Learnings aus der HV-Saison 2021 – Bei Fortbildungen des Aufsichtsrates gibt es immer noch viel Luft nach oben

Die Arbeit als Aufsichtsrat ist anspruchsvoll. Dauernde Gesetzesänderungen, zunehmende Herausforderungen für Unternehmen durch die digitale Transformation und den Klimawandel sorgen für einen deutlich höheren Zeitaufwand für die Gremienarbeit als dies noch vor einem Jahrzehnt der Fall war. Durch die Pandemie sind die Herausforderungen weiter angestiegen.

Mit den erhöhten Anforderungen an die Aufsichtsräte stellt sich auch zunehmend die Frage, wie diese sich weiterbilden. Der Deutsche Corporate Governance Kodex empfiehlt, über die Fortbildungen des Aufsichtsrates zu berichten. Wie ich jedoch bei der Analyse der Berichte des Aufsichtsrates der DAX-Konzerne festgestellt habe, ist die Berichterstattung noch sehr dürftig. Dies hat sich auch bei den Hauptversammlungen bestätigt, an denen ich in der diesjährigen Saison teilgenommen habe. Vor fast drei Jahren habe ich über dieses Thema berichtet (Weiterbildung Aufsichtsräte – noch viel Luft nach oben) – hat sich was geändert?

Status quo

Wenige Unternehmen berichten konkret über Weiterbildungsmaßnahmen ihres Kontrollgremiums. Die Themen der Weiterbildungen werden nur in den seltensten Fällen im Bericht des Aufsichtsrates genannt. Doch gerade dies liefert den Stakeholdern eine Information darüber, mit welchen Themen sich das Kontrollgremium beschäftigt hat. Eines ist sicher: Weiterbildungen allein reichen nicht. Auch dürfen Aufsichtsräte weder Konflikte scheuen noch einfach die Entscheidungsvorschläge des Vorstandes abnicken. Sie müssen also nicht nur Fachwissen mitbringen und sich regelmäßig weiterbilden, sondern auch ihrer Aufgabe als Kontrollorgan nachkommen.

Doch zurück zu den Weiterbildungen: Um konkrete Informationen über die Weiterbildungen der Mitglieder des Aufsichtsrates zu erhalten, hatte ich einige Fragen auf den Hauptversammlungen gestellt. Was wollte ich wissen? Die Themen der Schulungen, wer die Kosten getragen hat und ob die Schulungen vom Unternehmen organisiert wurden. Die Antworten? In den meisten Fällen ausreichend. Doch Pandemie-bedingt sind einige Schulungen ausgefallen. Sicherlich lässt sich nicht alles von einer Präsenz-Schulung zu einer Online-Schulung ändern, doch gerade in einer Zeit wie der Pandemie zeigt sich doch, wie wichtig Fortbildungen für Aufsichtsräte sind.

Allwissende Aufsichtsräte?

Eine Antwort, die ich auf einer Hauptversammlung erhielt, hatte mich jedoch erschreckt: Schulungen waren keine erforderlich. Interessant an der Geschichte ist, dass sich dieses Unternehmen sich seit vielen Jahren in einer wirtschaftlich angespannten Lage befindet. Es stellt sich die Frage nach der Zukunftsfähigkeit des Geschäftsmodells – und die Aufsichtsräte wissen schon alles? Kaum vorstellbar. Das mag sicherlich nicht der Regelfall sein, doch wie heißt es doch so schön: „Man lernt nie aus.“

Gerade beim Thema Digitalkompetenz wird den Aufsichtsräten immer wieder Nachholbedarf nachgesagt. Wie soll auch ein Aufsichtsrat ein Unternehmen hinsichtlich der Zukunftsfähigkeit des Geschäftsmodells beraten, das selbst Online-Schulungen strikt ablehnt? Aufsichtsräte sollten doch grundsätzlich eher offen sein gegenüber Neuem. Schließlich muss ein Unternehmen auch immer wieder neue Wege beschreiten und braucht vor allem dann den Rat und die kritische Stimme des Aufsichtsrates.

 

 

Lehren aus Wirecard – Warum der Aufsichtsrat ein eigenes Budget braucht

Bei dem am 20. Mai 2021 im Deutschen Bundestag beschlossenen Gesetz zur Stärkung der Finanzmarktintegrität gibt es einige Änderungen, die den Aufsichtsrat betreffen. Die verpflichtende Einrichtung eines Prüfungsausschusses für Unternehmen von öffentlichem Interesse steht nunmehr im Gesetz. Ebenso müssen künftig mindestens jeweils eine Person über Expertise in der Rechnungslegung und der Abschlussprüfung verfügen. Diese Änderungen sind begrüßenswert.

