Feststellungsverfahren bei Betrieb eines Blockheizkraftwerks durch Wohnungseigentümergemeinschaft

Kurz nach Beendigung meiner Ausbildung zum Diplom-Finanzwirt durfte ich innerhalb der Finanzverwaltung für einige Monate in einem Bezirk für die Besteuerung von Personengesellschaften aushelfen. Schon damals waren mir die verfahrensrechtlichen Fragen ein Gräuel. Wann ist eine Feststellungserklärung erforderlich? Was ist mit ausgeschiedenen Gesellschaftern? Wer ist – bei Streitigkeiten – empfangsbevollmächtigt?

Ein befreundeter Finanzbeamter berichtete mir vor Jahren von einem Fall, bei dem die Bewohner eines Altenheims gleichzeitig deren Gesellschafter waren. Da zwischenzeitlich viele von ihnen verstorben waren (zum Teil ohne ein Testament hinterlassen zu haben), mussten zu dem Verfahren mehr als 1.000 Personen beigeladen werden. Aktuell hat sich der BFH mit der Frage befasst, für wen bei einem Betrieb eines Blockheizkraftwerks durch eine Wohnungseigentümergemeinschaft ein Feststellungsverfahren durchzuführen ist. Danach gilt: Eine Wohnungseigentümergemeinschaft kann beim Betrieb eines Blockheizkraftwerks, mit dem Strom an einen außenstehenden Abnehmer geliefert wird, selbst gewerblich tätig sein. Daher begründet sie selbst ertragsteuerrechtlich eine Mitunternehmerschaft, für die das erforderliche Feststellungsverfahren durchzuführen ist, (BFH 20.9.2018, IV R 6/16). Der Annahme einer von den Wohnungseigentümern zusätzlich konkludent gegründeten GbR bedarf es nicht.

Im vom BFH entschiedenen Fall war eine Wohnanlage errichtet worden, zu der ein Blockheizkraftwerk gehörte, mit dem der eigene Wärmeenergiebedarf gedeckt werden sollte. Der außerdem erzeugte und nicht von den Wohnungseigentümern verbrauchte Strom wurde gegen Erhalt einer Vergütung in das Netz eines Energieversorgers eingespeist. Das Finanzamt war der Meinung, die Wohnungseigentümergemeinschaft unterhalte mit der Stromeinspeisung einen Gewerbebetrieb, und erließ gegenüber der Gemeinschaft einen Bescheid, mit dem gewerbliche Einkünfte festgestellt wurden. Hiergegen setzten sich die klagenden Eigentümer einer Wohnung zur Wehr. Sie meinten, der Bescheid sei rechtswidrig, weil nicht die Wohnungseigentümergemeinschaft, sondern allenfalls eine zusätzlich von den Eigentümern gegründete GbR hätte gewerblich tätig sein können. Im Übrigen sei der Gewinn auch zu hoch festgestellt worden, u.a. weil nicht die richtigen Folgen aus der Nutzung der selbst erzeugten Energie durch die Wohnungseigentümer gezogen worden seien.

Der BFH hat nun entschieden, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft infolge ihrer zivilrechtlichen Verselbständigung ähnlich einer Personengesellschaft steuerrechtlich als Mitunternehmerschaft anzusehen sein könne, soweit sie innerhalb ihres Verbandszwecks tätig werde. Die Lieferung von Strom halte sich jedenfalls dann innerhalb dieses Zwecks, wenn der Strom von einem eigenen Blockheizkraftwerk erzeugt werde, das vornehmlich der Erzeugung von Wärme für das Wohnungseigentum diene. Damit folgte der BFH nicht der zum Teil vertretenen Auffassung, eine Wohnungseigentümergemeinschaft könne nicht selbst eine Mitunternehmerschaft sein, sondern nur eine von den Wohnungseigentümern zusätzlich gegründete GbR. Daher sind die gewerblichen Einkünfte aus der Stromlieferung in einem eigenständigen Verfahren gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft, nicht aber gegenüber einer daneben bestehen GbR gesondert festzustellen. Die betreffende Steuererklärung habe der Hausverwalter abzugeben.

Ungeklärt blieb, von welchen Anschaffungskosten des Blockheizkraftwerks bei der Ermittlung des Gewinns Abschreibungen vorzunehmen waren. Dies hängt u.a. davon ab, in welchem Umfang die bei der Lieferung in Rechnung gestellte Umsatzsteuer als Vorsteuer vom Finanzamt erstattet werden konnte. Zur Ermittlung des richtigen Aufteilungsschlüssels verwies der BFH deshalb das Verfahren an das FG zurück.

Hinweis: Haben Sie vergleichbare Fälle, sollten Sie das aktuelle BFH-Urteil unbedingt studieren, auch wenn es nicht leicht verdaulich ist. Unter anderem befasst sich der BFH mit der Frage, ob eine Beiladung von mittlerweile ausgeschiedenen Wohnungseigentümern erforderlich ist. Vor allem aber erörtert er, in welchem Umgang überhaupt ein Vorsteuerabzug aus einem Blockheizkraftwerk möglich ist, wenn die erzeugte Energie – wie üblich – in erster Linie dem „Eigenverbrauch“ dient, also für unentgeltliche Wärmelieferungen an die Wohnungs- und Teileigentümer verwendet wird. Denn hier kann es angesichts des Zusammenspiels von § 4 Nr. 13 UStG und § 15 Abs. 4 UStG durchaus ein böses Erwachen geben. Und die Kläger in dem hier vorgestellten Verfahren werden sich wohl auch fragen müssen, was ihnen der Gang bis vor den BFH am Ende des Tages – außer Kosten – wirklich gebracht hat bzw. überhaupt bringen konnte.

Weitere Informationen:

BFH v. 20.09.2018 – IV R 6/16

 

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