Sind Bilanzskandale vom Aussterben bedroht?

Wie Big Data die Wirtschaftsprüfung verändert

Big Data kommt so langsam auch in der Wirtschaftsprüfung an. Das wird ja auch Zeit. Allerdings liegt das nicht nur an den Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, sondern auch den Mandanten, die mitziehen müssen.

Für Wirtschaftsprüfer eröffnen die Big Data neue Möglichkeiten. Bisher wurde stichprobenartig geprüft, mit Big Data kann nun eine Vollprüfung erfolgen. Durch die Automatisierung eines Teils der Prüfung kann sich der Wirtschaftsprüfer auf die Prüfung komplexer Bilanzierungssachverhalte konzentrieren. Er kann sich mehr mit Schätzungen des Managements intensiver auseinandersetzen. Ob das dem zu prüfenden Unternehmen immer so passt? Vielleicht nicht. Ist aber künftig so.

Mit Big Data können Bilanzskandale schon früher aufgedeckt werden. So sind die Aussagen einiger Studien zu diesem Thema. Big Data als Hilfe bei Verhinderung von Bilanzskandalen? Tja, die neuen Möglichkeiten treffen nicht mehr nur promovierte Politiker, die in ihrer Doktorarbeit vor langer Zeit plagiiert haben. Nun geht es auch den Bilanzfälschern an den Kragen. Der Schaden ist auch ein bisschen höher als bei ein paar nicht korrekt zitierten Textteilen. Ein Unternehmen schadet mit der Fälschung seiner Bilanzen nicht nur den Aktionären, sondern möglicherweise auch den Mitarbeitern und weiteren Interessensgruppen.

Big Data – ein Allheilmittel gegen Bilanzfälschung? Nun ja, vielleicht sorgt es auch dafür, dass der Anreiz zur Fälschung sinkt. Denn das Risiko der Aufdeckung steigt durch eine Vollprüfung auf Plausibilität der Daten enorm an. Allerdings ist auch Vorsicht geboten: Möglicherweise zeigt eine Big-Data-Analyse Zusammenhänge auf, die rein zufällig sind. Oder wer würde behaupten, dass die Storchenpopulation sich positiv auf die Geburtenrate auswirkt? Also: Big Data ist ein Hilfsmittel, aber kein Allheilmittel. Die Analysen unterstützen den Wirtschaftsprüfer, setzen jedoch auch weitere Kompetenzen voraus. Statistik- und IT-Kenntnisse werden zunehmend notwendig sein.

Nicht nur Big Data, sondern die digitale Vernetzung allgemein sind zunehmend wichtige Themen in allen möglichen Bereichen der Wirtschaft. Daher widmet die Schmalenbach-Gesellschaft für Betriebswirtschaft ihren diesjährigen Betriebswirtschafter-Tag dem Thema „Digitalisierung, Vernetzung und disruptive Geschäftsmodelle – Betriebswirtschaftliche Implikationen des wirtschaftlichen Wandels“ (28. Und 29. September 2016 in Düsseldorf).

Fazit: Big Data unterstützt den Wirtschaftsprüfer, erfordert aber weitere Kompetenzen von ihm.

Quelle: Thorsten Sellhorn, FAZ vom 12. September 2016, Seite 16

2 Gedanken zu “Sind Bilanzskandale vom Aussterben bedroht?

  1. Big Data wird fast überall meines Erachtens völlig überschätzt – es ist ein Schlagwort, das sich wichtig anhört. Auswertungen sind nur so gut wie die Daten, auf denen sie beruhen, oder: Garbage In, Garbage Out. Die Daten werden fast immer an irgendeiner Stelle von Menschen erfasst und sind damit fehleranfällig. Die oft vorkommende Verwechslung von Korrelation und Kausalität haben Sie schon angesprochen.

    Die Abschlussprüfung bedienst sich bereits seit vielen Jahren „Big Data“: in Form des Journal Entry Testing. Leider sind mir keine Studien zu diesem Thema bekannt; interessant wäre aber zu erfahren, wie häufig durch das JET tatsächlich „Misrepresentations“ (beabsichtigt oder unbeabsichtigt) aufgedeckt wurden. Meine Vermutung: So gut wie nie.

  2. Sehe ich anders. Es gibt inzwischen genug Initiativen die sich um Data Governance, Data Quality und mehr kümmern. Nicht umsonst sind auch zwei der Big Data Merkmale „Veracity“ und „Value“. Daher – und der Fakt, dass es immer noch Thema ist – ist Big Data mehr als nur ein Modewort.

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