Doch leider konnte sich der Antrag der FPD, der dem Aufsichtsrat ein eigenes Budget ermöglicht hätte, abgelehnt worden. Mit diesem Budget wäre der Aufsichtsrat in der Lage, selbst eine Sonderuntersuchung zu beauftragen und damit unabhängig vom Vorstand gewesen.

Ein Blick in die Historie von Wirecard

Warum ist dieser Aspekt so wichtig? Schauen wir dazu in die Historie von Wirecard: Weiterlesen

Schwacher Aufsichtsrat – Ist der TÜV für die Effizienzprüfung eine Lösung?

Wie insbesondere der Wirecard-Skandal gezeigt hat: Ein kritischer Aufsichtsrat kann in einem Unternehmen einiges bewegen. Dies erfordert jedoch, dass kritische Fragen und Kommentare erwünscht sind. Zudem sollte der Aufsichtsrat das Geschäftsmodell des Unternehmens verstehen und die Zukunft des Unternehmens diskutieren. Der Zeugenbefragung des ehemaligen Aufsichtsratsvorsitzenden Eichelmann war zu entnehmen, dass er dafür sorgen wollte.

Problem der Effizienzprüfung

Die Frage nach der Effizienzprüfung und dem Ergebnis ist auch eine meiner Lieblingsfragen auf den Hauptversammlungen, sei es als Sprecherin der SdK, für meine Kunden oder in der Rolle als Aktionärin. Immer wieder kommt die Antwort: Die Effizienzprüfung hat der Aufsichtsrat selbst durchgeführt. Diese Antwort ist für mich nicht zufriedenstellend, denn gerade bei einem eher schwachen Aufsichtsrat ist vermutlich keine hinreichende Selbstkritik vorhanden, um die Effizienz des Gremiums zu steigern. Weiterlesen

Lehren aus Wirecard (Teil 2) – Stärkung des Aufsichtsrates

Bei Bilanzskandalen gerät auch immer wieder der Aufsichtsrat in die Kritik: Ist er seinen Pflichten als Beratungs- und Kontrollorgan nachgekommen? Ein Blick in die Struktur des Aufsichtsrates bei Wirecard zeigt: Offenbar war zu viel Kritik seitens des Aufsichtsrates eher nicht gewünscht.

Eines kann an Wirecard jedoch kaum vorwerfen: Bei der Zusammensetzung des Aufsichtsrates ist die Diversität gegeben. Zumindest hinsichtlich einer Frauenquote, unterschiedlicher Nationalitäten und der Altersstruktur im Gremium.

Ein paar Fakten…
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Hauptberuf Aufsichtsrat? Es werden mehr Berufsaufsichtsräte erwartet

Die Tätigkeit als Aufsichtsrat wurde in der Vergangenheit durch erfahrene Führungskräfte meist „nebenher“ gemacht. Die Anforderungen haben sich doch in den letzten Jahren deutlich erhöht. Nicht nur durch steigende Beschleunigungen im Zuge der Digitalisierung, sondern auch durch eine ständige neue Flut von Gesetzen und Vorschriften wird der zeitliche Aufwand für die Übernahme eines Mandates in den nächsten Jahren weiter zunehmen.

Nicht nur die Anzahl der Sitzungen, u.a. auch von einzelnen Ausschüssen, hat sich teilweise erhöht. Auch die Vor- und Nachbereitung der Sitzungen nimmt für Aufsichtsräte immer mehr Zeit ein. Der Aufsichtsrat ist kein Gremium mehr, dass Entscheidungen „nur“ zustimmt. Die Kontrolle und das kritische Nachfragen bei einzelnen Sachverhalten während der Sitzung sind heutzutage gang und gäbe. Weiterlesen

Fußball-Bundesliga: Trotz Männerfußball sollte mehr Diversität im Aufsichtsrat bestehen

Was hat die Bundesliga mit Aufsichtsräten zu tun? Die Antwort könnte lauten, dass es sich um Profi-Fußball handelt. Und genau das  Wort „Profi“ bzw. Professionalisierung macht den entscheidenden Unterschied aus, denn bei Aufsichtsräten besteht nach meinen Beobachtungen hier noch viel Luft nach oben.

