Aufsichtsrat aktuell: Was habe ich falsch gemacht?

Welche Gedanken sich Aufsichtsräte eines insolventen Unternehmens machen (sollten)?

Im Januar fand der erste ArMiD (Aufsichtsräte Mittelstand in Deutschland)-Stammtisch in Stuttgart statt – u.a. mit Diskussionen um die Frage, wie Aufsichtsräte bei sich abzeichnender Insolvenz des Unternehmens agieren können.

Wie es sich anfühlt berichtete einer der Teilnehmer: Schlaflose Nächte waren garantiert, ebenso die Dauerfrage „wie konnte mir das passieren?“ Was nun? Die Aufsichtsräte von Gerry Weber erleben dies gerade nun hautnah in der Praxis.

Aus Erfahrungen lernen

Als Aufsichtsrat die Insolvenz des Unternehmens zu erleben, ist sicherlich kein Ereignis, an das sich ein Aufsichtsrat gerne erinnert. Dennoch ist es eine Erfahrung, die in schwierigen Situationen den Aufsichtsrat dazu bringt, die Ursachen und Begleitumstände zukünftig kritischer zu hinterfragen.

So macht sich der ein oder andere Vorwürfe, eventuell nicht streng genug kontrolliert zu haben. Doch wo sind die Grenzen der Kontrolle? Der Vorstand verhindert möglicherweise das Gespräch mit Mitarbeitern im operativen Geschäft. Seine Berichte und gelieferte Nachweise erscheinen vielleicht sehr plausibel. Aber auch wenn einzelne Mitarbeiter gefragt werden besteht die Gefahr, dass der Vorstand diese entsprechend „brieft“.

Kritische Kontrolle zwischen den Zeilen

Die Gefahr der Verschleierung von Tatsachen durch den Vorstand lassen sich trotz der Befragung bzw. Präsentationen von Mitarbeitern nicht aufdecken. Es könnte hier versucht werden, in einem eher lockeren Rahmen an Informationen zu kommen. So wird vielleicht der ein oder andere Mitarbeiter nach einem Bier auf einer Firmenfeier ehrlicher sein als bei der Präsentation in der Aufsichtsratssitzung. Denn bei der Betriebsfeier fehlt der Einfluss des Vorstandes, dem Mitarbeiter genau aufzuerlegen, was er sagen darf und was nicht.

Diese Möglichkeiten wird es jedoch oftmals nicht geben. Vor allem aber ist dies auch immer eine Frage der Zeit, die sich der Aufsichtsrat für ein Mandat nehmen kann. Die Erfahrung der letzten Jahre haben gezeigt: Ein Aufsichtsratsmandat nimmt immer mehr Ressourcen in Anspruch, die Anforderungen an die Aufsichtsräte steigen.

Fokus auf Liquiditätsvorschau

Die Diskussion und Vorlage einer regelmäßig aktualisierten Liquiditätsplanung kann rechtzeitig aufzeigen, ob und wann ein Liquiditätsengpass droht. Dies erfordert jedoch, dass bei der Erstellung der Planung keine größeren Zahlungen „vergessen“ werden und diese demnach manipulationsfrei ist. Andernfalls verfehlt die Liquiditätsplanung ihren Zweck. An anderer Stelle sollte diskutiert werden, ob die Planung für den Aufsichtsrat von einer anderen Person als durch den Vorstand erstellt werden sollte. Diese Aufgabe müsste jemandem zufallen, der nicht vom Vorstand manipuliert werden kann. Andernfalls schafft diese keine Abhilfe des Problems.

Was Aufsichtsräte daraus lernen können

Sollte es kritische Situationen im Unternehmen bzw. in der Aufsichtsratssitzung geben, fragen Aufsichtsräte mit Insolvenz-Erfahrung kritischer nach. Sie lassen nicht so schnell locker. Im schlimmsten Fall kann das Mandat niedergelegt werden, wenn er den Eindruck hat, seine Arbeit wird behindert und die kritische Kontrolle ist nicht gewünscht. Denn schließlich hat der Aufsichtsrat nicht nur das Thema der Haftung als mögliches Problemfeld, sondern auch sein Image als Aufsichtsratsmitglied zu verlieren.

Fazit

Auch aus unschönen Erfahrungen kann ein Aufsichtsrat lernen. Vielleicht sogar mehr als aus positiven Erfahrungen. Es trägt auf alle Fälle zu einem kritischeren Blick in der Zukunft bei.

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