Kein Vorsteuerabzug für Zuschuss an Kantinenbetreiber, oder?

Viele Arbeitgeber legen Wert darauf, dass ihre Mitarbeiter in einer Betriebskantine vergünstigt essen können. Dazu leisten sie einen Zuschuss zu den Mahlzeiten oder gleichen eine eventuelle Unterdeckung des Kantinenbetreibers aus, wenn dieser ein fremder Dritter ist. Grundsätzlich scheidet ein Vorsteuerabzug aus einem Arbeitgeberzuschuss für die Kantinenbewirtschaftung an einen selbstständigen Betreiber einer Betriebskantine aus, da die Abgabe von verbilligten Mahlzeiten in erster Linie den Interessen der Arbeitnehmer dient. Das heißt, aufgrund der – von Beginn an geplanten – unentgeltlichen Wertabgabe ist der Vorsteuerabzug ausgeschlossen.

Etwas „Bewegung“ in die Frage des Vorsteuerabzuges kam allerdings auf, nachdem das FG Baden-Württemberg den Vorsteuerabzug für den Zuschuss in einem bestimmten Fall zugelassen hat, weil ein vorrangiges unternehmerisches Interesse gegeben war. Weiterlesen

Zum Widerruf der Gestattung der Ist-Besteuerung

Falls ein Leistungsempfänger bereits zur Vornahme des Vorsteuerabzugs berechtigt ist, obwohl beim leistenden Unternehmer aufgrund der Gestattung der Ist-Besteuerung noch keine Umsatzsteuer entstanden ist, beruht dies umsatzsteuerrechtlich nicht auf einer missbräuchlichen Gestaltung durch die am Leistungsaustausch beteiligten Steuerpflichtigen, sondern auf einer unzutreffenden Umsetzung oder Anwendung des Art. 167 MwStSystRL durch den Mitgliedstaat Deutschland (BFH-Urteil vom 12.07.2023, XI R 5/21).

Hintergrund:

Der Vorsteueranspruch eines Leistungsempfängers nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG entsteht bereits mit der Ausführung der Leistung und nicht erst mit der Entrichtung des Entgelts. Unerheblich ist, ob der Leistende Soll- oder Ist-Versteuerer ist. Dies ermöglicht eine Vorfinanzierung zu Lasten des Fiskus, wenn der Leistende ein Ist-Versteuerer ist. Das heißt, der Leistungsempfänger zieht die Vorsteuer ab, obwohl er die Leistung – zum Beispiel aufgrund einer Stundung – noch nicht bezahlt hat, während der Leistungsempfänger die entsprechende Steuer noch nicht schuldet. Dieses Ergebnis ist vom nationalen Gesetzgeber im Prinzip gewollt, da er die Regelung über § 20 UStG „ohne Not“ geschaffen hat, denn EU-rechtlich hätte er auch eine zeitliche Korrespondenz von Umsatzsteuer-Entstehung und Vorsteuerabzug regeln können.

Ein Finanzamt witterte in der offenbar bewussten Ausnutzung des Zeitgefälles einen Gestaltungsmissbrauch und wollte dem Leistenden die Gestattung der Ist-Besteuerung versagen bzw. die Genehmigung widerrufen. Allerdings scheiterte es mit seinem Ansinnen beim BFH. Weiterlesen

Was eine Gemeindestraße und eine PV-Anlage gemeinsam haben

Stellen Sie sich vor, Sie möchten einen neuen Betrieb eröffnen, doch bislang fehlt eine Zufahrtstraße zum Betriebsgrundstück. Sie errichten diese Zufahrtstraße in Abstimmung mit der Gemeinde auf eigene Kosten, allerdings liegt die neue Straße auf öffentlichem Gelände und kann bzw. darf daher von jedermann genutzt werden. Eigentlich gehen Sie davon aus, dass Sie die Vorsteuer aus den Aufwendungen für die Errichtung/Erschließung der Straße abziehen dürfen, denn es kann kein vernünftiger Zweifel bestehen, dass die Kosten unternehmerisch veranlasst sind. Ohne die Straße könnten erst gar keine Umsätze erzielt werden. So weit, so klar, oder?

