Anzahlungen auf Blockheizkraftwerke – Finanzverwaltung gibt nicht auf

Der EuGH hatte im vergangenen Jahr zu den Betrugsfällen der nicht gelieferten Blockheizkraftwerke ausführlich Stellung bezogen und die harte Haltung der deutschen Finanzverwaltung nicht akzeptiert. Das heißt, er hat den Vorsteuerabzug auf Anzahlungen in den betroffenen Fällen dem Grunde nach bejaht.

Ende 2018 hat dann der BFH ebenfalls zu den Fällen Stellung genommen und wie folgt entschieden: Der Vorsteuerabzug aus einer geleisteten Vorauszahlung ist dem Erwerber eines (später nicht gelieferten) Blockheizkraftwerks nicht zu versagen, wenn zum Zeitpunkt der Zahlung die Lieferung als sicher erschien. Erforderlich ist hierfür, dass alle maßgeblichen Elemente der zukünftigen Lieferung als ihm bekannt angesehen werden konnten und anhand objektiver Umstände nicht erwiesen ist, dass er zu diesem Zeitpunkt wusste oder vernünftigerweise hätte wissen müssen, dass die Bewirkung dieser Lieferung unsicher war (EuGH 31.5.2018, C-660/16 und C-661/16; BFH-Urteil vom 5.12.2018, XI R 44/14).

Nun dachte ich – ehrlich gesagt – dass der Spuk so langsam ein Ende hätte und die Finanzverwaltung die Steuerpflichtigen, die ohnehin genug geschädigt sind, in Ruhe lassen würde. Doch weit gefehlt: Die Finanzverwaltung bleibt hartnäckig. Aber glücklicherweise hat sie vom BFH abermals eine Abfuhr kassiert.

Tenor des aktuellen BFH-Urteils vom 17.7.2019 (V R 9/19 / V R 29/15)

Für den Vorsteuerabzug aus einer Anzahlung kommt es darauf an, dass der Gegenstand der späteren Lieferung aus Sicht des Anzahlenden genau bestimmt ist und die Lieferung daher aus seiner Sicht sicher erscheint. Es ist unionsrechtskonform, dass die Berichtigung des Vorsteuerabzugs gemäß § 17 Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 1 Satz 2 UStG eine Rückzahlung voraussetzt.

Der zugrundeliegende Sachverhalt

Der Kläger bestellte am 10.4.2010 bei der G-GmbH (GmbH) die Lieferung eines Blockheizkraftwerks. Die GmbH bestätigte den Auftrag und erteilte für den Liefergegenstand eine Vorausrechnung über … EUR (netto) mit einem gesonderten Steuerausweis. Der Kläger meldete zeitgleich ein Gewerbe zur Erzeugung erneuerbarer Energien an und entrichtete die geforderte Anzahlung an die GmbH am 19.4.2010. Am 26.4.2010 schloss der Kläger mit G2, einem Partnerunternehmen der GmbH, drei Verträge über Stellplatzmiete, Verwaltung (Pflichten in Bezug auf Aufstellung und Betrieb der Anlage) und „Premiumservice“ (Aufrechterhaltung der Betriebsfähigkeit und Betriebssicherheit der Anlage). Die GmbH erteilte eine zweite Anzahlungsrechnung am 15.7.2010, in der auf die Zahlung vom 19.4.2010 hingewiesen wurde. Der Lieferzeitpunkt stand noch nicht fest.  Der Kläger beabsichtigte zunächst einen Eigenbetrieb der Anlage durch entgeltliche Stromlieferungen. Hierfür dienten die drei Verträge über Stellplatzmiete, Verwaltung und Premiumservice. Diese Verträge kündigte er am 19.10.2010 und verpachtete stattdessen die Anlage nunmehr an G2 für monatliche Pachtzahlungen von … EUR zuzüglich Umsatzsteuer. Für November und Dezember 2010 erhielt der Kläger Pachtzahlungen.

