Kindergeldanspruch für Stiefkinder

Stiefeltern können kindergeldberechtigt sein, selbst wenn eine eingetragene Lebenspartnerschaft aufgelöst wird und das Stiefkind – nach vorübergehender Unterbrechung – wieder in den Haushalt des Stiefelternteils einzieht.

Was ist passiert?

Die Klägerin ist leiblicher Mutter von zwei Kindern. Nach der Scheidung von ihrem Mann lernte sie eine andere Frau kennen und lieben, die selbst Mutter zweier Kinder war. Sie entschlossen sich für eine eingetragene Lebenspartnerschaft und lebten mit ihren insgesamt vier Kindern in einem Hausstand.

Doch das Glück hielt nicht. Weiterlesen

Aufreger des Monats Februar: Tue Gutes und zahle noch drauf – BFH vermiest das FSJ

Bei der Erstausbildung eines Kindes wird das Kindergeld – fast – ohne „Wenn und Aber“ geleistet. Bei einer Zweitausbildung wird ein Kind hingegen nur berücksichtigt, wenn es keiner Erwerbstätigkeit nachgeht. Lediglich eine Erwerbstätigkeit mit bis zu 20 Stunden regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit, ein Ausbildungsdienstverhältnis oder ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis sind unschädlich (§ 32 Abs. 4 Satz 2 u. 3 EStG). Immer natürlich vorausgesetzt, das Kind erfüllt die altersmäßigen Voraussetzungen.

Jedenfalls ist es kindergeldrechtlich von Vorteil, wenn eine Ausbildung noch als Erstausbildung gilt. Dabei können im Einzelfall auch ein Aufbaustudium, ein Masterstudium oder eine weiterführende Ausbildung noch der Erstausbildung zuzurechnen sein. Man spricht von einer einheitlichen Erstausbildung oder einer mehraktigen Berufsausbildung.

Wie der Bundesfinanzhof nun entschieden hat, liegt eine einheitliche Erstausbildung aber nur dann vor, wenn die einzelnen Ausbildungsabschnitte in einem engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhang zueinander stehen. Weiterlesen

Wird Kindergeld bei einer langfristigen Erkrankung des Kindes weitergezahlt?

Leider kommt es doch recht häufig vor, dass ein volljähriges Kind seine Ausbildung aufgrund einer langfristigen Erkrankung für mehrere Monate unterbrechen oder sogar ganz aufgeben muss. Für die Eltern stellt sich dann die Frage, ob und wie lange sie dennoch Kindergeld beziehen können und welche Nachweise sie gegebenenfalls gegenüber der Kindergeldkasse zu erbringen haben.

Im Jahre 2021 hat der BFH entschieden, dass bei einer Erkrankung, die länger als sechs Monate dauert, im Einzelfall entschieden werden muss, ob mit einer Fortsetzung der Ausbildung noch zu rechnen ist oder nicht. Ist nicht mit einer Fortsetzung bzw. Wiederaufnahme der Ausbildung nach sechs Monaten zu rechnen, wird das Kindergeld nicht mehr länger gewährt. Eine Kindergeldgewährung wegen einer Berufsausbildung ist selbst dann nicht möglich, wenn das Ausbildungsverhältnis zwar fortbesteht, Ausbildungsmaßnahmen wegen einer langfristigen Erkrankung des Kindes aber unterbleiben (BFH-Urteil vom 31.8.2021, III R 41/19; BFH-Urteil vom 15.12.2021, III R 43/20).

Der BFH zeigt sich also recht hartherzig, gibt aber noch einen Tipp mit auf den Weg:  Weiterlesen

Erwerbsunfähigkeit eines behinderten Kindes: Der Gutachter kann auch Diplom-Psychologe sein

Eltern wird das Kindergeld für ein behindertes Kind ohne Altersbegrenzung gewährt, wenn das Kind wegen seiner Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten. Voraussetzung ist, dass die Behinderung bereits vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetreten ist.

Im Jahre 2020 hatte das FG Rheinland-Pfalz zugunsten des Vaters eines behinderten Kindes entschieden, dass das Gericht die Erwerbsfähigkeit des Kindes anhand der vom Kläger vorgelegten Berichte und Stellungnahmen der behandelnden Ärzte beurteilen kann, wenn diese Gutachten im Gegensatz zu denen der Familienkasse bzw. der Reha/SB-Stelle der Agentur für Arbeit schlüssig bzw. nachvollziehbar sind. Die Familienkasse jedenfalls darf nicht einfach auf das Gutachten der Agentur für Arbeit verweisen – zumindest dann nicht, wenn das Gutachten Lücken aufweist (FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 6.5.2020, 2 K 1851/18).