Um in die Profi-Liga zu gelangen ist zunächst Kompetenz gefragt. Demzufolge sind kompetente Aufsichtsräte das entscheidende Elixier.

Aus Sicht der German Board News ist genau diese Eigenschaft bei Aufsichtsräten wichtiger als neue Investoren. Auch wenn man dieser Aussage auf den ersten Blick nicht unbedingt eindeutig zustimmen mag: Damit ein Fußballunternehmen überhaupt neue Investoren gewinnen kann, bedarf es einer Professionalisierung der Unternehmensführung. Dies ist nur möglich, wenn das Kontrollgremium die dafür erforderlichen Kompetenzen aufweist. Weiterlesen

Update Bilanzskandale: Schwarzer Peter bei Steinhoff gesucht – viele Prüfer verderben die Prüfung

Mittlerweile wurden die ehemaligen Vorstände von Steinhoff im südafrikanischen Parlament zur Anhörung vorgeladen. Einsicht oder Reue? Fehlanzeige. Die beiden Vorstände Markus Jooste und Ben La Grange sehen sich nicht als die Schwarzen Peter. Nach Ansicht von Markus Jooste sind die Wirtschaftsprüfer, frühere Geschäftspartner sowie die Kollegen Schuld. Vielleicht auch noch die Aktionäre und die Aufsichtsräte?

Komplexes Firmenkonstrukt und interne Kontrollen

Hatten die beiden Vorstände am Ende über das komplexe Firmenkonstrukt selbst keinen Überblick mehr? Im Zuge der heutigen Compliance und dem ganzen Getue müsste doch ein Vorstand spätestens bei Aufkommen von Gerüchten über Unregelmäßigkeiten bei den Zahlen Interesse einer vorerst internen Klärung haben. Weiterlesen

Aufsichtsrat vs. Verwaltungsrat – Ist das Schweizer Modell krisenresistenter?

Krise ist derzeit kein Begriff, der sich oft in der Presse findet. Zumindest nicht in Bezug auf das Thema Wirtschaftskrise. Unternehmenskrisen wie beispielsweise bei Steinhoff durch die aufgedeckten Bilanzmanipulationen hingegen schon. Da lohnt sich der Blick über den Tellerrand zu unseren Nachbarn – den Schweizern.

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Corporate Governance: Hat das dualistische System mit Vorstand und Aufsichtsrat ausgedient?

Wahlmöglichkeiten zwischen monistischem und dualistischem System gewünscht

Bei beratungsresistenten Vorständen haben die Aufsichtsräte einer deutschen Aktiengesellschaft ein Problem: Sie können ihn nicht überstimmen. Keine Weisungsbefugnis. Was also tun? Entweder abwarten. So lange, bis der Vorstand wieder bestellt werden muss. Und dies dann eben nicht wieder tun. Alternative? Denn Vorstand dazu hinzubewegen, vorzeitig zu gehen. Lösung dauert zu lange? Dann Pech. Negativ? Möglich. Vor allem für das Unternehmen.

Hätte so die eine oder andere Negativschlagzeile großer Unternehmen vermieden werden können? ThyssenKrupp, Deutsche Bank…Gute Frage. Nächste Frage. Doch nun der Reihe nach. Weiterlesen

Aufsichtsrat aktuell: Achtung bei eiligen Entscheidungen zustimmungspflichtiger Geschäfte

So erleben es – vielleicht auch nicht unbedingt selten – Fach- und Führungskräften in Unternehmen: E-Mail des Aufsichtsratsvorsitzenden mit Hinweis auf eilige Entscheidung. Stichwort: Zustimmungspflichtiges Geschäft. Mail zur Kenntnis genommen. Liegt gerade vieles auf dem Schreibtisch. Kurze Mail mit Fragen zum Sachverhalt verschickt. Wenige Minuten später: Anruf des Aufsichtsratsvorsitzenden. Die Entscheidung eilt. Die erforderlichen Informationen liegen noch nicht vor. Anruf eines Aufsichtsratskollegen. Vorerst einige Informationen erhalten. Mündlich. Erst mal Luft holen.

Als Aufsichtsrätin kann es immer mal wieder vorkommen, dass es eilige – teilweise sehr eilige – Entscheidungen zu treffen gibt. Dank der modernen Kommunikationsmittel können Informationen schnell an alle Aufsichtsräte geschickt werden. Doch in einigen Fällen liegen notwendige Informationen wie beispielsweise ein benötigter Jahresabschluss nicht vor. Die gedruckte Fassung schon. Aber eben nicht digital. Weiterlesen