Differenzbesteuerung – Ermittlung Grenze für Kleinunternehmer

Bei der Umsatzsteuer hilft der Blick in das Gesetz nicht immer weiter. Ob dort die richtige Rechtsanwendung nachzulesen ist, darf bezweifelt werden. Besser ist es, auf die Mehrwertsteuersystemrichtlinie (MwStSystRL) zu schauen. Auf diese darf sich der EU-Bürger berufen. Sie hat also Vorrang vor dem deutschen Gesetz.

Diesen Grundsatz hat das FG Köln jüngst beachtet (9 K 667/14). Wie wird der Gesamtumsatz berechnet bei einem Kleinunternehmer, der die Differenzbesteuerung (§ 25a UStG) anwendet? Das FA – wie könnte es auch anders sein – ermittelt als Umsatz den vom Käufer tatsächlich gezahlten Betrag. So interpretiert die Finanzverwaltung das Gesetz (§ 19 Abs. 1 UStG). Auf den ersten Blick mag man dem zustimmen.

Doch die Richter des 9. Senates haben die MwStSystRL hinzugezogen. Dort bestimmt Art. 288 Nr. 1, dass sich der Umsatz aus dem Betrag der Lieferung von Gegenständen und Dienstleistungen zusammensetzt, soweit diese besteuert werden. Das ist also die Handelsspanne, die Differenz, die der Besteuerung zugrunde gelegt wird (Art. 315 MwStSystRL).

Die Klage war erfolgreich. Das FG hat die Revision zugelassen. Ob das unterlegene FA diese eingelegt hat, ist zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht bekannt. Liegt sie vor, kann ein Rechtsmittelverfahren ruhen (Zwangsruhe gem. § 363 Abs. 2 Satz 2 AO).

Es gibt aber auch die Möglichkeit, dass keine Revision eingelegt wird, damit dieses Problem und diese (neue) Lösung nicht so bekannt wird, nach dem Motto: „Das merkt doch Keiner“. Es empfiehlt sich grundsätzlich in derartigen Fällen Rechtsmittel einzulegen. Weiter ist zu beachten, dass ab 1.1.2017 sich die Grenze für den Kleinunternehmer von 17.500 € auf 20.000 € erhöht.

Ein Kommentar zu “Differenzbesteuerung – Ermittlung Grenze für Kleinunternehmer

  1. Also ich kann mich nicht erinnern, wann der Umsatzsteuergesetzgeber zuletzt eine derart sinnvolle Regelung umgesetzt hat. Von daher wäre ich noch etwas vorsichtig damit, jetzt schon die Gesetzesänderung zu prognostizieren (daneben soll auch die Grenze für Kleinbetragsrechnungen von 150 € auf 200 € steigen). Ich warte lieber den Herbst ab.

    Link zum Gesetzesentwurf: http://www.bmwi.de/BMWi/Redaktion/PDF/B/buerokratieabbaugesetz-ii,property=pdf,bereich=bmwi2012,sprache=de,rwb=true.pdf

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

49 − 45 =