Mehr Zeit bei der Steuererklärung für 2020 – Wie alle Steuerzahler profitieren

Der Bundesrat hat am 25. Juni 2021 der Verlängerung der Abgabefrist für die Steuererklärung 2020 um drei Monate zugestimmt. Das ist eine gute Nachricht für alle Steuerzahler.

Hintergrund

In nicht beratenen Fällen muss die Einkommensteuererklärung für 2020 grundsätzlich bis 31.7.2021 beim Finanzamt abgegeben werden (§ 149 Abs.2 S. 1 AO). Geschieht dies nicht, drohen Verspätungszuschläge (§ 152 AO).

Vor dem Hintergrund der Mehrbelastungen der steuerberatenden Berufe in der Corona-Pandemie, insbesondere bei der Beantragung und Bearbeitung der Corona-Wirtschaftshilfen für ihre Mandanten, hat der Gesetzgeber bereits im Februar 2021 durch das Gesetz zur Verlängerung der Insolvenzantragsfrist und Verlängerung der Steuererklärungsfrist in beratenen Fällen und Aufschub der zinsfreien Karenzzeit für den VZ 2019 (BGBl. 2021 I Nr.7) einen Aufschub um sechs Monate gewährt – ich habe berichtet. Auf Anregung des Bundesrates hat der Bundestag am 21.5.2021 eine entsprechende Ergänzung im ATAD-Gesetz für eine Verlängerung der Erklärungsfrist für VZ 2020 vorgenommen (BT-Drs. 19/29644), die im Bundesrat am 25.6.2021 gebilligt wurde (BGBl 2021 I S. 2035).

Für wen gilt die Fristverlängerung? Weiterlesen

Update Finanzamtszinsen – Droht den Steuerbürgern überwiegend eine Rückzahlung?

Die Finanzämter in Deutschland haben in den vergangenen zwei Jahren mehr Erstattungszinsen (§ 233a AO) an Steuerpflichtige gezahlt, als sie an Nachzahlungszinsen (§ 233a AO) eingenommen haben, teilt die Bundesregierung mit.

Droht den Steuerbürgern, die Erstattungszinsen bezogen haben, jetzt eine Rückzahlung?

Warum hält die Bundesregierung eigentlich an der Vollverzinsung fest?

Die Bundesregierung verteidigt mit Zehen und Klauen den derzeitigen Zinssatz von 6 Prozent p.a. (§ 238 AO):

„Die Vollverzinsung bezweckt einen Ausgleich eines angenommenen Liquiditätsvorteils, um Belastungsgleichheit herzustellen. Dies wird durch einen Zinssatz in pauschalierter Höhe, der gleichermaßen für Nachzahlungs- als auch für Erstattungszinsen gilt, erreicht und dient damit der Gleichmäßigkeit der Besteuerung und dem Grundsatz der Steuergerechtigkeit im Rahmen eines praktikablen Massenverfahrens.“

Ist das plausibel? Wo bitte lässt sich derzeit am Finanzmarkt mit einer mündelsicheren Anlage ein Zins von 6 Prozent im Jahr erwirtschaften? Weiterlesen

Update Finanzamtszinsen: Der Bundestag bleibt weiterhin stur!

Am 28.1.2021 hat es der Bundestag mit der Stimmenmehrheit der Regierungskoalition abermals abgelehnt, die Zinsen im Steuerrecht dem gegenwärtigen Niedrigzinsniveau anzupassen.

Hintergrund

Ich habe wiederholt zu diesem Thema im Blog berichtet: Derzeit werden bei der Verzinsung von Steuernachforderungen 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, indem die Steuer entstanden ist, monatlich 0,5 Prozent Zinsen erhoben; im umgekehrten Fall einer Steuererstattung gilt dasselbe. Der unveränderte Zinssatz, die nach § 238 AO derzeit 0,5 Prozent pro Monat (also 6 Prozent im Jahr) betragen, besteht seit in zwischen 50 Jahren, obwohl seit Jahren Zinsen in dieser Höhe nicht erwirtschaftet werden können.