Leider war die Sache lange Jahre ganz und gar nicht klar. Erst der EuGH hat dem Spuk (der Finanzverwaltung) ein Ende bereitet und den Vorsteuerabzug ermöglicht (EuGH-Urteil vom 16.9.2020, Rs. C-528/19). Weiterlesen

Wenn der Mercedes Benz AMG einen hohen Gewinn verspricht…

Es gibt Menschen, die haben ein Gespür für mögliche Wertsteigerungen bei Kfz. So kauft manch Liebhaber ein Kfz aus einer Sonderedition an, lässt das Fahrzeug vor Staub geschützt einige Jahre  stehen und verkauft es dann mit einem satten Gewinn. Zugegeben: Der ein oder andere Käufer greift fürchterlich daneben, wenn der Kfz-Hersteller wider Erwarten die Stückzahl der Sonderedition drastisch erhöht und sich statt eines Wertzuwachses ein Verlust einstellt. Aber ein Risiko gehört halt zum Geschäftsleben dazu.

In zwei Verfahren vor dem BFH ging es nun um die Frage, ob den Käufern, die nur gelegentlich entsprechende Fahrzeuge an- und verkaufen, der Vorsteuerabzug zusteht (BFH-Urteil vom 8.9.2022, V R 26/21 und V R 27/21).

Exemplarisch soll hier kurz der Sachverhalt des Urteils V R 26/21 vorgestellt werden:

Im Streitjahr 2015 erwarb die Klägerin zwei Luxusfahrzeuge zu Kaufpreisen von rund 320.000 Euro (zzgl. USt) bzw. 126.000 Euro (zzgl. USt). Es handelte sich jeweils um Mercedes Benz AMG; zumindest eines der beiden Fahrzeuge stammte aus einer limitierten Sonderedition. In der Bilanz der Klägerin wurden die Fahrzeuge im Umlaufvermögen behandelt. Beide Fahrzeuge wurden verschlossen, abgedeckt und nicht zugelassen in einer Halle abgestellt. Die Klägerin war nicht im Autohandel tätig. Die Klägerin machte Vorsteuerbeträge geltend, die fast ausschließlich auf die Anschaffung der Fahrzeuge entfielen. Das Finanzamt lehnte den Vorsteuerabzug ab, obwohl eines der beiden Fahrzeuge im Jahre 2016 mit einem beträchtlichen Gewinn verkauft wurde und der für die Klägerin handelnde Gesellschafter-Geschäftsführer dargelegt hat, dass er für sich selbst vor und nach dem Streitjahr Fahrzeuge erworben und wieder veräußert hatte.

Während die Vorinstanz der Klage stattgab, sieht der BFH in dem Ankauf mit der – geplanten – Weiterveräußerung der Kfz kein unternehmerisches Handeln und lässt den Vorsteuerabzug nicht zu. Allein der mögliche Verkauf eines Gegenstands sei nicht ausreichend, um eine insoweit eigenständige wirtschaftliche Tätigkeit zu bejahen. Der bloße Erwerb eines Gegenstands in der Hoffnung, Gewinne infolge eines durch Zeitablauf gesteigerten Wertes des Gegenstands zu erzielen, genüge für sich nicht. Erforderlich sei vielmehr, dass Umstände vorliegen, die zeigen, dass sich der Steuerpflichtige wie ein Unternehmer verhält.

Denkanstoß:

Ich gebe zu, dass ich sowohl die Entscheidungen der Vorinstanz (FG Baden-Württemberg) als auch des BFH nachvollziehen kann. Die Richter des FG Baden-Württemberg hatten darauf abgestellt, dass es in dem engen Marktumfeld für limitierte Luxusfahrzeuge für eine unternehmerische Tätigkeit nicht erforderlich sei, wie ein Gebrauchtwagenhändler ein Geschäftslokal zu unterhalten und regelmäßig Anzeigen zu schalten. Das heißt: Es gibt halt zuweilen besondere Geschäftsmodelle, die auch besonders zu betrachten sind – ein häufiger Warenumschlag kann keine Voraussetzung für ein Unternehmertum sein. Andererseits kann man dem BFH beipflichten, weil sich die Klägerin eher wie ein Sammler und nicht wie ein Händler verhalten hat. Und Sammler sind ohne weitere Aktivitäten, die auf einer Händlertypus hinweisen, keine Unternehmer.


