Abfindung ausscheidender Gesellschafter in der Bilanz

In einem früheren Beitrag habe ich mich mit der Ermittlung des Abfindungsbetrags für einen aus der Personenhandelsgesellschaft ausscheidenden Gesellschafter befasst. Heute widme ich mich der Abbildung der Barabfindung durch die Personenhandelsgesellschaft in der Bilanz der fortgeführten Gesellschaft. Das Thema ist seit vielen Jahren umstritten und das IDW hat bei der letzten Überarbeitung seines Standards zur Bilanzierung bei Personenhandelsgesellschaften (RS HFA 7 n.F.) eine Modifikation der zuvor vertretenen Auffassung vorgenommen.

Unproblematisch ist die Abbildung einer Abfindung des ausscheidenden Gesellschafters zum Buchwert seines Kapitalkontos. In diesem Fall erfolgt eine erfolgsneutrale Erfassung der Abfindung gegen das Kapitalkonto.

Komplexer ist die Situation bei Abweichen des Abfindungsbetrages von der Höhe des Kapitalkontos. Häufiger wird der Abfindungsbetrag über dem auf dem Kapitalkonto des ausscheidenden Gesellschafters ausgewiesenen Betrag liegen, weil der Gesellschaftsanteil mehr wert ist. Traditionell wurde hier die Auffassung vertreten, die Abfindung sei wie ein Anschaffungsvorgang aus Sicht der Personenhandelsgesellschaft zu werten und daher seien stille Reserven im Reinvermögen aufzudecken. Insbesondere die Werte der bilanzierten Vermögensgegenstände seien bis zu ihrem Zeitwert aufzustocken, bisher nicht bilanzierte Vermögensgegenstände und ein verbleibender Mehrbetrag als Geschäfts- oder Firmenwert anzusetzen.

Diese Betrachtung vernachlässigt jedoch, dass überhaupt kein Anschaffungsvorgang aus Sicht der Gesellschaft vorliegt, denn der Gesellschafter verkauft ja kein Bruchteilseigentum am Reinvermögen der Gesellschaft, weswegen gerne verbrämt vom Erwerb „ideeller Anteile“ oder einem (teil)liquidationsähnlichem Vorgang gesprochen wird. Aus handelsrechtlicher und handelsbilanzieller Sicht liegt Gesamthandsvermögen der Gesellschaft vor und gerade kein Bruchteilseigentum und eine Liquidation der Gesellschaft erfolgt gerade nicht.

Für die methodisch vergleichbare steuerliche Abbildung sollte eigentlich nichts anderes gelten. Nur ist hier zu beachten, dass die steuerliche Bilanzierung bei der Personenhandelsgesellschaft und ihren Gesellschaftern unter dem Deckmäntelchen eines sogenannten „Transparenzprinzips“ ohnehin die tatsächliche Rechtssituation negiert und daher kritisch zu beurteilen ist.

Die früher vorgegebene Aufstockungslösung lässt das IDW in seinem modifizierten Standard RS HFA 7.59 n.F. weiterhin als Alternativlösung zu. Nach berechtigter Kritik an dieser Lösung wird jedoch als vorzuziehende Variante die Verrechnung des Mehrbetrags mit dem Eigenkapital der Gesellschaft vorgeschlagen, also mit etwaig vorhandenen (gesamthänderischen) Kapitalrücklagen und den Kapitalanteilen der verbleibenden Gesellschafter (IDW RS HFA 7.58b, .51). Dabei können die Kapitalanteile auch negativ werden und sind dann am Ende der Aktivseite der Bilanz getrennt nach Gesellschaftergruppen als nicht durch Vermögenseinlagen gedeckte Abfindungen an ausgeschiedene Gesellschafter auszuweisen. Vorbehaltlich einer abweichenden Bestimmung im Gesellschaftsvertrag oder eines abweichenden Gesellschafterbeschlusses sieht das IDW nach Sinn und Zweck des § 169 Abs. 1 Satz 2 HGB ggf. eine Gewinnentnahmesperre für Kommanditisten bis wieder die Höhe der bedungenen Einlage erreicht ist.

Folgt die Personenhandelsgesellschaft in der Handelsbilanz der vom IDW präferierten Verrechnung der Mehrabfindung mit dem Eigenkapital, kommt es zu einer Abweichung zur Steuerbilanz. Die Bildung latenter Steuern wird einerseits daran scheitern, dass die Regelungen des § 274 HGB grundsätzlich nicht für Personenhandelsgesellschaften gelten und zum anderen durch die steuerliche Aufdeckung stiller Reserven aktive latente Steuern entstehen würden.

Nicht vom IDW behandelt wird der Fall der (überhöhten) Abfindung lästiger Gesellschafter. Traditionell wird hier in der Literatur eine aufwandswirksame Erfassung des „Lästigenzuschlags“ vertreten. Das erscheint aber durchaus diskutabel. Man könnte hier beispielsweise auch eine Entnahme der anderen Gesellschafter zur Abfindung des lästigen Mitgesellschafters sehen, was dann eine Verrechnung mit den Eigenkapitalanteilen der anderen Gesellschafter rechtfertigen würde. Im Übrigen dürfte der Zuschlag nicht leicht zu ermitteln sein.

Liegt in seltenen Fällen der Abfindungsbetrag eines ausscheidenden Gesellschafters unter dem Buchwert seines Kapitalanteils, wird in der Literatur häufig eine Abstockungslösung vertreten. Danach ist der Buchwert des bilanzierten Vermögens um den Minderbetrag zu kürzen. Begründet wird das mit niedrigeren Anschaffungskosten für die übernommenen Vermögensteile.

Da aber, wie oben geschildert, gar kein Anschaffungsvorgang vorliegt, trägt diese Lösung nicht. Im Übrigen erfolgt die Berechnung nach dem im Blog zur Ermittlung der Abfindungshöhe dargestellten Verfahren auf Basis der künftigen Zahlungs- oder Ertragsüberschüsse. Gekauft würde unter der Annahme des Erwerbs also ein Ertragsstrom und nicht die vorhandene Substanz. Weil der Kaufpreis unter dem Buchwert des bilanzierten Reinvermögens liegt, ergibt sich ein rechentechnischer Ausgleichsposten. Folgt man der Anschaffungsfiktion, spricht diese Tatsache für die Abbildung eines negativen Unterschiedsbetrags, auch als negativer Geschäfts- oder Firmenwert bezeichnet. Sieht man auch den Fall der Minderabfindung als Transaktion zwischen den Gesellschaftern, spricht hier einiges für eine Erfassung des Minderbetrages durch Erhöhung des Eigenkapitals, umgekehrt analog zum Fall der Mehrabfindung.

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