Neue europäische Erbrechtsverordnung – Testamentsgestaltung

Ab dem 17.08.2015 gilt die neue EU-ErbR-VO. Diese regelt

– Zuständigkeit
– anwendbares Recht
– Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen
– Annahme und Vollstreckung öffentlicher Urkunden in Erbsachen
– europäisches Nachlasszeugnis.

Die VO gilt für alle ab dem 17.08.2015 eintretenden Erbfälle. Bestehende Staatsverträge, wie z.B. der Deutsch-Türkische Konsularvertrag vom 28.05.1929, der Deutsch-Sowjetische Konsularvertrag vom 25.04.1958 bleiben in Kraft, Art. 75 Abs. 1 EU-ErbR-VO. Von den EU-Staaten haben Großbritannien, Irland und Dänemark die Verordnung nicht übernommen.

Wählbares Recht

Das Recht des Staates ist wählbar, indem die wählende Person im Zeitpunkt der Rechtswahl oder im Zeitpunkt ihres Todes angehört wird. Es muss sich dabei nicht um das Recht eines Mitgliedstaates handeln, sondern es kann auch das Recht eines Drittstaates sein.

Eine Teil-Rechtswahl ist unzulässig. Es besteht also ab dem 17.08.2015 keine Möglichkeit mehr, die Rechtswahl z.B. auf unbewegliches Vermögen, insb. Immobilien, zu beschränken.

Die Rechtswahl betrifft das Erbrecht insgesamt. Nach dem gewählten Recht bestimmen sich

– die erbberechtigten Personen
– die Erbquoten
– die Enterbung
– Vermächtnisse
– Annahme und Ausschlagung der Erbschaft
– Pflichtteils- oder Notrechte.

Interessant ist, dass die Pflichtteilsrechte in den einzelnen europäischen Staaten differieren. Durch eine entsprechende Rechtswahl lassen sich daher Pflichtteilsrechte ungeliebter Verwandter ausschließen. Ob dies ein Verstoß gegen den ordre-public Art. 35 ErbR-VO, darstellt, ist umstritten.

Erfasste Regelungsmöglichkeiten

Die EU-ErbR-VO nennt als Verfügung von Todes wegen

– das Testament
– das gemeinschaftliche Testament
– den Erbvertrag, Art. 3 Abs. 1 b EU-ErbR-VO

Zeitraum

Bereits vor dem 17.08.2015 kann eine Rechtswahl getroffen werden. Stirbt der Erblasser zuvor, entfaltet diese Rechtswahl keine Wirkung; verstirbt er später, gilt sie automatisch.

Abgrenzungen

Problematisch ist das Verhältnis zwischen EU-ErbR-VO und Gesellschaftsrecht. Für die Pflichtteilsberechnung gilt das Erbrecht, Art. 23 Abs. 2 h EU-ErbR-VO. Gesellschaftsrechtliche Nachfolgeklauseln werden dagegen nicht von der EU-ErbR-VO erfasst, Art. 1 Abs. 2 g EU-ErbR-VO. Hingegen bestimmen sich Pflichtteilsansprüche im Zusammenhang mit Nachfolgeklauseln wieder nach dem Erbstatut, Art. 23 Abs. 2 h EU-ErbR-VO.

Problematisch ist auch die Abgrenzung zum Sachenrecht. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die Frage, ob bei einem Grundstückvermächtnis ein automatischer dinglicher Übergang erfolgt oder ob es einer sachenrechtlichen Vollzugshandlung, wie der Erklärung der Auflassung mit Eintragung im Grundbuch erforderlich ist.

Nach Art. 1 Abs. 2 Nr. 1 EU-ErbR-VO ist die Eintragung von Rechten an beweglichen oder unbeweglichen Vermögensgegenständen in einem Register ausgenommen. Nach Art. 23 Abs. e EU-ErbR-VO regelt aber den Übergang der zum Nachlass gehörenden Vermögenswerten auf die Erben und Vermächtnisnehmer gem. Erbstatut. Wie die beiden Vorschriften zu einander stehen, ist umstritten.

Ermittlung des geltenden Erbrechts.

Bis zum 17.08.2015 bestimmt sich das Erbrecht nach dem Recht des Staates, dem der Erblasser zum Zeitpunkt seines Todes angehört, Art. 25 Abs. 1 EGBGB. Bis dahin kann der Erblasser für im Inland gelegenes unbewegliches Vermögen das deutsche Recht wählen. Ab dem 17.08.2015 ist nur eine einheitliche Rechtswahl für sein gesamtes Vermögen möglich.

Ab diesem Zeitpunkt bestimmt sich das Erbrecht nach dem Recht des Staates, in dem der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte, Art. 21 Abs. 1 EU-ErbR-VO. Es kommt dabei nicht darauf an, wo er verstorben ist. Auch die Staatsangehörigkeit spielt keine Rolle mehr. Ebenso ist es irrelevant, wo der Nachlass des Verstorbenen belegen ist.

Zu beachten ist, dass der gewöhnliche Aufenthalt nicht identisch ist mit dem Wohnsitz. Für den gewöhnlichen Aufenthalt kommt es nicht auf die Geschäftsfähigkeit an. Dies ist bei Fragen der Altersdemenz von Bedeutung.

Formulierung der Rechtswahl

Zur Wahl des deutschen Erbrechts dient folgende Formulierung:

„Für den Fall, dass ich ab dem 17.08.2015 versterbe, wähle ich für meine Rechtsnachfolge von Todes wegen das deutsche Recht.“

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