Erste Instanzen gegen Finanzverwaltung beim Zeitwertkonto für den Geschäftsführer

Schon im Beitrag „Bei Gericht: Interessante Steuerstreitigkeiten im November 2017“ hatte ich kurz über das anhängige Verfahren VI R 39/17 berichtet, in dem geklärt werden wird, ob bereits die Gutschrift künftig fällig werdenden Arbeitslohns auf dem Zeitwertkonto zum Zufluss von Arbeitslohn bei einem angestellten Organ einer Körperschaft führt. Gerade weil hier direkt mehrere Finanzgerichte gegen die Verwaltungsauffassung stehen, erscheint mir die Thematik jedoch weiterhin besonders erwähnenswert.

Beim Stichwort Zeitwertkonto eines Organs einer Körperschaft sieht es nämlich zurzeit so aus, als wenn die Finanzverwaltung von ihrer fiskalischen Auffassung abrücken müsste. Insbesondere für Geschäftsführer würde dies einen erheblichen Vorteil bedeuten.

Schon das FG Köln (Az: 1 K 1191/12) hat im letzten Jahr entschieden, dass Einzahlungen auf einem Zeitwertkonto zugunsten des Fremdgeschäftsführers einer GmbH nicht zum Zufluss von Arbeitslohn führen, wenn die Beträge in die von der Gesellschaft abgeschlossene Rückdeckungsversicherung eingezahlt werden und der Geschäftsführer bis zur Freistellungsphase keinen Anspruch auf Auszahlung der Versicherungssumme hat.

Hintergrund dieser Entscheidung ist die Verwaltungsauffassung im BMF-Schreiben vom 17.6.2009, wonach zwar grundsätzlich erst die Auszahlung des Guthabens vom Zeitwertkonto während der Freistellung ein Zufluss von Arbeitslohn auslösen soll, es davon jedoch auch Ausnahmen gibt: So soll bei Arbeitnehmern, die zugleich als Organ einer Körperschaft bestellt sind, bereits die Gutschrift des künftig fällig werdenden Arbeitslohns auf dem Zeitwertkonto zum Zufluss von Arbeitslohn führen. Mit anderen Worten: Schon allein bei der Gutschrift auf dem Zeitwertkonto hält der Fiskus die Hand auf.

Da insoweit die seinerzeitige Entscheidung des FG Köln gegen die geltende Verwaltungsauffassung widersprach, hat das Finanzamt Revision beim BFH (Az: VI R 17/16) eingelegt. Insoweit müssen sich die obersten Finanzrichter der Republik nun mit der Rechtsfrage beschäftigen, ob bereits die Gutschrift künftig fällig werdenden Arbeitslohns auf dem Zeitwertkonto zum Zufluss vom Arbeitslohn beim angestellten Organ einer Körperschaft führt.

Aktuell kann zu dieser Thematik (wie bereits berichtet) erneut aufgehorcht werden. Zwar ist das Verfahren noch nicht entschieden, jedoch ist mit nahezu identischer Formulierung der Rechtsfrage aktuell ein weiteres Verfahren (Az: VI R 39/17) beim BFH anhängig geworden. Die Luft für die Finanzverwaltung wird damit deutlich dünner, denn auch die Vorinstanz dieses Verfahrens wurde entgegen der oben genannten Verwaltungsauffassung entschieden. Klar und deutlich urteilt diesmal das Finanzgericht Baden-Württemberg in seiner Entscheidung vom 22.6.2017 (Az: 12 K 1044/15), dass die Gutschrift auf dem Zeitwertkonto auch beim Geschäftsführer als Organ einer Körperschaft noch nicht zu versteuern ist. Erst die Auszahlung von dem Zeitwertkonto führt zum steuerpflichtigen Arbeitslohn.

Die Richter aus Baden-Württemberg gehen dabei erfreulicherweise sogar noch einen Schritt weiter: Denn ihrer Entscheidung nach ist auch die Übertragung eines Guthabens auf einem Zeitwertkonto bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf einen neuen Arbeitgeber nicht steuerbar. Der neue Arbeitgeber tritt in solchen Fällen lediglich an die Stelle des bisherigen Arbeitgebers und übernimmt dessen Verpflichtung aus dem Wertguthaben im Wege der Schuldübernahme.

Selbst wenn der Betrag auf dem Zeitwertkonto verzinst wird, so sind die nach Ablauf des Ausgleichszeitraums ausgezahlten Zinsen keine Einkünfte aus Kapitalvermögen, sondern durch das Dienstverhältnis veranlasste Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit, die erst im Zeitpunkt der Auszahlung und nicht schon im Moment der Gutschrift auf dem Konto zu versteuern sind. Auch die aktuelle Entscheidung aus Baden-Württemberg ist daher ganz auf der Linie der Geschäftsführer und komplett entgegen der Verwaltungsauffassung im genannten BMF-Schreiben.

Insgesamt wird die Luft für die Verwaltungsauffassung deutlich dünner. Geschäftsführern, bei denen daher bereits die Gutschrift auf dem Zeitwertkonto versteuert wird, sollten unter Hinweis auf die beiden anhängigen Verfahren beim BFH sowie die positiven Vorinstanzen den eigenen Steuerfall mittels Einspruch offenhalten. Es ist zu hoffen, dass sich hier der BFH (mal wieder) gegen die Verwaltungsauffassung stellt.

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