Bruchteilsgemeinschaft kann kein Unternehmer sein

Im Fall einer „Erfinder-Gemeinschaft“ hat der Bundesfinanzhof in seinem Urteil vom 22.11.2018 am Fall von Lizenzgebühren entschieden, dass eine Bruchteilsgemeinschaft nicht Unternehmer sein kann. Stattdessen erbringen die einzelnen Gemeinschafter als jeweilige Unternehmer anteilig von ihnen zu versteuernde Leistungen. Hiermit hat er seine bisherige Rechtsprechung aufgegeben.

Was ist passiert?

Im Streitfall hatte der Kläger zusammen mit zwei weiteren Personen Systeme zur endoskopischen Gewebecharakterisierung für die Früherkennung von Tumoren entwickelt und als Patent angemeldet. Als Lizenzgeber schlossen sie mit einer KG Lizenzverträge für die Vermarktung dieser Erfindungen ab. Hiernach räumten die Lizenzgeber der KG eine weltweite Exklusivlizenz an der Erfindung ein. Die KG verpflichtete sich im Gegenzug, eine umsatzabhängige Lizenzgebühr für die Patentnutzung, das Know-how und die Benutzung des wissenschaftlichen Namens zu zahlen. Die Bezahlung sollte durch unmittelbare Überweisung auf die von den Lizenzgebern bezeichneten Bankkonten zu fest im Vertrag vereinbarten Anteilen erfolgen.

Die KG war der Auffassung, dass die einzelnen Erfinder die Leistenden seien. Die jährlich erstellten Gutschriften waren an die Erfinder einzeln adressiert und enthielten ihren jeweiligen Anteil sowie die nach dem allgemeinen Steuersatz (19%) ausgewiesene Umsatzsteuer. Der Kläger wurde in seinen Gutschriften persönlich, unter Bezugnahme auf den Lizenzvertrag, angesprochen. Er erklärte die Lizenzgebühren als Einzelunternehmer und wandte den ermäßigten Steuersatz (7%) an. Als Art des Unternehmens gab er „Überlassung von Lizenzrechten“ an.

Hiervon erfuhr das für den Kläger zuständige Finanzamt im Rahmen einer Kontrollmitteilung und erließ gegenüber dem Kläger geänderte Steuerbescheide. Hiergegen machte der Kläger u.a. geltend, dass nicht er, sondern eine zwischen ihm und den anderen Erfindern gebildete Bruchteilsgemeinschaft Unternehmer und damit Steuerschuldner für die Lizenzgewährung gegenüber der KG sei.

Das Urteil des Bundesfinanzhofs

Dem folgte der Bundesfinanzhof nicht. Wie bereits die Vorinstanz, sah der V. Senat den Kläger als leistenden Unternehmer an. Dieser hat allerdings die auf ihn entfallenden Lizenzgebühren nach dem Regelsteuersatz zu versteuern. Anders als die Vorinstanz und entgegen seiner bisherigen Rechtsprechung begründete der Bundesfinanzhof dies aber damit, dass eine Bruchteilsgemeinschaft umsatzsteuerrechtlich nicht Unternehmer sein könne.

…zur Unternehmereigenschaft einer Bruchteilsgemeinschaft

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs bestimmt sich die Person des Leistenden und die des Leistungsempfängers nach dem der Leistung zugrunde liegenden Rechtsverhältnis und damit im Regelfall nach dem Zivilrecht.

Die Bruchteilsgemeinschaft i.S.d. §§ 741 ff. BGB ist unfähig, Trägerin von Rechten und Pflichten zu sein. Sie nimmt weder selbst, noch durch Vertreter, am Rechtsverkehr teil. Bei einem rechtsgeschäftlichen Handeln in Bezug auf die Gemeinschaft besteht demnach das maßgebliche Rechtsverhältnis zu den Gemeinschaftern. Hierbei ist nicht zwischen einer gemeinschaftlichen Leistungserbringung mit dem Recht und einem gemeinschaftlichen Leistungsbezug für dieses Recht zu unterscheiden. Mangels Rechtsfähigkeit der Gemeinschaft kommt es zivilrechtlich in beiden Fällen zwingend zu einer Zuordnung zum Gemeinschafter. Dies ist daher auch umsatzsteuerrechtlich zu beachten.

