Ausgewachsen: Was hat der Brexit mit den Abschreibungsmöglichkeiten für Unternehmen zu tun?

Gute Frage. Eigentlich nicht viel. Außer, dass die EU die Briten vielleicht abschreibt. Großbritannien hat sich entschieden, die EU zu verlassen. Mittlerweile ist der erste Trennungsschmerz nach Bekanntgabe des Ergebnisses überwunden. Die EU hat das Einreichen der Scheidung mehr oder weniger akzeptiert. Doch inwieweit betrifft dies die deutsche Wirtschaft und vor allem die Abschreibungsmöglichkeiten für deutsche Unternehmen?

Nun, ganz einfach. Die drei wichtigsten Forschungsinstitute (DIW, RWI, IfW) haben ihre Wachstumsprognosen für 2017 nach unten korrigiert. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung ist sehr pessimistisch und schätzt das Wachstum des Bruttoinlandsproduktes für 2017 auf lediglich 1 %. Auch wenn es zum Thema Wachstum und BIP einiges zu kritisieren gibt, will ich an dieser Stelle darauf verzichten (auch wenn es mir schwerfällt). Das ist ein recht mageres Wachstum. Vor allem bedeutet dies, dass die Steuereinnahmen für Bund, Länder und Kommunen nur geringfügig wachsen.

Außerdem sorgt der Brexit dafür, dass Lieferanten aus Deutschland weniger Güter nach Großbritannien verkaufen werden. Dies trifft vor allem auch die Automobilindustrie, einer der wichtigsten Branchen der deutschen Wirtschaft. Und damit auch einer der Gründe für unseren Wohlstand. Einige Frühindikatoren zeigen bereits, dass weniger Güter nach Großbritannien exportiert werden. Der Export ist zu erheblichen Teilen für das Wachstum des Bruttoinlandsproduktes in Deutschland verantwortlich. Es hängen also viele Arbeitsplätze am Export, nur so einmal angemerkt. Deutschland droht mal wieder Ärger mit der EU-Kommission, da der Leistungsbilanzüberschuss in Höhe von knapp 9 % die von der Kommission erlaubte „Grenze“ von 6 % übersteigt. Auch als ehemaliger Exportweltmeister bekommt Deutschland also Gegenwind. Doch wieder zurück zum Produktionsrückgang und dem Brexit.

Wenn die Produktion bei deutschen Unternehmen aufgrund des Austrittes Großbritanniens aus der EU zurückgeht, benötigen sie mittelfristig weniger Arbeitskräfte. Sofern Personal entlassen wird, kommt es zu einer höheren Arbeitslosigkeit. Und so weiter.

Kommt Ihnen irgendwie bekannt vor? Ja. Sie erinnern sich sicherlich an 2008. In diesem Jahr wurde das sog. Wachstumsbeschleunigungsgesetz erlassen, um die deutsche Wirtschaft aus der Rezession zu holen. Unter anderem wurde damals vorübergehend die geometrisch-degressive Abschreibung wiedereingeführt.

In einem Artikel im Handelsblatt vom 9. September 2016 (Brexit trifft deutsche Industrie, Handelsblatt, Seite 10, 9.9.2016) wird ganz am Ende ein Ökonom zitiert: „Berlin müsse Anreize schaffen – etwas durch schnellere Abschreibungsmöglichkeiten für Maschinen“. Damit ist sicherlich die erneute Wiedereinführung der geometrisch-degressiven Abschreibung gemeint.

Gute Idee? Kommt drauf an. Ja, ich weiß, das ist die typische Antwort eines Ökonomen. Also, schauen wir uns das Ganze mal an. Wenn Unternehmen durch die Wiedereinführung der geometrisch-degressiven Abschreibung zu Beginn der Nutzungsdauer einer Maschine einen höheren Betrag abschreiben dürfen, senkt das ihre Gewinne. Wenn Unternehmen einen geringeren Gewinn ausweisen, verringert sich ihre Steuerzahlung. Der Gedanke ist, dass dies Unternehmen zu Investitionen anregt. Allerdings funktioniert das Spiel nur dann, wenn die Unternehmen auch Investitionen tätigen. Und dies werden sie nur dann tun, wenn sie annehmen, dass die die zusätzlichen produzierten Güter am Markt absetzen können. Auch wenn wir den Konsumwahn in Deutschland kritisieren, ist der Grund für den deutschen Wohlstand die Höhe des Exportes.

Fazit: Abschreibung hin oder her, die zusätzlich produzierten Güter müssen am Markt abgesetzt werden können. Ansonsten bringt die Wiedereinführung der geometrisch-degressiven Abschreibung nichts. Außer weitere Steuermindereinnahmen in naher Zukunft. Aber: Die nächste Krise kommt bestimmt. Und damit sicherlich auch wieder einmal die vorübergehende Wiedereinführung der geometrisch-degressiven Abschreibung.

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