Pkw-Vermietung unter Ehegatten – Renaissance eines Steuermodells?

Vor nunmehr über 25 Jahren war das Steuermodell „Pkw-Vermietung unter Ehegatten“ recht populär. Wenn ich mich recht erinnere, lag es daran, dass der BFH in einem Urteil das Modell grundsätzlich für zulässig befunden hatte, auch wenn es im speziellen Urteilsfall nicht anerkannt wurde (BFH-Urteil vom 13.12.95, X R 261/93, BStBl II 96, 180). Ich selbst habe den Eindruck, dass es in den vergangenen Jahren rund das Steuermodel etwas stiller wurde. Zumindest habe ich es in der Praxis kaum noch gesehen. Vielleicht lag es daran, dass die Umsetzung des Modells in der Praxis doch etwas Aufwand verursacht und man keine Lust auf Diskussionen in der Betriebsprüfung hat. Jedenfalls kann das Modell nach einem aktuellen Urteil des BFH einen zweiten Frühling erleben, denn dieser hat wie folgt entschieden: Weiterlesen

Aktuelles EuGH-Urteil zum Vorsteuerabzug einer Holding

Unternehmen mit steuerfreien „Grundstücksumsätzen“ steht bekanntermaßen kein Vorsteuerabzug zu. Seit Jahr und Tag versuchen Steuerpflichtige daher, diesem misslichen Umstand durch mehr oder weniger geeignete Gestaltungen entgegenzutreten. Sprich: Sie möchten den Vorsteuerabzug gerne auf Umwegen erreichen.

Hoffnung versprach hier insoweit folgender Gedanke: Eine Holding erbringt umsatzsteuerpflichtige Verwaltungsdienstleistungen an ihre „Tochter-Grundstücksgesellschaften“ und ist somit grundsätzlich zum Vorsteuerabzug berechtigt. Wenn erst einmal eine generelle Vorsteuerabzugsberechtigung eröffnet ist, könnten in einem zweiten Schritt bestimmte Eingangsleistungen, die normalerweise die Tochtergesellschaften selbst bezogen hätten, zunächst von der Holding in Auftrag gegeben und dann den Tochtergesellschaften als Gesellschafterbeitrag unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden.

Doch der EuGH hat hier soeben einen Strich durch die Rechnung gemacht. In einem Fall wie dem obigen verneint er den Vorsteuerabzug (EuGH-Urteil vom 8.9.2022, Rs. C‑98/21). Weiterlesen

Umsatzsteuerfalle Vercharterung von Segel- oder Motorbooten

Zugegeben: Wohl nicht jeder Steuerberater betreut Mandanten, die Segel- oder Motoryachten verchartern. Dennoch lohnt es sich, einen Blick auf ein Urteil des FG Mecklenburg-Vorpommern vom 22.9.2021 (3 K 227/19 rkr.) zu werfen, das rechtskräftig geworden ist.

Die Entscheidung zeigt nämlich deutlich das manchmal fatale Zusammenwirken von Einkommen- und Umsatzsteuerrecht auf. Selbst wenn Leistungen mit einer gewissen Nachhaltigkeit und nahezu im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs ausgeübt werden, kann es nämlich geschehen, dass zum einer der Betriebsausgabenabzug und der Vorsteuerabzug verloren sind, zum anderen aber die erbrachten Leistungen dennoch der Umsatzsteuer unterliegen. Weiterlesen