In einem Verfahren vor dem FG Hamburg ging es nun um die Frage, ob der Nachweis einer seelischen Behinderung und der behinderungsbedingten Unfähigkeit zum Selbstunterhalt auch durch Einholung eines Sachverständigengutachtens eines Diplom-Psychologen und Psychologischen Psychotherapeuten erfolgen kann. Weiterlesen

Kindergeld für Kinder mit Behinderung: Und wieder unterliegt die Familienkasse

Ist ein Kind wegen seiner Behinderung außerstande, sich selbst zu unterhalten, wird den Eltern Kindergeld über das 18. und auch über  25. Lebensjahr des Kindes hinaus gewährt. Voraussetzung ist, dass die Behinderung bereits vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetreten ist. Früher galt eine Altersgrenze von 27 Jahren.

Erst kürzlich habe ich in meinem Blog-Beitrag „Kindergeld für Kinder mit Behinderung: Abermals Schlappe für die Familienkasse“ ein aktuelles BFH-Urteil vorgestellt, in dem aufgezeigt wurde, dass einiges von dem, was die Familienkasse gerne als Bezug anrechnen möchte, anrechnungsfrei bleiben muss.

Nun wird das Thema um eine weitere Facette bereichert: Eine Grundrente, die das Opfer einer Gewalttat bezieht, ist nicht zu den Bezügen eines behinderten Kindes zu rechnen. Die Rente steht daher der Gewährung von Kindergeld nicht entgegen (BFH-Urteil vom 20.4.2023 III R 7/21). Weiterlesen

Kindergeld für Kinder mit Behinderung: Abermals Schlappe für die Familienkasse

Ist ein Kind wegen seiner Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten, wird den Eltern Kindergeld auch über das 25. Lebensjahr des Kindes hinaus gewährt. Voraussetzung ist, dass die Behinderung bereits vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetreten ist. Früher galt eine Altersgrenze von 27 Jahren. Im Jahre 2021 hat der BFH dargelegt, wie die Fähigkeit zum Selbstunterhalt rechnerisch zu ermitteln ist, also welche Einkünfte und Bezüge dem Kind als eigene Mittel für seinen Unterhalt zuzurechnen sind und welche Beträge abgezogen werden dürfen (BFH-Urteil vom 27.10.2021, III R 19/19). Insofern kann auf den Blog-Beitrag „Kindergeld für Kinder mit Behinderung: Wie der BFH den Selbstunterhalt prüft“ verwiesen werden.

Nun war der BFH wieder an der Reihe. Dieses Mal ging es um die Frage, ob die Einzahlung der Eltern in einen privaten Versicherungsvertrag, der dem Kind zugutekommt, für das Kindergeld schädlich ist. Besser gesagt: Es war zu entscheiden, ob die Rente, die das Kind aus dem Vertrag bezieht, in voller Höhe oder nur mit dem Ertragsanteil für die Beurteilung des Kindergeldanspruchs anzusetzen ist. Weiterlesen

Ausbildungen zum Rettungs- und Notfallsanitäter bilden kindergeldrechtlich eine Einheit

Erstausbildung oder Zweitausbildung? Diese Frage beschäftigt Eltern, Familienkassen, Steuerberater und Gerichte seit Jahren. Während für den Abzug von Werbungskosten die Annahme einer Zweitausbildung von Vorteil ist, ist es beim Kindergeld genau andersherum: Hier wird die Annahme einer so genannten einheitlichen Berufsausbildung angestrebt, wenn das Kind nach dem ersten Ausbildungsschritt einen weiteren absolviert.

Der Vorteil einer einheitlichen Berufsausbildung (=Erstausbildung) liegt darin begründet, dass das Kindergeld ohne weitere Voraussetzungen gezahlt. Nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums wird ein Kind dagegen nur berücksichtigt, wenn es keiner Erwerbstätigkeit nachgeht. Lediglich eine Erwerbstätigkeit mit bis zu 20 Stunden regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit, ein Ausbildungsdienstverhältnis oder ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis sind unschädlich.