Eskaliert ist der Konflikt, seit der BFH (v. 25.4.2018 – IX B 21/18, BStBl II 2018, 415 und v. 3.9.2018 – VIII B 15/18, BFH/NV 2018, 1279) in einem Sofortverfahren ernsthafte verfassungsrechtliche Bedenken gegen den aktuellen Zinssatz geäußert und deshalb die Aussetzung der Vollziehung eines Steuerbescheides angeordnet hat – ich habe wiederholt berichtet. Das BMF hat daraufhin seit Ende 2018 auf Antrag die Vollziehung von Zinsbescheiden für Verzinsungszeiträume ab dem 1.4.2012 aus (BMF-Schreiben v. 14.12.2018 – IV A 3 – S 0465/18/10005-01), hält aber im Übrigen im Anwendungserlasses zur Abgabenordnung (AEAO v. 31.1.2019 – IV A 3 –S 0062/18/10005) am Zinssatz von 0,5 Prozent pro Monat fest. Das BVerfG wollte schon 2019 entscheiden, ob der gesetzliche Zinssatz des § 238 Abs. 1 AO von 0,5 Prozent für jeden Monat (also 6 Prozent/Jahr) für Verzinsungszeiträume nach dem 31.12.2009 beziehungsweise nach dem 31.12.2011 verfassungswidrig ist (BVerfG 1 BvR 2237/14 und 1 BvR 2422/17), die Entscheidung steht auch.

Bundestag lehnt Gesetzesinitiative abermals ab

Am 28.1.2021 hat der Bundestag in abschließender Lesung die Änderung des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung (BT-Drs.19/25795) in der vom Finanzausschuss geänderten Fassung (BT-Drs. 19/26245) angenommen. Weiterlesen

Nachzahlungszinsen: Stellt sich der Gesetzgeber selbst ein Bein?

Nach wie vor langt der Fiskus bei den Nachzahlungszinsen mit 0,5 Prozent pro Monat gewaltig zu und das böse Wort „Zinswucher“ ist wohl gerechtfertigt. Dennoch ist kein Ende dieses Zinswuchers in Sicht. Und trotz aller Kritik rechtfertigt der Gesetzgeber den Zinssatz nach wie vor – zumindest, wenn es um Nachzahlungszinsen geht.

In Erstattungsfällen scheint er anderer Meinung zu sein und er wird höllisch aufpassen müssen, wie er seine Gesetzesbegründung in Sachen „Verlängerung der Abgabefrist für die Steuererklärung 2019 bis zum 31. August 2021“ begründet. Vorausgesetzt natürlich, die gesetzliche Änderung kommt tatsächlich. Weiterlesen

Neuigkeiten von den Finanzamtszinsen – Keine Änderung im Rahmen des JStG 2020

Wiederholte politische Vorstöße, den derzeit geltenden Finanzamtszins von sechs Prozent/Jahr (§ 233 AO) auf ein marktgerechtes Niveau zu senken, waren erfolglos (z.B. BR-Drucks. 396/18, 397/18 vom 21.9.2018) – ich habe berichtet. Jetzt hat der Bundesrat am 9.10.2020 abermals abgelehnt, den gesetzlichen Zins zu halbieren und auf 3 Prozent/Jahr abzusenken. Weiterlesen

Neuigkeiten des BFH zu den Finanzamtszinsen

In zwei neuen Urteilen hat sich der BFH abermals zu den Finanzamtszinsen (§ 233 ff. AO) zu Wort gemeldet. Ein kurzer Überblick:

Hintergrund

Ich habe in meinen Blogs schon seit geraumer Zeit über die (berechtigte) Kritik an der Höhe der Finanzamtszinsen berichtet. Der Zinssatz von 0,5 Prozent im Monat (6 Prozent im Jahr) nach § 238 AO ist seit 50 Jahren unverändert. Er ist nicht mehr annähernd marktgerecht, weil er sich deutlich über dem tatsächlichem Zinsniveau bewegt. Das beschäftigt zwar seit geraumer Zeit Finanzgerichte und Finanzpolitik – jedoch bislang ohne greifbare Wirkung oder gar Änderung des Gesetzes. Demnächst will das BVerfG über die Höhe der Finanzamtszinsen (§ 238 AO) entscheiden.