Zuordnung zum Unternehmensvermögen – BFH urteilt zugunsten der Steuerpflichtigen

Bei teilweise privat und teilweise unternehmerisch genutzten Wirtschaftsgütern – wie Gebäuden im Allgemeinen und Photovoltaikanlagen im Besonderen – ist eine Zuordnung zum Unternehmensvermögen erforderlich, wenn der Vorsteuerabzug begehrt wird. Die Zuordnung zum Unternehmensvermögen kann ganz oder teilweise erfolgen. Die Zuordnungsentscheidung muss grundsätzlich bei Bezug der Leistung getroffen werden. Die Zuordnung zum Unternehmen wird regelmäßig durch die Geltendmachung des Vorsteuerabzugs im Rahmen der Umsatzsteuer-Voranmeldung dokumentiert.

Die Zuordnungsentscheidung muss aber spätestens und mit endgültiger Wirkung nach außen hin bis zu dem Zeitpunkt erfolgen bzw. dokumentiert werden, für den nach den gesetzlichen Vorschriften die Abgabe der Steuererklärung für das Jahr des Leistungsbezuges vorzunehmen ist. Das heißt: Eine “zeitnahe” Zuordnungsentscheidung liegt vor, wenn sie bis zur gesetzlichen Abgabefrist der Umsatzsteuererklärung vorliegt – so lauten seit Jahren die Grundsätze für den Vorsteuerabzug bei gemischt genutzten Wirtschaftsgütern bzw. Gegenständen.

Diese Grundsätze haben auch weiterhin Gültigkeit, doch aktuell hat der BFH – im Nachgang zu einer EuGH-Entscheidung – präzisiert, wann eine Zuordnungsentscheidung als „nach außen hin dokumentiert“ gilt. Und hier hat er seinen Spielraum, den ihm der EuGH gegeben hat, durchaus zugunsten der Steuerpflichtigen genutzt. Weiterlesen

Trikots für Minikicker, Bambinis und Jugendteams: Sponsoring oder Spende?

Erfreulicherweise gibt es viele sportinteressierte Gewerbetreibende und auch Freiberufler, die die Sportteams ihrer Region mit Trikots ausstatten und die Sportbekleidung mit dem Logo des Unternehmens versehen. Während wohl bei der Zurverfügungstellung an Seniorenmannschaften üblicherweise ein Sponsoring zu erkennen und folglich der Vorsteuerabzug aus dem Kauf der Trikots möglich ist, sieht die Sache bei der Überlassung an Jugendmannschaften anders aus. Die Finanzämter argumentieren dann gerne, es sein kein Werbeeffekt erzielt worden, weil Mannschaften im Jugendbereich kaum Publikum anziehen würden. Nun, ich kann das so nicht bestätigen, denn Spiele von Minikickern, Bambinis und Jugendteams ziehen zuweilen mehr Zuschauer an als die der Seniorenteams, da Mama, Papa, Oma, Opa, Onkel und Tante zuschauen. Aber offenbar hat der eine oder andere Finanzbeamte da andere Erfahrungen gemacht.

Unterstützung für die Sponsoren bringt indes ein aktuelles Urteil des Niedersächsischen FG: Weiterlesen

Chapeau zum BMF-Schreiben zur Rückwirkung der Rechnungsberichtigung!

Mit Datum vom 18. September 2020 hat das Bundesministerium der Finanzen ein Schreiben zur Rückwirkung der Rechnungsberichtigung auf den Zeitpunkt der ursprünglichen Ausstellung und Vorsteuerabzug ohne Besitz einer ordnungsmäßigen Rechnung veröffentlicht (vgl. BMF-Schreiben v. 18. September 2020 – III C 2 – S 7286-a/19/10001 :001). Das Thema war in den letzten Jahren immer wieder Gegenstand von gerichtlichen Auseinandersetzungen.

Aus diesem Grund verwundert es wenig, dass das BMF-Schreiben die maßgeblichen EuGH- und BFH-Urteile der letzten Jahre, die in diesem Regelungskontext ergangen sind, in den Fokus nimmt. Dabei sticht das Schreiben allerdings durch seine besondere Qualität bei der Abarbeitung der Urteile hervor. Weiterlesen