Von Sprinterprämien und aufgestockten Transferkurzarbeitergeldern

Wer eine Abfindung für den Verlust seines Arbeitsplatzes erhält, hat in aller Regel ein hohes Interesse an einer Anwendung der so genannten Fünftel-Regelung im Sinne der §§ 24, 34 EStG. Doch manchmal sind betriebliche Vereinbarungen relativ kompliziert, insbesondere auch, wenn die – ehemaligen – Arbeitnehmer in Transfergesellschaften (weiter-)beschäftigt oder über den Umweg der Transfergesellschaften weitervermittelt werden. Es kann hier zu unterschiedlichen Leistungen kommen, die neben bzw. zusätzlich zu der Abfindung gezahlt werden. Es kann sich dabei zum Beispiel um so genannte „Sprinterprämien“ oder um Zuschüsse zu Transferkurzarbeitergeldern handeln.

Es stellt sich dann die Frage, ob diese der Abfindung oder dem laufenden Arbeitslohn zuzuordnen sind. Diesbezüglich möchte ich auf drei Urteile hinweisen, die insoweit zu beachten sind:

 Finanzgericht Düsseldorf, Urteil vom 25.10.2010 (11 K 2909/09 E):
„Die nach Insolvenz des bisherigen Arbeitgebers für die Dauer eines Veranlagungszeitraums von einer zur Abwicklung eingeschalteten Transfergesellschaft gezahlten Aufstockungsbeträge zum Transferkurzarbeitergeld stellen Entschädigungen für entgangene oder entgehende Einnahmen dar, die nach der sog. Fünftel-Regelung tarifermäßigt zu besteuern sind.“

Hessisches Finanzgericht, Urteil vom 10.06.2015 (3 K 1960/13):
„Werden in einer Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Zusammenhang mit der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses mehrere in sachlicher und/oder zeitlicher Hinsicht unterschiedliche Entschädigungsleistungen zugesagt, sind diese grundsätzlich einheitlich zu beurteilen (Grundsatz der Einheitlichkeit der Entschädigung). …. Nach den vorstehenden Erwägungen sind die im Streitjahr 2010 ausgezahlte Abfindung und die im Folgejahr 2011 ausgezahlte Sprinterprämie nicht als einheitliche Leistung zu beurteilen.“

Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 01.02.2011 (8 K 343/10):
„Eine Zusammenballung i. S. des § 34 EStG ist zu verneinen, wenn eine Entschädigung in zwei oder mehreren verschiedenen VZ gezahlt wird, auch wenn die Zahlungen jeweils mit anderen laufenden Einkünften zusammentreffen und sich ein Progressionsnachteil ergibt. … Dabei handelt es sich auch bei der Zahlung im Jahr 2008, d.h. bei der sogenannten Sprinterprämie um eine Abfindung, denn auch diese Zahlung beruht auf den Vereinbarungen im Sozialplan vom …, der die einheitliche Rechtsgrundlage für die Zahlung von Abfindungsleistungen darstellt …“

Fazit: Abfindungsvereinbarungen sollten sorgfältig daraufhin untersucht werden, ob die zugesagten Nebenleistungen zur ermäßigt zu besteuernden Abfindung gehören oder dem laufenden Arbeitslohn zuzuordnen sind.

Weiterhin muss darauf geachtet werden, dass die nach § 34 EStG erforderliche Zusammenballung von Einkünften, also die grundsätzliche Auszahlung in einem einzigen Veranlagungszeitraum, nicht beeinträchtigt wird. Die Beurteilung kann im Einzelfall schwierig sein, wie die Urteile zeigen. Dem Vernehmen sollen beim FG Münster derzeit mehrere Verfahren anhängig sein, bei denen es um die Entschädigungszahlungen an die ehemaligen Opel-Mitarbeiter des Bochumer Werks geht.

Sofern auch Sie in Ihrer Mandantschaft ähnliche Fälle haben, sollten Sie sich gegebenenfalls an das FG Münster wenden, um dort die Aktenzeichen der anhängigen Verfahren zu erfragen und in den von Ihnen betreuten Fällen die Verfahrensruhe beantragen.

 

 

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