BFH zu Hinterziehungszinsen und Erlass von Nachzahlungszinsen

In zwei aktuellen Urteilen hat der BFH wichtige praxisrelevante Fragen zum Zinslauf bei Hinterziehungszinsen sowie zum Erlass von Nachzahlungszinsen Stellung genommen:

Hinterziehungszinsen bei der Schenkungsteuer (BFH v. 28.8.2019 – II R 7/17):
Gemäß § 235 Abs. 1 S. 1 AO sind hinterzogene Steuern zu verzinsen, und zwar unverändert mit 6 Prozent/Jahr (§ 238 AO). § 235 AO soll dem Nutznießer einer Steuerhinterziehung den durch die Tat erlangten Vorteil, dass er die gesetzlich entstandene Steuer erst zu einem späteren Zeitpunkt zahlen muss, wieder entziehen und die Gleichmäßigkeit der Besteuerung sicherstellen – das ist recht und billig. Jetzt hat der BFH klargestellt:

  • Der Lauf der Hinterziehungszinsen beginnt grundsätzlich u.a. mit dem Eintritt der Verkürzung (§ 235 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 AO), also mit der Tatvollendung. Jetzt hat der BFH entschieden: Für den Eintritt der Steuerverkürzung ist bei der Schenkungsteuer als stichtagsbezogener Steuer der Zeitpunkt maßgebend, zu dem das FA bei ordnungsgemäßer Anzeige und Abgabe der Steuererklärung die Steuer festgesetzt hätte.
  • Dabei kann der Zeitpunkt für den Beginn des Zinslaufs unter Berücksichtigung der Anzeigefrist beim FA gemäß § 30 Abs. 1 ErbStG von drei Monaten, eine – nach § 31 Abs. 1 S. 2 und Abs. 7 ErbStG mindestens vom FA zu gewährende – Erklärungsfrist von einem Monat und – zusätzlich – der beim zuständigen FA durchschnittlich erforderlichen Zeit für die Bearbeitung eingegangener Schenkungsteuererklärungen bestimmt werden.

Erlass von Nachzahlungszinsen (BFH v. 3.12.2019 – VIII R 25/17):
Das zweite BFH-Urteil betrifft Billigkeitsmaßnahmen im Zusammenhang mit Zinsen gem. § 233a AO, der selbst keine ausdrückliche Billigkeitsregelung enthält. Dennoch sind die §§ 163, 227 AO allgemein auch auf Nachzahlungszinsen anwendbar, so der BFH. Dabei gilt:

  • Mit Blick auf den Sinn und Zweck der Nachzahlungszinsen (§ 233 a AO) ist für einen Ausgleich in Form einer Verzinsung nach BFH-Sicht dann kein Raum, wenn zweifelsfrei feststeht, dass der Steuerpflichtige keinen (Zins-)Vorteil erlangt hatte. Denn die Verzinsungsregelung in § 233a AO bezweckt einen typisierten Ausgleich für die Liquiditätsverschiebungen, die aus dem individuell sehr unterschiedlichen Verlauf des Besteuerungsverfahrens entstehen können.
  • In einem solchen Fall kommt deshalb – nach Abschluss des Veranlagungsverfahrens – ein Erlass (§ 227 AO) wegen „sachlicher Unbilligkeit“ in Betracht. „Sachliche Unbilligkeit“ ist anzunehmen, wenn ein Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis zwar nach dem gesetzlichen Tatbestand besteht, seine Geltendmachung aber mit dem Zweck des Gesetzes nicht oder nicht mehr zu rechtfertigen ist und dessen Wertungen zuwiderläuft.
  • Gleiches gilt für den Fall, wenn der Steuerpflichtige vor Festsetzung der Steuer im Veranlagungsverfahren freiwillige Leistungen auf die erwartete Steuerschuld erbringt und das FA diese Leistungen angenommen und behalten hat. Da aufgrund des Prinzips der Soll-Verzinsung die freiwilligen Leistungen bei der Zinsberechnung und -festsetzung unberücksichtigt bleiben, ist der Steuerpflichtige in einem solchen Fall auf den Erlass aus sachlichen Billigkeitsgründen verwiesen. Hierbei gilt aber: Allein aufgrund einer verspäteten Steuerfestsetzung durch die Finanzbehörde besteht kein Anspruch des Steuerpflichtigen auf Erlass der entstandenen Nachzahlungszinsen wegen sachlicher Unbilligkeit.
    Eine verzögerte Bearbeitung des Steuerfalles durch das FA ist deshalb für sich genommen nicht geeignet, eine abweichende Zinsfestsetzung aus Billigkeitsgründen zu begründen. Im Streitfall rechtfertigte die Bearbeitungszeit von 13 Monaten für sich betrachtet daher keinen Erlass aus sachlichen Billigkeitsgründen, weil 233a AO typisierend von einer Bearbeitungsdauer von 15 Monaten ausgeht und diese nicht überschritten wurde. Hiergegen ist nichts einzuwenden.
  • Wichtig: Einwendungen des Steuerzahlers gegen die Höhe des Zinssatzes rechtfertigen keinen Erlass der Nachzahlungszinsen aus Billigkeitsgründen! Denn solche Einwendungen sind vorrangig im Rechtsbehelfsverfahren gegen die Zinsfestsetzung im Veranlagungsverfahren und nicht erst im Erlassverfahren geltend zu machen. Wem also die Zinshöhe nicht „schmeckt“, muss sich bereits rühren, wenn der Veranlagungsbescheid noch anfechtbar ist.