Nun haben sich die Finanzgerichte und der BFH in den letzten Jahren ziemlich restriktiv gezeigt, wenn es um die Anerkennung einer einheitlichen Berufsausbildung ging. So hat der BFH zum Beispiel entschieden, dass die Weiterbildung zum Facharzt kein Teil einer einheitlichen erstmaligen Berufsausbildung ist. Bei einer im Anschluss an das Medizinstudium absolvierten Facharztweiterbildung handelt es sich lediglich um eine Zweitausbildung. Und dann wiederum wäre es schädlich, wenn das Kind einer Vollzeittätigkeit nachgeht (BFH-Urteil vom 22.9.2022, III R 40/21).

Immerhin lässt nun ein aktuelles Urteil des FG Münster aufhorchen: Weiterlesen

Kindergeld für Kinder bei mehr als einjährigem Auslandsaufenthalt

Kinder, die sich zu Schul-, Studien- oder Ausbildungszwecken für längere Zeit ins Ausland begeben, können kindergeldrechtlich weiterhin berücksichtigt werden. Wenn das Kind aber außerhalb des EU- und EWR-Raums ausgebildet wird, muss als weitere Voraussetzung hinzukommen, dass das Kind seinen inländischen Wohnsitz beibehält. Der BFH hat soeben noch einmal die Grundsätze für die Beibehaltung des inländischen Wohnsitzes bestätigt (BFH-Urteil vom 28.4.2022, III R 12/20). Danach gilt: Weiterlesen

Aufreger des Monats: Teures freiwilliges soziales Jahr

Es ist lobenswert, wenn sich junge Menschen sozial engagieren und zum Beispiel ein freiwilliges soziales Jahr absolvieren. Nun war es im Jahre 2020 pandemiebedingt nicht gerade leicht, ein entsprechendes Projekt zu finden und so mussten Interessierte vielleicht fünf oder sechs Monate warten, bevor sie ihr freiwilliges soziales Jahr antreten konnten. Wenn sie sich in der Übergangszeit zwischen Beendigung der Schulausbildung und dem Beginn des freiwilligen sozialen Jahres nicht sofort ausbildungsplatz- oder arbeitssuchend gemeldet haben, ist es aber teuer geworden: Die Eltern haben dann nämlich ihren Kindergeldanspruch verloren, und zwar nicht nur für den Zeitraum, der über die Vier-Monats-Frist des § 32 Abs. 4 Nr. 2b und d EStG hinausgeht, sondern für den kompletten Übergangsabschnitt.

Das Finanzgericht Münster hält den Entfall des Kindergeldanspruchs für rechtens und hält sich buchstabengetreu an den Gesetzeswortlaut, der nun einmal in § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2b und d EStG einen Übergangszeitraum vom Schulabschluss bis zum Beginn des freiwilligen sozialen Jahres von maximal vier Monaten vorsieht, ohne den Kindergeldanspruch zu verlieren (FG Münster, Urteil vom 14.6.2022, 13 K 745/21 Kg). Weiterlesen

Kindergeld: Sperrfrist für EU-Ausländer ist bald wohl Vergangenheit

Mitte 2019 ist das “Gesetz gegen illegale Beschäftigung und Sozialleistungsmissbrauch” in Kraft getreten. Mit dem genannten Gesetz haben die Familienkassen eigene Prüfungskompetenzen erhalten, um Missbrauch von Kindergeld bzw. dessen Bezug zu verhindern. Neu nach Deutschland zugezogene EU-Bürgerinnen und -Bürger sind im Übrigen in den ersten drei Monaten vom Leistungsbezug ausgeschlossen, sofern sie keine inländischen Einkünfte erzielen (§ 62 Abs. 1a Satz 1 EStG). Das FG Bremen hatte frühzeitig Bedenken gegen den dreimonatigen Kindergeldausschluss angemeldet. Mit Vorlagebeschluss vom 20.8.2020 (2 K 99/20) hatte es ein entsprechendes Verfahren ausgesetzt und den EuGH um Klärung gebeten.

Ganz unabhängig davon hatte das FG Münster entschieden, dass die dreimonatige Sperrfrist für zugezogene EU-Ausländer nach § 62 Abs. 1a EStG nicht gilt, wenn bereits vor Begründung des inländischen Wohnsitzes ein Kindergeldanspruch bestand (Urteil vom 10.12.2020, 8 K 2975/20 Kg).

In der Bremer Sache liegt nun die Entscheidung des EuGH vor:

Wenig überraschend hält er die deutsche Regelung für EU-rechtswidrig. Weiterlesen