Serie „Bilanzkosmetik“: Mehr Schein als Sein? Teil II

Teil II: Es geht ans Eingemachte oder Bilanzkosmetik à l‘Arcandor

Eigentlich wollte ich im zweiten Teil über Pensionsverpflichtungen schreiben. Doch heute ist mir irgendwie eher nach Sale-and-lease-back. Die Pensionsverpflichtungen können auch noch einen Monat warten. Denn dann naht das Ende des Kalenderjahres. Und damit auch bei vielen Unternehmen das Ende des Geschäftsjahres. Thema Jahresabschlussvorbereitungen. Dort spielen auch Pensionsverpflichtungen in Form von Rückstellungen eine wichtige Rolle.

Also, heute wie gesagt Sale-and-lease back. Wenn ein Unternehmen in eine finanzielle Krise kommt, ist oft auch die Liquidität gefährdet. Es ist also nicht sicher, ob das Unternehmen seine offenen Rechnungen und die Gehälter an die Mitarbeiter weiterhin fristgerecht bezahlen kann. Meistens geht dies einher mit Verlusten und einer geringen Eigenkapitalquote. Also, es sieht alles andere als rosig aus.

Sie erinnern sich sicherlich an Arcandor, der Nachfolgegesellschaft des Karstadt-Quelle-Konzerns. Als das Unternehmen in einer Krise steckte, hat der damalige Chef Thomas Middelhoff Immobilien des Konzerns verkauft. Der Gedanke ist folgender: Der Verkauf der Immobilie spült frisches Geld ins Unternehmen, die Liquidität steigt. Bei steigenden Immobilienpreisen wird in der Regel durch den Verkauf ein Gewinn erzielt. Dadurch erhöht sich auch die Eigenkapitalquote. Die Bilanz sieht „besser“ aus, die Liquidität ist gesichert. Super, oder?

Nun ja. Kurzfristig möglicherweise. Was allerdings bedacht werden sollte: Sofern das Unternehmen (so war es auch bei Arcandor) die verkaufte Immobilie benötigt, muss diese zurück gemietet werden. Durch den Verkauf oberhalb des Buchwertes wird der Gewinn positiv beeinflusst. Allerdings ist das nur die halbe Wahrheit. Denn auf lange Sicht muss das Unternehmen Pacht für die gemietete Immobilie bezahlen. Dies belastet den Gewinn und die Liquidität in Zukunft regelmäßig.
Kurzfristig kam Arcandor mit dem Verkauf über die Runden. Wie aber bekannt ist, eben nur kurzfristig. Im Jahr 2009 meldete das Unternehmen Insolvenz an. Denn durch das Sale-and-lease-back wurden langfristige Mietverträge geschlossen. Das Problem war, dass dadurch einzelne Geschäfte nicht so schnell geschlossen werden konnten, auch wenn sie Verluste erzielten. Arcandor war also unflexibel und musste hohe Verluste in Kauf nehmen. Die Geschichte ging natürlich noch viel weiter (s.u. „weitere Infos“).

Was lernen wir daraus? Die finanzielle Schieflage lässt sich mit dem Verkauf des „Eingemachten“ nur kurzfristig beenden. Langfristig allerdings löst der Verkauf das Problem nicht. Denn wenn die Substanz des Unternehmens nach und nach verkauft wird, ist irgendwann nichts mehr da. Anderes Beispiel Air Berlin: 2013 wurden die Triebwerke verkauft und zurückgemietet. Aktuell gehört der Fluggesellschaft kein einziges Flugzeug mehr!

Anders ist die Betrachtung, wenn das Unternehmen nicht mehr benötigte Maschinen oder Immobilien verkauft. Dies bezeichnet man also sog. totes Kapital. Durch den Verkauf dieses toten Kapitals kann Liquidität freigesetzt werden. Der erzielte Verkaufserlös kann dann im Unternehmen rentabler eingesetzt werden, um beispielsweise in Forschung und Entwicklung zu investieren.

Im nächsten Teil erfahren Sie mehr über Pensionsverpflichtungen. Versprochen.

Weitere Infos:

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