaltene Ausschlussfrist beachtet wird! Der Antrag (auf die richtige Bewertung) ist bis zum Ablauf des Jahres zu stellen, das auf den Eintritt der Bedingung folgt.

Was auf den ersten (oberflächlichen) Blick so erfolglos  aussieht, muss nach weiterem Forschen nicht der Fall sein. Das zeichnet ja gerade das (Un)Wesen Steuerrecht aus. Allerdings hat der BFH noch das letzte Wort zu richten, denn das unterlegene FA hat Revision eingelegt (II R 36/16).

Hoffen wir, dass diese Lösung Bestand hat.

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