Außerplanmäßige Abschreibungen auf den Geschäfts– oder Firmenwert – Kann es eine vorübergehende Wertminderung geben?

Vor längerer Zeit hatte ich mich in diesem Blog mit der Methodik zur Ermittlung des beizulegenden Wertes eines Geschäfts- oder Firmenwertes auseinandergesetzt. Heute will ich eine konkrete Problematik aufnehmen, mit der sich vor einiger Zeit das IDW befasst hatte. Dabei ging es um die Frage, ob für einen Geschäfts- oder Firmenwert von einer dauerhaften Wertminderung auszugehen ist, obwohl durch geplante Investitionen eine spätere „Werterholung“ erwartet wird. Statt Investitionen könnte man auch Restrukturierungsmaßnahmen ins Feld führen.

Im konkreten Fall stellt das bilanzierende Unternehmen zum Ende des aktuellen Geschäftsjahres (20×1) eine erhebliche Wertminderung des Geschäfts- oder Firmenwertes fest. Die Restnutzungsdauer des Geschäfts- oder Firmenwertes beträgt 8 Jahre. Die Wertermittlung erfolgt dabei auf Basis des Barwertes erwarteter Einzahlungs- oder Ertragsüberschüsse (Wert des Unternehmens oder Unternehmensteils). Vom ermittelten Barwert wird dann noch der Wert der bilanzierten Substanz (Substanzwert) abgezogen, also der Saldo der Werte von Vermögen ohne Geschäfts- und Firmenwert und Schulden. Nach der von mir unter anderem hier im Blog vertretenen Auffassung ist dabei der Buchwert der bilanzierten Substanz abzuziehen, nicht der Zeitwert der vorhandenen Substanz. Der verbleibende Wert (vereinfachend hier als „beizulegender Wert“ bezeichnet) ist der Kontrollwert für den Buchwert des Geschäfts- oder Firmenwertes. Im konkreten Fall lag der ermittelte beizulegende Wert unter dem Buchwert des Geschäfts- oder Firmenwertes.

Da der Gesetzgeber den derivativen Geschäfts- oder Firmenwert als abnutzbares immaterielles Anlagegut fingiert, sind auch die Bewertungsregelungen für dieses Vermögen anzuwenden. Eine außerplanmäßige Abschreibung ist danach nur vorzunehmen, sofern von einer dauerhaften Wertminderung auszugehen ist (gemildertes Niederstwertprinzip). Bei abnutzbaren Anlagegegenständen wird in Anlehnung an die Rechtsprechung des BFH eine dauerhafte Wertminderung angenommen, wenn sie mehr als die Hälfte der Restnutzungsdauer anhalten wird. Handelsrechtlich wird dabei jedoch aus Vorsichtsgründen ein Höchstzeitraum von 3 bis allenfalls noch 5 Jahren vertreten.

Im konkreten Fall waren nach dem Abschussstichtag erhebliche Investitionen geplant. Diese Investitionen waren bei der Ermittlung des Barwertes der künftigen Überschüsse zu Ende 20×1 zunächst als negative Komponente berücksichtigt worden. Vermutlich war hier nach der Discounted-Cashflow-Methode vorgegangen worden, weswegen die Investitionsauszahlungen in den nächsten beiden Jahren negativ auf den Barwert wirkten. Zwei Abschlussstichtage später (20×3) sollten diese Investitionen plangemäß durchgeführt sein, weswegen sie dann nicht mehr negativ bei der Barwertermittlung zu berücksichtigen waren. Daher sollte der Barwert und damit der beizulegende Wert des Geschäfts- oder Firmenwertes Ende 20×3 gegenüber dem aktuellen Stichtagswert Ende 20×1 wieder erholt sein. Damit wurde in Frage gestellt, ob eine dauerhafte Wertminderung am aktuellen Stichtag 20×1 vorliegt.

