BVerfG: Regelungen zur steuerlichen Behandlung von Erstausbildungskosten verfassungsgemäß

Dass Aufwendungen für die erstmalige Berufsausbildung oder für ein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt, nach dem Einkommensteuergesetz (EStG) nicht als Werbungskosten abgesetzt werden können, verstößt nicht gegen das Grundgesetz, so das Urteil des BVerfG.

Die Rechtslage

Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine Berufsausbildung oder für sein Studium sind gemäß § 9 Abs. 6 Satz 1 EStG nur dann Werbungskosten, wenn der Steuerpflichtige zuvor bereits eine Erstausbildung (Berufsausbildung oder Studium) abgeschlossen hat oder wenn die Berufsausbildung oder das Studium im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfindet.

Die Norm nimmt damit Aufwendungen für die erstmalige Berufsausbildung oder für ein Erststudium generell vom Werbungskostenabzug aus. Sie konkretisiert den allgemeinen Werbungskostenabzugstatbestand des § 9 Abs. 1 Sätze 1 und 2 EStG dahingehend, dass diese Aufwendungen in keinem Fall beruflich veranlasst sind. Sie sind damit weder unbeschränkt abzugsfähig noch können sie als negative Einkünfte in andere Veranlagungszeiträume zurück- oder vorgetragen werden.

Stattdessen mindern sie lediglich als Sonderausgaben – in den Streitjahren bis zur Höhe von 4.000 Euro, heute bis zur Höhe von 6.000 Euro – das zu versteuernde Einkommen in dem Jahr, in dem sie anfallen.

Im Gegensatz dazu können Aufwendungen für weitere Ausbildungen und für Erstausbildungen, die im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfinden, wie andere Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen als Werbungskosten abzugsfähig sein, soweit sie beruflich veranlasst sind.

Eine berufliche Veranlassung ist nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) gegeben, wenn ein objektiver Zusammenhang mit dem Beruf besteht und die Aufwendungen subjektiv zur Förderung des Berufs getätigt werden. Ein Werbungskostenabzug setzt nicht voraus, dass der Steuerpflichtige gegenwärtig bereits Einnahmen erzielt. Erforderlich ist, dass die Aufwendungen in einem hinreichend konkreten, objektiv feststellbaren Veranlassungszusammenhang mit späteren Einnahmen stehen.

Der Streitfall

Der Kläger begehrte in den sechs Ausgangsverfahren jeweils die Anerkennung der Kosten für sein Erststudium bzw. für seine Ausbildung zum Flugzeugführer als Werbungskosten.

Der BFH setzte alle verfahren aus und legte dem BVerfG die Frage zur Entscheidung vor, ob die § 9 Abs. 6 EStG insoweit mit dem Grundgesetz vereinbar ist, als danach Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung oder für ein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt, keine Werbungskosten sind, wenn diese Berufsausbildung oder dieses Erststudium nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfindet und auch keine weiteren einkommensteuerrechtlichen Regelungen bestehen, nach denen die vom Abzugsverbot betroffenen Aufwendungen die einkommensteuerliche Bemessungsgrundlage mindern.

Das Urteil des BVerfG

Nach dem Urteil des BVerG verstößt es nicht gegen das Grundgesetz, dass die Aufwendungen für die erstmalige Berufsausbildung oder für ein Erststudium, nach dem EStG nicht als Werbungskosten abgesetzt werden können.

Zur Begründung führte der Senat aus, dass es für die Regelung sachlich einleuchtende Gründe gibt. Der Gesetzgeber durfte solche Aufwendungen als privat (mit-)veranlasst qualifizieren und den Sonderausgaben zuordnen. Die Erstausbildung oder das Erststudium unmittelbar nach dem Schulabschluss vermittelt nicht nur Berufswissen, sondern prägt die Person in einem umfassenderen Sinne, indem sie die Möglichkeit bietet, sich seinen Begabungen und Fähigkeiten entsprechend zu entwickeln und allgemeine Kompetenzen zu erwerben, die nicht zwangsläufig für einen künftigen konkreten Beruf notwendig sind. Sie weist eine besondere Nähe zur Persönlichkeitsentwicklung auf.

Auch die Begrenzung des Sonderausgabenabzugs für Erstausbildungskosten auf einen Höchstbetrag von 4.000 Euro in den Streitjahren ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, so das BVerfG.

Fazit

Nicht nur für die Teilnehmer langjähriger Ausbildungsgänge wie, die des Piloten im Urteilsfall, sondern auch für viele Studierende dürfte diese Entscheidung enttäuschend sein. Ihnen bleibt weiterhin der Werbungskostenabzug für die Aufwendungen der Erstausbildung verwehrt. Diese können sie lediglich als Sonderausgaben bis zu derzeit maximal 6.000 Euro als Sonderausgaben geltend machen.

Weitere Informationen:

BVerfG-Beschluss vom 19.11.2019, 2 BvL 22/14, 2 BvL 27/14, 2 BvL 26/14, 2 BvL 25/14, 2 BvL 24/14, 2 BvL 23/14

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