Weitere Informationen:

Überhöhte Finanzamtszinsen: Jetzt bei vorläufig festgesetzten Erstattungszinsen auf Nummer sicher gehen!

Neuerdings findet sich in Steuerbescheiden folgender Vorläufigkeitsvermerk zu festgesetzten Zinsen: „Die Festsetzung von Zinsen ist gem. § 165 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 AO in Verbindung mit § 239 Abs. 1 S. 1 AO vorläufig hinsichtlich der Höhe des Zinssatzes von 0,5 Prozent pro Monat.“

Dieser Vorläufigkeitsvermerk kann sich für Steuerzahler nachteilig in Fällen auswirken, bei denen zu seinen Gunsten Erstattungszinsen festgesetzt werden. Um einer eventuellen späteren Rückzahlung an das Finanzamt vorzubeugen, empfiehlt sich in solchen Fällen die Einlegung eines Einspruchs mit dem Ziel endgültiger Zinsfestsetzung. Weiterlesen

Wie hoch dürfen Zinsen auf Steuernachforderungen sein?

Es ist nun etwa ein Jahr her, als der Bundesfinanzhof (BFH) schwerwiegende verfassungsrechtliche Zweifel an der Höhe der Nachzahlungszinsen geäußert hat. Der Zinssatz von sechs Prozent pro Jahr für Steuernachzahlung bestehe seit mehr als 50 Jahren unverändert. Er soll nun gesenkt werden. Nun hat die Fraktion der FDP einen Antrag gestellt, diesen auf mind. 0,1 Prozent pro Monat bzw. 1,2 Prozent pro Jahr zu senken. Weiterlesen

AdV für Nachzahlungszinsen ab 2012

In die Frage der Verfassungsmäßigkeit der (zu) hohen Nachzahlungszinsen kommt nun weitere Bewegung. Nachdem der IX. Senat des BFH bereits verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Höhe des Zinssatzes für ab (April) 2015 festgesetzte Nachzahlungszinsen geäußert hat (BFH 25.4.2018, IX B 21/18), hat nun auch der VIII. Senat Zweifel geäußert. Er geht aber – zeitlich – sogar noch weiter:

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Ungefragt auf Vermeidung von Nachzahlungszinsen hinweisen

Ein Steuerberater muss einen Mandanten ungefragt darauf hinweisen, dass die Änderung von Feststellungsbescheiden eine verzinsliche Einkommensteuernachzahlung zur Folge haben und diese eventuelle Zinslast durch Vorauszahlungen an das Finanzamt verhindert werden kann (siehe hierzu NWB 51/2017 S. 3922 (NWB DokID: BAAAG-67396). Diese Entscheidung des OLG Oldenburg vom 2.11.2017 (14 U 21/17) kann ich durchaus nachvollziehen, auch wenn ich sie nicht 100-prozentig teile. Auch kann ich die Ausführungen des OLG zu der Frage des eingetretenen Schadens durchaus nachvollziehen, denn vereinfacht gesagt geht das OLG davon aus, dass ein Zinssatz von 0,5 Prozent pro Monat angesichts des Zinsumfelds einen nahezu „echten und vollständigen“ Schaden darstellt.

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