Das IDW argumentierte hierzu unter implizitem Rückgriff auf die „Trennungstheorie“. Danach wird der Geschäfts- oder Firmenwert gedanklich in zwei Teile gespalten. Einen bilanzierungspflichtigen derivativen Geschäfts- oder Firmenwert und einen nicht bilanzierbaren originären Geschäfts- oder Firmenwert. Das IDW argumentiert bei der Frage, ob der bilanzierte derivative Geschäfts- oder Firmenwert am Stichtag 20X1 wertgemindert ist, seien die geplanten Maßnahmen außer Betracht zu lassen, die eine spätere Werterhöhung erwarten lassen. Durch die Investitionsmaßnahmen entstünde ein neuer originärer Geschäfts- oder Firmenwert, der einem Aktivierungsverbot unterliege. Nicht ganz klar wird, was dann die konkrete Folge für die Wertermittlung sein soll. Sollen die Investitionsvorhaben mit ihren Aus- und Einzahlungen außen vor bleiben? Danach wäre der Barwert für das Unternehmen zu ermitteln „wie es steht und liegt“. Oder sollen nur die künftigen Wertsteigerungen unberücksichtigt bleiben. Ich tippe auf die erste Variante, bin mir aber nicht sicher.

Das Ergebnis, keine vorübergehende Wertminderung zu unterstellen, kann zwar überzeugen, die Begründung des IDW jedoch weniger. Das liegt an der realen Schwäche der „Trennungstheorie“. Man kann den Geschäfts- oder Firmenwert zwar gedanklich in zwei Teile zerlegen. In der Praxis ist das jedoch kaum möglich, weil sich kaum feststellen lässt, welche Maßnahmen des Unternehmens einen neuen Geschäfts- oder Firmenwert erschaffen und welche einen vorhandenen derivativen erhalten. Rechnerisch kann man ohne mehr oder weniger willkürlich Klimmzüge nur einen Geschäfts- oder Firmenwert ermitteln.

Die Begründung für die Ablehnung einer vorübergehenden Wertminderung erscheint mir auf zwei anderen Wegen überzeugender. Einerseits stellt sich im Anlagevermögen grundsätzlich die Frage, wie mit einer Wertminderung umzugehen ist, die durch künftige Aufwendungen voraussichtlich wieder beseitigt wird. Diese Frage wurde etwa vor dem Hintergrund von schadstoffbelasteten Anlagegütern, z.B. Grundstücke und Gebäude, erörtert. Im Hinblick auf die Vermeidung einer Überbewertung erscheint es geboten, die nur durch künftige Aufwendungen zu beseitigende Wertminderung in jedem Fall zu berücksichtigen. Dabei wird festgestellt, es dürfe keine Doppelerfassung des erwarteten Aufwands erfolgen (Adler/Düring/Schmaltz, 5. Aufl., § 253 HGB Rn. 479). Daher sei eine außerplanmäßige Abschreibung dann vorzunehmen, wenn keine Rückstellung für die erwarteten Aufwendungen gebildet würde. Über die Rangfolge zwischen Rückstellungsbildung und außerplanmäßiger Abschreibung kann man trefflich streiten. Im Ergebnis ist jedoch auf den Fall des Geschäfts- oder Firmenwertes übertragen die Wertminderung am Stichtag 20×1 zu erfassen, weil ein Verzicht auf die außerplanmäßige Abschreibung das Reinvermögen überzeichnen würde. Die Werterholung des Geschäfts- oder Firmenwertes ist nämlich nur durch Inkaufnahme künftiger Aufwendungen möglich.

Ein zweites Argument gegen den Verzicht auf eine außerplanmäßige Abschreibung wegen nicht dauerhafter Wertminderung des Geschäfts- oder Firmenwertes ist dem Zusammenspiel von gemildertem Niederstwertprinzip und Zuschreibungsverbot zu entnehmen. Durch das Zuschreibungsverbot für den derivativen Geschäfts- oder Firmenwert hat der Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht, dass er Werterholungen des Geschäfts- oder Firmenwertes misstraut. Insoweit beschränkt das Zuschreibungsverbot das gemilderte Niederstwertprinzip derart, dass jede am Stichtag errechnete Wertminderung des Geschäfts- oder Firmenwertes als dauerhaft anzusehen ist. Bei der Wertermittlung wurde ja schon die erwartete künftige Entwicklung im Barwert berücksichtigt. Damit ist für die Annahme einer künftigen Werterholung kein Raum mehr.

Der Geschäfts- oder Firmenwert beschäftigt mich nun schon seit meiner ersten Publikation vor einer kleinen Ewigkeit – 1994. Diese schillernde Größe wirft noch viel länger interessante Fragen auf und ein Ende der Diskussion ist nicht in Sicht.

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