Ein Bilanz-Krimi: Übergang des wirtschaftlichen Eigentums

Im Rahmen der Bilanzierung sind Wirtschaftsgüter grundsätzlich dem Eigentümer zuzurechnen. Es kann jedoch Situationen geben, wo ein anderer, als der Eigentümer die tatsächliche Herrschaft über ein Wirtschaftsgut ausübt. Kann dieser den Eigentümer im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut wirtschaftlich ausschließen, so sprechen wir hier vom wirtschaftlichen Eigentum (§ 39 AO).

Die enormen Auswirkungen durfte ein Filmproduzent jetzt in einem ganz eigenen „Bilanzierungskrimi“ erfahren. Er übertrug das Verwertungsrecht an einem Film für 42 Jahre an eine Vertriebsgesellschaft. Diese sollte den Film vermarkten. Hierfür erhielt der Produzent eine jährliche Lizenzzahlung plus eine zusätzliche Gewinnbeteiligung. Für den Fall, dass der Vertrag nicht verlängert wird, enthielt dieser u.a. eine Kaufoption zugunsten der Verwertungsgesellschaft.

Ein Betriebsprüfer vertrat die Auffassung, hier sei das wirtschaftliche Eigentum (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO) an die Vertriebsgesellschaft übergegangen. Weiterlesen

Umbruch bei der Zuordnung des wirtschaftlichen Eigentums durch den BFH?

Im Blog hatte ich mich schon verschiedentlich mit dem Dauerbrenner „wirtschaftliches Eigentum“ befasst. Nicht nur, aber gerade die Cum-Ex-Problematik hat die Bedeutung des Themas gezeigt und war aktuell wieder Anlass für ein BFH-Urteil (I R 22/20 v. 2.2.2022).

Die Entscheidung wirft die Frage auf, ob und welche Auswirkungen das im Leitsatz verwendete Argument eines „modellhaft aufgelegten Gesamtvertragskonzepts“ für die Zuordnung des wirtschaftlichen Eigentums haben kann. Weiterlesen

Wirtschaftliches Eigentum und Cum/Cum-Transaktionen

Kürzlich habe ich mich in einem Blog mit der Zuordnung des wirtschaftlichen Eigentums bei Wertpapierleihgeschäften befasst. Hierzu hat das BMF ein Schreiben verfasst. Inhaltlich eng damit verbunden wurde zeitgleich ein BMF-Schreiben zu sog. Cum/Cum-Transaktionen veröffentlicht. Derartige Konstrukte zielen auf die Vermeidung einer Definitivbelastung mit Kapitalertragsteuer (KapSt) vor allem bei Steuerausländern. Diese ergibt sich vielfach aus der Zuordnung eines begrenzten Quellensteuerrechts für Deutschland in Höhe von 15 % in Doppelbesteuerungsabkommen (DBA).

Zur Erreichung dieses Zieles kommen teils auch Wertpapierleihgeschäfte zum Einsatz. Darüber hinaus werden auch andere Konstruktionen eingesetzt, wie Kassageschäfte, Vereinbarung gegenläufiger Geschäfte oder Repo-Geschäfte. Unabhängig von der Art des Geschäftes ist regelmäßig die zentrale Frage, welchem Geschäftspartner das wirtschaftliche Eigentum an den Wertpapieren und damit die Anrechnungsberechtigung für die KapSt zuzurechnen ist. Weiterlesen

Wirtschaftliches Eigentum bei Wertpapierleihgeschäften

Die persönliche Zuordnung von Vermögensgegenständen bzw. Wirtschaftsgütern nach dem wirtschaftlichen Eigentum ist sowohl in der Handelsbilanz als auch in der Steuerbilanz ein Dauerbrenner. Während handelsbilanziell keine Legaldefinition für den Begriff existiert, gilt für das Steuerrecht: „Übt ein anderer als der Eigentümer die tatsächliche Herrschaft über ein Wirtschaftsgut in der Weise aus, dass er den Eigentümer im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut wirtschaftlich ausschließen kann, so ist ihm das Wirtschaftsgut zuzurechnen.“ (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO).

Handelsrechtlich hat sich das IDW im bis heute nicht verabschiedeten ERS HFA 13 intensiv mit Gestaltungsmodellen u.a. zu Sale-buy-back-Geschäften  auseinandergesetzt. Steuerlich ist das wirtschaftliche Eigentum ein steter Quell von Rechtsstreitigkeiten. Nun hat das BMF zwei Schreiben vorgelegt, in denen es sich mit Wertpapierdarlehen und den sog. Cum/Cum-Transaktionen auseinandersetzt.

Bei sog. strukturierten Wertpapierleihgeschäften werden Aktien an einen Entleiher verliehen, bei dem die Dividendenerträge nach § 8b Abs. 1 KStG von der Steuer befreit sein sollen. Beim Entleiher soll künstlich ein Betriebsausgabenüberhang u.a. durch Dividendenkompensationszahlung und Wertpapierleihgebühr geschaffen werden.

Wie sind Wertpapierleihgeschäfte abzubilden? Weiterlesen

Sale-lease-back und Andienungsrechte – Wirtschaftliches Eigentum als Dauerbaustelle des BFH

Eine Dauerbaustelle der Bilanzierung in sämtlichen Rechtskreisen ist das Leasing. International hat man sich mit dem Konzept der Bilanzierung des right of use, d.h. der Bilanzierung des schwebenden Geschäfts „Nutzungsrecht“, zumindest auf der Seite des Leasingnehmers von der traditionellen Alles-oder-nichts-Entscheidung bei der persönlichen Zuordnung des Leasingobjekts gelöst. In der handelsrechtlichen Bilanzierung gilt grundsätzlich die allgemeine Regel, nach der ein Leasingobjekt dem wirtschaftlichen Eigentümer zuzuordnen ist (§ 246 Abs. 1 Satz 2 HGB). Für das Leasing stellen die Handelsbilanzierer dabei jedoch meist keine eigenen Überlegungen an, sondern folgen der steuerlichen Auffassung zur Zuordnung des wirtschaftlichen Eigentums. Nun hat sich wieder einmal der BFH mit einer Konstruktion befasst und ist mit seinem Urteil v. 13.10.2016 dabei der bisherigen Leitlinie gefolgt. Weiterlesen