Bei einer gemeinschaftlich bezogenen Leistung sind somit die Gemeinschafter Leistungsempfänger. Sie sind zum Vorsteuerabzug entsprechend ihrer Beteiligung berechtigt, wenn nur die Gemeinschafter im Rahmen ihrer Einzelunternehmen unternehmerisch tätig sind.

Auf der Grundlage dieser Rechtsprechung kann eine Bruchteilsgemeinschaft daher kein Unternehmer sein. Es liegen vielmehr zivil- und umsatzsteuerrechtlich anteilig erbrachte Leistungen durch die Gemeinschafter als jeweilige Unternehmer vor.

…zum Steuersatz für Lizenzen und Patente

Die Steuer ermäßigt sich für die Einräumung, Übertragung und Wahrnehmung von Rechten, die sich aus dem Urheberrechtsgesetz (UrhG) ergeben auf 7%, gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. c UstG. Blicken wir also ins Urheberrecht. Hier genießen nach § 1 UrhG die Urheber von Werken der Literatur, Wissenschaft und Kunst für ihre Werke Schutz nach Maßgabe dieses Gesetzes. Zu den geschützten Werken der Literatur, Wissenschaft und Kunst gehören nach § 2 Abs. 1 Nr. 7 UrhG Darstellungen wissenschaftlicher oder technischer Art, wie Zeichnungen, Pläne, Karten, Skizzen, Tabellen und plastische Darstellungen. Werke im Sinne dieses Gesetzes sind nach § 2 Abs. 2 UrhG nur persönliche geistige Schöpfungen.

Die somit erforderliche persönliche geistige Schöpfung des Urhebers muss in der Darstellung selbst, also in ihrer Formgestaltung liegen. Es kommt dagegen nicht auf den schöpferischen Gehalt des wissenschaftlichen oder technischen Inhalts der Darstellung an. Es bestünde sonst ein Widerspruch zum Wesen des Urheberrechtsschutzes und seiner Abgrenzung gegenüber den technischen Schutzrechten.

Das wissenschaftliche und technische Gedankengut eines Werkes ist hiernach nicht Gegenstand des Urheberrechtsschutzes. Es kann daher auch nicht zur Begründung der Schutzfähigkeit von Skizzen, die die technische Lehre wiedergeben, herangezogen werden. Das technische Gedankengut eines Werkes kann somit nicht Gegenstand des Urheberrechtsschutzes sein und kann daher auch nicht zur Begründung der Schutzfähigkeit von Schriftwerken, die die technische Lehre enthalten, herangezogen werden. Die Urheberrechtsschutzfähigkeit solcher Schriftwerke kann ihre Grundlage allein in der Form der Darstellung finden.

Ein Urheberrechtsschutz kommt somit für die von der KG lizensierten Rechte nicht in Betracht. Es reicht hierzu auch nicht aus, dass dem Lizenznehmer – der KG – die von den Erfindern ausgearbeitete wissenschaftliche und technische Darstellungen übergeben wurden.

Die Leistungen des Klägers unterliegen demnach dem allgemeinen Steuersatz.

Fazit

Bei einer Gemeinschaft nach Bruchteilen gemäß §§ 741 ff. BGB ist der Gemeinschafter – nicht aber die Gemeinschaft – leistender Unternehmer hinsichtlich der mit dem gemeinschaftlichen Recht erbrachten Leistungen. Mit diesem Urteil gab der Bundesfinanzhof seine bisherige Rechtsprechung auf. Zudem schloss sich der Bundesfinanzhof mit diesem Urteil der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs an, nach der technische Schutzrechte nicht urheberrechtlich geschützt sind. Mangels Urheberrechtsschutz kommt daher eine Steuersatzermäßigung nicht in Betracht.

Die Rechtsprechungsänderung erfasst nicht nur Erfindergemeinschaften wie im Streitfall, sondern ist z.B. auch für die im Immobilienbereich weit verbreiteten Grundstücksgemeinschaften von großer Bedeutung.

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