Doch: Die Lieferung der Anlage unterblieb. Über das Vermögen der GmbH wurde das Insolvenzverfahren eröffnet und mangels Masse eingestellt. Die für die GmbH handelnden Personen wurden wegen gewerbs- und bandenmäßigen Betrugs in 88 Fällen und wegen vorsätzlichen Bankrotts zu Lasten der Käufer der Blockheizkraftwerke, nicht aber wegen Steuerhinterziehung strafrechtlich verurteilt. Der Kläger machte für das Streitjahr 2010 den Vorsteuerabzug aus seiner Anzahlung geltend. Das Finanzamt versagte den Vorsteuerabzug, unterlag nun aber beim BFH.

Urteilsgründe

Bezüglich der Urteilsgründe erlaube ich mit der Einfachheit halber, auf meinen Blog-Beitrag „Vorsteuerabzug beim Anlagebetrug mit Blockheizkraftwerken – auch der BFH entscheidet“ zu verweisen. Hier gibt es nicht viel Neues zu berichten. Allerdings möchte ich mir erlauben, an dieser Stelle die – vergebliche – Begründung des Finanzamts vorzustellen, denn ich empfinde es fast schon als eine Zumutung, wenn es a) ein klares EuGH-Urteil und b) eine klare BFH-Rechtsprechung gibt und die Finanzverwaltung trotz aller Eindeutigkeit ihre falsche Haltung einfach nicht einsehen will. Hier einige Auszüge:

„Entgegen seinem Urteil (Anm: des EuGH) seien im Streitfall die maßgeblichen Elemente der künftigen Lieferung noch nicht genau bestimmt gewesen. Hierzu gehöre es, dass die wesentlichen Merkmale der versprochenen Lieferung zutreffend beschrieben worden seien. Hieran fehle es im Streitfall in Bezug auf die zugesagten Leistungswerte. … Entscheidend sei vielmehr, dass es sich nicht um ein seriöses Angebot gehandelt habe. Dies sei spätestens seit Januar 2010 für jedermann deutlich erkennbar gewesen, wie Internetrecherchen zeigten… .. Andere Interessenten hätten vom Kauf Abstand genommen. … Ein Blockheizkraftwerk mit der versprochenen Einspeiseleistung habe es am Markt nicht gegeben und sei auch nicht herstellbar gewesen. Die Lieferung eines derartigen Gegenstands könne nicht sicher sein. Dies habe sich auch aus dem Renditeversprechen von 30 % ergeben, das auf ein Betrugsmodell hingedeutet habe. Ein vernünftiger und gewissenhafter Unternehmer sei bei einer nicht unerheblichen Investitionsentscheidung zur Informationsbeschaffung verpflichtet. Es liege eine grob fahrlässige Unkenntnis i.S. eines Kennenmüssens in Bezug auf die konkreten Merkmale der Lieferung vor …“

Ich finde es erstaunlich, dass Finanzbeamte so dezidierte Marktkenntnisse besitzen und Unternehmern genau erklären können, wann sich ein Geschäft rechnet und wann nicht und wann betrügerische Machenschaften dahinterstecken. Eigentlich seltsam, dass die Beamten mit so ausgefeilten unternehmerischen Kenntnissen nicht längst in der freien Wirtschaft reüssiert haben. Unternehmen geben viel Geld für Marktforschung aus – warum nicht einfach vorher ´mal beim Finanzamt nachfragen?

P.S.: Man möge mir die Polemik verzeihen. Aber seitens der Finanzverwaltung ein Tatbestandsmerkmal „grob fahrlässige Unkenntnis“ im Zusammenhang mit dem Vorsteuerabzug vorzubringen, klingt wie eine Verspottung der Geschädigten durch den Fiskus. Allerdings sei zugegeben: So ganz unbekannt ist das Tatbestandsmerkmal nicht, denn es findet sich in § 25d UStG (Haftung für die schuldhaft nicht abgeführte Steuer).

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