Laufzeit eines Leasingverhältnisses nach IFRS 16

Bereits in drei vorlaufenden Blogs hatte ich mich mit Fragen der neuen Leasingbilanzierung nach IFRS 16 befasst. Zur Erinnerung: Der Leasingnehmer entscheidet nach den neuen Regelungen nicht mehr, ob er wirtschaftlicher Eigentümer des Leasingobjekts ist. Stattdessen bilanziert er in der Regel ein Nutzungsrecht („right-of-use“) am Leasingobjekt im Umfang seiner vertraglichen Ansprüche. Bilanzierungsobjekt ist nicht das Leasingobjekt, sondern das Recht zur Nutzung des Leasingobjekts.

Die Serie zu IFRS 16 in lockerer Folge will ich heute mit der Frage fortsetzen, wie die Leasinglaufzeit zu bestimmen ist, weil sie den Umfang des zu bilanzierenden Nutzungsrechts maßgeblich bestimmt.

Die Leasinglaufzeit beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Leasinggeber das Leasingobjekt dem Leasingnehmer zur Verfügung stellt und endet mit Ablauf des Leasingvertrags (IFRS 16.B34).

In einem Leasingvertrag wird regelmäßig eine unkündbare Grundmietzeit festgelegt, während der keine der Vertragsparteien, Leasingnehmer und Leasinggeber, den Vertrag ordentlichen kündigen kann. Eine Kündigung aus wichtigem Grund lässt sich in Deutschland dagegen kaum ausschließen. Die vertraglich vereinbarte unkündbare Grundmietzeit stellt damit den Ausgangspunkt der Überlegungen zur Bestimmung der erwarteten Laufzeit des Leasingverhältnisses dar (IFRS 16.B34).

Fraglich ist, wie mit Mietverlängerungsoptionen umzugehen ist, die nicht selten vereinbart werden. Bisher waren günstige Mietverlängerungsoptionen bei der Beurteilung zu berücksichtigen, ob ein Finance Lease oder ein Operating Lease vorliegt. Eine günstige Option liegt dann vor, wenn der Leasingnehmer die Möglichkeit hat, das Leasingverhältnis zu einer Miete fortzuführen, die wesentlich niedriger als die marktübliche Miete ist (IAS 17.11(c)). Nach dem neuen Standard ist eine Mietverlängerungsoption dann zu berücksichtigen, wenn ihre Ausübung höchstwahrscheinlich ist: „… if the lessee is reasonably certain to exercise that option“ (IFRS 16.18(a)).

Wie sich aus dem Wortlaut ergibt, reicht eine überwiegende oder hohe Wahrscheinlichkeit für die Berücksichtigung einer Mietverlängerungsoption nicht aus. Es muss quasi-sicher von der Verlängerung auszugehen sein, um sie bei der Bestimmung der Leasinglaufzeit für Bilanzierungszwecke zu berücksichtigen. Dabei sind sämtliche Umstände und Fakten zu berücksichtigen, die den Leasingnehmer aus wirtschaftlicher Sicht zur Ausübung motivieren (IFRS 16.19).

Der Standard nennt nicht abschließend einige Beispiele, die bei der Beurteilung der Wahrscheinlichkeit einer Mietverlängerung zu berücksichtigen sind (IFRS 16.B37). Dabei spielen wie schon nach alter Regelung die Höhe der Anschlussmiete und die weiteren Vertragsbedingungen eine Rolle. Auch Strafzahlungen für den Fall einer Beendigung des Leasingverhältnisses und variable Leasingzahlungen können zu berücksichtigen sein. Gleichfalls können die Bedingungen einer weiteren Mietverlängerung oder einer Kaufoption nach Beendigung der Mietverlängerung Einfluss auf das Beurteilungsergebnis haben. Mietereinbauten, die in der Verlängerungsperiode weiter genutzt werden können oder im Rahmen einer folgenden Kaufoption Vorteile aus der Ausübung erwarten lassen, sind zu berücksichtigen. Ebenfalls zu berücksichtigen sind Kosten im Zusammenhang mit der Beendigung des Leasingverhältnisses, beispielsweise Wiederherrichtungskosten, Kosten für die Implementierung eines Ersatzobjekts in den Betriebsablauf, eine Restwertgarantie oder Verhandlungskosten.

Die schwierige Ersetzbarkeit des Leasingobjekts für den Leasingnehmer kann ebenfalls für die Ausübung einer Mietverlängerungsoption sprechen. Wenn etwa ein speziell für den Leasingnehmer gestaltetes Objekt nur im Rahmen einer längerfristigen Auftragsfertigung zu substituieren wäre, kann dies für die Ausübung der Verlängerungsoption sprechen. Hier sind unter anderem Fälle des Spezialleasings von Relevanz. Ist die Ausübung der Mietverlängerungsoption an Bedingungen geknüpft, sind diese ebenfalls bei der Einschätzung zu berücksichtigen. Bei Leasingobjekten, die der Art nach bereits häufiger geleast wurden, kann auch die bisher übliche Nutzungszeit Einfluss auf das Ergebnis haben (IFRS 16.B40).

Wurde statt einer Mietverlängerungsoption eine längere Grundmietzeit mit vorzeitiger Kündigungsmöglichkeit durch den Leasingnehmer vereinbart, ist von der Ausübung der Kündigung und damit einer kürzeren Leasinglaufzeit ebenfalls dann auszugehen, wenn die Ausübung höchstwahrscheinlich ist (IFRS 16.18(b)). Dabei sind die vorgenannten Kriterien entsprechend zu berücksichtigen. Eine vorzeitige Kündigungsmöglichkeit des Leasinggebers verkürzt die Leasinglaufzeit hingegen nicht (IFRS 16.B35).

Die Einschätzung der Optionsausübung kann in bestimmten Fällen anzupassen sein, beispielsweise wenn erhebliche Mietereinbauten die bisher nicht sehr wahrscheinliche Ausübung einer Verlängerungsoption jetzt sehr wahrscheinlich erscheinen lassen (IFRS 16.20, .B41). Die ursprünglich vereinbarte Leasinglaufzeit kann in bestimmten Fällen anzupassen sein (IFRS 16.21).

Lesen Sie hierzu auch meine Beiträge hier im NWB Experten-Blog: 

 

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