Ärger mit E-Scooter: Braucht Deutschland schärfere Regeln?

Die Verordnung für sogenannte E-Scooter ist am 15. Juni 2019 bundesweit in Kraft getreten (ElektrokleinstfahrzeugeVO – eKFV- v. 6.6.2019, BGBl 2019 I S.756). Sie dürfen mit einer Geschwindigkeit von bis zu 20 km/h auf Radwegen, Radstreifen oder – falls diese nicht vorhanden sind – Straßen fahren.

Seit der Einführung gibt es Ärger: Schwere Unfälle mit Knochenbrüchen, wildes Parken und Stolperfallen – Städtetag und Verbände warnen vor einem Chaos und einem E-Scooter-Infarkt. Müssen strengere gesetzliche Regeln her?

Welche gesetzlichen Vorschriften gibt es schon?

Die als Elektrokleinstfahrzeuge geltenden E-Scooter dürfen 6 km/h bis maximal 20 km/h schnell sein. Sie müssen auch Licht, eine „helltönende Glocke“ und eine Lenk- oder Haltstange haben. Die Fahrer müssen mindestens 14 Jahre alt sein und dürfen nur auf Radwegen fahren – oder auf der Straße, wenn es keinen Radstreifen gibt. Gehwege sind dagegen tabu. Vorgeschrieben ist auch eine selbstklebende Haftpflicht-Versicherungsplakette, die hinten am Scooter angebracht werden muss.

Welche Bußgelder drohen bei Verstößen?

Bei Verstößen gegen die eKFV sind Bußgelder von bis zu 70 € vorgesehen. Der amtliche Bußgeldkatalog (Anlage 1, Ziff. 234 bis 238 zu § 1 BKatV) differenziert hierbei zwischen Verstößen gegen Betriebsbeschränkungen (§ 2 Abs. 1 i.V., § 14 Nr.1 bis 3 eKFV) – etwa Fahren ohne Betriebserlaubnis (70 €), ohne Versicherungsaufkleber (40 €), ohne Beachtung der lichttechnischen Anforderungen (20 €) oder ohne Beachtung der schalltechnischen Anforderungen (15 €) – einerseits, andererseits Verstößen gegen verhaltensrechtliche Anordnungen (§§ 10, 11, 14 Nr. 5,6 eKFV – etwa Befahren nicht zugelassener Verkehrsflächen oder Nebeneinanderfahren (je nach Behinderung, Gefährdung oder gar Sachbeschädigung von 15 € bis 30 €). Bei Betrieb eines Scooters ohne Versicherungsschutz kann wegen Verstoßes gegen das PflichtVG sogar eine Straftat vorliegen. Da E-Scooter als Kraftfahrzeuge gelten (§ 1 Abs. 2 StVG), gelten auch für sie die bußgeldbewehrten Promillegrenzen. Laut Bundesregierung soll die Überprüfung der E-Tretroller „im Rahmen der Verkehrskontrollen“ stattfinden, spezielle Kontrollen für E-Scooter gibt es bislang aber nicht.

Brauchen wir schärfere Regeln?

Weniger als zwei Monate nach Inkrafttreten der neuen eKFV häufen sich Meldungen über schwere Unfälle mit E-Scootern, über Stolperfallen auf Bürgersteigen oder darüber, dass Fahrer auf den Elektrorollern zu zweit oder betrunken unterwegs waren. Brauchen wir also schärfere Regelungen für die E-Scooter Nutzung: Was wäre denkbar?

  • Bereits heute ist das „Fahren zu zweit“ auf dem E-Scooter verboten und stellt eine Ordnungswidrigkeit dar (§§ 8, 14 Nr. 4 eKFV); allerdings ist der Verstoß im geltenden BKatV noch nicht mit einem konkreten Bußgeld bewehrt; hierzu müsste die Anlage zum BKatV in Ziff. 234 -238 ergänzt werden.
  • Zum Schutz der E-Scooter-Fahrer vor schweren Verletzungen könnte eine Helmpflicht eingeführt werden. Schon heute besteht für Krafträder und offene Kraftfahrzeuge mit einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von mehr als 20 km/h eine Schutzhelmpflicht (§ 21a Abs.2 StVO); wer dagegen verstößt, riskiert nach der BKatV ein Verwarnungsgeld in Höhe von 15 €. Diese Helmpflicht könnte auch auf E-Scooter mit einer max. Geschwindigkeit von bis zu 20 km/h ausgedehnt werden, dazu müsste die StVO ergänzt werden.
  • Ebenfalls über eine Änderung der StVO (oder Ergänzung der eKFV) könnte eine Schulungspflicht für alle E-Rollerfahrer eingeführt werden, um die Fahrer mit den Betriebs- und Nutzungsbedingungen besser vertraut zu machen.
  • Um Stolperfallen auf Bürgersteigen und Radwegen zu vermeiden, könnten definierte Abstellbereiche für E-Scooter vorgeschrieben werden. Das wäre Angelegenheit der örtlichen Straßenverkehrsbehörden.
  • Schließlich kann Verstößen gegen die geltende EKFV durch stärkere Kontrollen entgegengewirkt werden. Im fließenden Verkehr wäre hierfür die staatliche Polizei, im ruhenden Verkehr die örtlichen Behörden der Gefahrenabwehr zuständig.

Fest steht: Der Betrieb von E-Scootern als neue Form urbaner Mobilität ist zwar begrüßen, muss aber auch einen wirksamen Schutz schwächerer Verkehrsteilnehmer beachten.

Bevor die ganze Härte des Gesetzes zwangsweise zupacken muss, gilt deshalb: Ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksichtnahme (§ 1 Abs. 2 StVO) – auch für E-Scooter!

Weitere Informationen:

EkfV vom 06.06.2019

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