Die Bilanz-Nichtigkeitsklage des Insolvenzverwalters – Türöffner zu den Dividenden der Aktionäre?

Nicht nur in einem der größten Wirtschaftsdelikte der deutschen Nachkriegsgeschichte, namentlich im Fall Wirecard, ging es um Überbewertungen oder falsche Bewertung von Bilanzposten in der Bilanz/Konzernbilanz.

Nichtigkeitsklage durch den Insolvenzverwalter

Kommt es aufgrund dieser unzutreffenden Bilanzierung zu einer Insolvenz der Gesellschaft, dauert es regelmäßig nicht lange, bis eine entsprechende Bilanz-Nichtigkeitsklage des Insolvenzverwalters, unter anderem wegen Überbewertungen eines Bilanzpostens oder falschen Ausweises von Forderungen der Aktiva im Jahresabschluss, gerichtlich beim erstinstanzlichen Landgericht lanciert werden.

Der Insolvenzverwalter ist aber befugt, eine Nichtigkeitsklage nach § 256 Abs. 7, S. 1, § 249 Abs. 1, S. 1 AktG zu erheben, soweit die Fehlerhaftigkeit des Jahresabschlusses die Insolvenzmasse betrifft. Dies ist dann anzunehmen, wenn der Insolvenzverwalter die Ersetzung des angegriffenen Jahresabschlusses durch ein für die Masse günstigeren Jahresabschluss anstrebt.

Der Beschluss über die Verwendung des Bilanzgewinns ist außer in den Fällen des § 173 Abs. 3 AktG, des § 217 Abs. 2 AktG und des § 241 AktG nur dann nichtig, wenn die Feststellung des Jahresabschlusses, auf dem er beruht, nichtig ist. Die Nichtigkeit des Beschlusses aus diesem Grunde kann aber nicht mehr geltend gemacht werden, wenn die Nichtigkeit der Feststellung des Jahresabschlusses nicht mehr geltend gemacht werden kann.

Hinweisbeschluss des BGH

Der BGH hat dazu beispielsweise in einem Hinweisbeschluss vom 11. Mai 2021, AZ: II ZR 56/20, geurteilt, dass wenn die Anschaffungskosten über dem Zeitwert des Vermögens-Gegenstandes liegen und es dadurch zu einer Überbewertung bei der Zugangsbewertung kommt, im Rahmen des folgenden Jahresabschlusses zu prüfen ist, ob eine Abwertung nach § 253 Abs. 3 bis Abs. 5 HGB zu erfolgen hat. Weiterlesen

Mehr Zeit für Offenlegung des Jahresabschlusses 2019

Die Erstellung eines Jahresabschlusses gehört zu den grundlegenden Pflichten von Kaufleuten und Handelsgesellschaften. Durch ihn wird die Vermögens-, Finanz und Ertragslage eines Unternehmens dokumentiert und dem (externen) Adressaten ermöglicht, sich ein Bild über die Lage des Unternehmens zu verschaffen. Bestimmte Unternehmen sind neben der Aufstellung des Jahresabschlusses auch zu dessen Veröffentlichung im Bundesanzeiger oder zur Hinterlegung verpflichtet (§ 325 HGB).

Das Bundesamt für Justiz nimmt dabei die Aufgabe wahr, Ordnungsgelder gegen jene Unternehmen zu verhängen, die dieser Pflicht zur Offenlegung nicht oder nicht rechtzeitig nachkommen. Laut eigener Aussage des Bundesamts hat sich die Offenlegungskultur in Deutschland dadurch bereits maßgeblich verbessert.

In einer aktuellen Pressemeldung konstatiert das Bundesamt für Justiz nunmehr, dass man in Abstimmung mit dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz gegen solche Unternehmen, deren gesetzliche Frist zur Offenlegung von Rechnungslegungsunterlagen für das Geschäftsjahr mit dem Bilanzstichtag 31.12.2019 am 31.12.2020 endet, vor dem 01.03.2021 kein Ordnungsgeldverfahren nach § 335 HGB einleiten werde. Weiterlesen

Update Bilanzskandale: Warum sich der Fall Wirecard vom Fall Steinhoff unterscheidet

In den letzten Wochen gab es nahezu täglich neue Meldungen beim Bilanzskandal des (Noch)-DAX-Konzerns Wirecard. Doch auch bei Steinhoff gibt es Bewegungen. Der Konzern hatte Bilanzen gefälscht, um Verluste zu vertuschen. Aufgedeckt wurden die Manipulationen vor mehr als zwei Jahren.

Wie heutzutage Bilanzen gefälscht werden

Die neue Welle von Bilanzfälschung zeigt: Heutzutage wird vor allem beim immateriellen Vermögen geschummelt. Und auf internationaler Ebene. Zumindest gibt es in diesen Punkten Ähnlichkeiten zwischen Steinhoff und Wirecard. Auch bei Steinhoff wurde das immaterielle Vermögen aufgebläht, um die Bilanzen zu manipulieren. Dies gelang beispielsweise über erhöhte Kaufpreise für angeblich fremde Firmen. Wertminderungen wurden unterlassen, um den Gewinn nicht zu belasten. Weiterlesen

Serie „Bilanzskandale“: Manipulation der Bilanz

Manipulation der Bilanz. Aber wie? Vermögen wird höher ausgewiesen als es tatsächlich ist. Ausweis von nicht vorhandenem Vermögen. Existierende Verbindlichkeiten werden nicht ausgewiesen. Forderungen werden nicht korrigiert. Notwendige Rückstellungen werden nicht gebildet. Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, die Bilanz zu fälschen. Ziel ist in der Regel, Vermögen höher und Schulden geringer auszuweisen. Die tatsächliche Vermögens-, Finanz- und Ertragslage wird folglich erheblich besser dargestellt als sie tatsächlich ist. Der Unternehmer verstößt in diesem Fall gegen alle Grundsätze des HGBs. Denn dieses schreibt einen vorsichtigen Vermögensausweis vor. Bei der Manipulation der Bilanz wird das Unternehmen besser dargestellt. Zu hoch ausgewiesenes Vermögen führt zu einem zu hoch ausgewiesenen Gewinn und damit zu einer höheren Steuerbelastung.

Betrachten wir die Manipulationsmöglichkeiten nun im Einzelnen. Bei der Aktivierung von Vermögen wurden bei den bisherigen Fällen von Bilanzfälschungen unter anderem folgende Tricks angewendet: Weiterlesen

Neue AfA-Tabellen braucht das Land

Die Überschrift ist eine Abwandlung des Songs von Ina Deter, die 1982 sang: „Neue Männer braucht das Land.“ Vielleicht können sich manche von Ihnen noch daran erinnern. Im Text heißt es weiter: „Ich sprüh’s auf jede Wand“. Das ist nicht mehr nötig, denn es gibt die Möglichkeit zu bloggen.

Heute geht es um die Modernisierung des Steuerrechts in einem wichtigen und in der Diskussion oft verdrängten Bereich: der Gewinnermittlung.

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Dem Leser zuliebe…

Auch online verfügbare Geschäftsberichte sollten leserfreundlich sein

In den letzten Wochen habe ich mich durch einige Geschäftsberichte börsennotierter Unternehmen gehangelt, um jeweils eine ganz konkrete Information, genauer gesagt die Angaben über die Bestandteile der Forschungs- und Entwicklungskosten im Anhang der Geschäftsberichte. Es ist ja schön und gut für die Umwelt, dass die Berichte zum Großteil (nur noch) online zur Verfügung gestellt werden. Mal abgesehen davon, dass auch das Herunterladen einer pdf-Datei die Umwelt belastet durch meine Serveranfrage.

Bei einer wissenschaftlichen Arbeit wäre der ein oder andere Bericht gnadenlos durchgefallen. 5,0. Weiterlesen

Erstattungsansprüche und die „hinreichende Sicherheit“

Auf Bund-Länder-Ebene wurde Ende letzten Jahres erörtert, zu welchem Bilanzstichtag Steuererstattungsansprüche zu bilanzieren sind, die sich aus einer Änderung der Rechtsauffassung zugunsten des Steuerpflichtigen ergeben (vgl. OFD Niedersachsen 25.11.2015, S 2133-31-222/St 221). Danach gilt: „Steuererstattungsansprüche können frühestens aktiviert werden, wenn sie nach den steuerrechtlichen Vorschriften entstanden und hinreichend sicher sind (Realisationsprinzip). Für zunächst vom FA bestrittene Erstattungsansprüche ist das erst der Fall …… , wenn eine Rechtsfrage höchstrichterlich entschieden ist, das Urteil vorbehaltlos im BStBl Teil II veröffentlicht wurde und der betroffene Steuerbescheid verfahrensrechtlich geändert werden kann.“ Die Verwaltungsauffassung ist sicherlich für sich genommen erst einmal begrüßenswert. Mich persönlich stört allerdings der Unterton. Weiterlesen

Fast close – Welchen Mehrwert liefert der Geschäftsbericht eines DAX-Unternehmens?

Der Aktienkurs zum Jahresende hat in der heutigen Zeit die Daten der Rechnungslegung bereits eingepreist. „Fast close“ wird dies in der Fachsprache genannt. Welchen Mehrwert liefert dann der Geschäftsbericht eines DAX-Unternehmens, der einige Zeit nach dem Bilanzstichtag veröffentlicht wird?

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Window dressing vs. „Cook the book“: Wo ist die Grenze zwischen Bilanzkosmetik und Bilanzfälschung?

Wenn man den Begriff „Bilanzfälschung“ als Google Alert abonniert hat, kommen in den letzten Monaten vermehrt Nachrichten in den Posteingang. Das Thema ist also auch weiterhin aktuell obwohl die großen Skandale bereits mehr als ein Jahrzehnt zurückliegen. Weiterlesen

Stirbt die Bilanz aus?

Die Bilanz verliert zunehmend an Bedeutung. Zu Zeiten, als Unternehmen ihr Vermögen in Maschinen investiert hatten, war dies noch anders. Damals konnte man aus der Bilanz herauslesen, welches Vermögen ein Unternehmen hatte.

Heutzutage hat das immaterielle Vermögen für viele Unternehmen eine zunehmende Bedeutung. Dieses Vermögen findet sich oft jedoch nicht in der Bilanz wieder: Entweder gibt es explizite Aktivierungsverbote im HGB oder das bestehende Aktivierungswahlrecht für Entwicklungskosten selbst erstellter immaterieller Vermögenswerte wird nicht in Anspruch genommen. Dadurch verliert die Bilanz an Aussagekraft. Weiterlesen