Update: Führt eine Steuerfreiheit zur Steuerbelastung? Steuerfreie Jobtickets als Steuererhöhung nicht nur bei Bediensteten des Landes Hessen?

Seit dem Jahr 2018 erhalten Bedienstete des Bundeslandes Hessen, wie auch Arbeitnehmer manch anderer Arbeitgeber in Deutschland, kostenfrei ein Jobticket, genannt Landesticket. Das Landesticket berechtigt zur kostenfreien Nutzung des ÖPNV in Verkehrsverbünden Hessens, andere Jobtickets haben etwas eingeschränktere Geltungsbereiche. Für das Jahr 2018 hatte das Land Hessen die Pauschalversteuerung des geldwerten Vorteils aus dem Landesticket übernommen, was teils auch andere Arbeitgeber so handhaben. Beispielsweise Bedienstete des Landes Hessen hatten weder eine Steuerlast noch eine Kürzung der Entfernungspauschale zu tragen. Nun soll die Gewährung des Jobtickets für die Zukunft wieder steuerfrei gestellt werden, wie es in der Vergangenheit schon einmal geregelt war. Hierdurch könnten bei den Empfängern eines Jobtickets jedoch unerwünschte Steuereffekte eintreten.

Mit dem für das Jahr 2018 erstmals gewährten Landesticket konnte die hessische Landesregierung zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Einerseits konnte man den Bediensteten gegenüber die Vergünstigung hervorheben, was insbesondere im Hinblick auf Nullrunde und Minimalsteigerungen bei der Beamtenbesoldung in den Vorjahren positiv wirken sollte. Andererseits konnte man auch den umweltpolitischen Aspekt einer verstärkten Nutzung des ÖPNV betonen. Zahle einmal und profitiere politisch zweimal!

Um eine weitreichende Annahme des Landestickets zu erreichen, mussten die Bediensteten nach Information des Landes Hessen trotz pauschalierter Lohnsteuer keine Kürzung der Entfernungspauschale hinnehmen. Zwar liegen über die konkrete Ausgestaltung keine Informationen vor, jedoch ist anzunehmen, dass die Pauschalierung nach § 40 Abs. 1 EStG und nicht nach § 40 Abs. 2 Sätze 2 und 3 EStG erfolgt. Denn im zweiten Fall ergibt sich eine Kürzung der Entfernungspauschale.

Direkt vor der Landtagswahl hat man dann die Verlängerung des Landestickets für das Jahr 2019 bekanntgegeben. Damit schien zunächst alles beim Alten zu bleiben. Nicht ganz: Unter anderem das Land Hessen hatte die Wiedereinführung der Steuerbefreiung für Jobtickets angeregt. Das klingt erst einmal gut, weil damit den Arbeitnehmern etwas zugewendet wird. Andererseits kann man das als umweltpolitisch positive Maßnahme verkaufen, weil mehr Jobtickets auf den ersten Blick eine vermehrte Nutzung des ÖPNV erwarten lassen. Im Fall des Landes Hessen kann man fiskalpolitisch die Einsparung der Pauschalversteuerung hervorheben.

Die Kröte stellt die positiven Wirkungen aber wieder in Frage. Die Steuerfreiheit wird mit einer wohl umfassenden Kürzung der Entfernungspauschale erkauft. Was bedeutet das nun für die betroffenen Arbeitnehmer, hier am Beispiel der Landesbediensteten in Hessen, die bisher keine Kürzung der Entfernungspauschale erfahren mussten. Sie erhalten zwar weiterhin ein für sie kostenfreies Jobticket. Zugleich wird jedoch die Entfernungspauschale gekürzt. Um welchen Betrag, wird sich noch herausstellen.

Jedenfalls wirkt die Kürzung der Entfernungspauschale wie eine Steuererhöhung, sofern die Mitarbeiter bisher wegen der Pauschalierung nach § 40 Abs. 1 EStG eine solche Kürzung nicht tragen mussten. Klar, das Land oder andere Arbeitgeber sparen sich die Steuerbelastung. Aber Arbeitgeber und Arbeitnehmer oder Bedienstete sind nun einmal verschiedene Steuerpflichtige.

Ein Zugriff auf die Regelung zur Steuerfreiheit von Sachbezügen dürfte nicht helfen, weil einerseits das hessische Landesticket, wie einige Jobtickets, als Jahresticket gewährt wird, was grundsätzlich zum Zufluss des vollen Vorteils im Monat des Geltungsbeginns, also im Januar, führt. Damit wird die Freigrenze regelmäßig überschritten. Zum anderen dürfte die Steuerfreiheit die Nutzung der Freigrenze ohnehin fraglich erscheinen lassen.

Im Ergebnis muss sich jeder begünstigte Arbeitnehmer überlegen, wie er mit der Situation umgeht. Das gilt zumindest für diejenigen, die bisher keine Kürzung der Entfernungspauschale tragen mussten. In den anderen Fällen gilt die Überlegung schon immer. Nähere Infos, wie etwa das Land Hessen oder andere Arbeitgeber sich verhalten werden, liegen derzeit nicht vor.

Für Vielnutzer des Landestickets wird man eventuell die Kröte einer etwaigen Steuererhöhung schlucken und sich an der ansonsten kostenfreien Nutzung des ÖPNV freuen.

Wer aber das Landesticket wenig oder gar nicht nutzt, weil er oder sie außerhalb des Geltungsbereichs des Tickets wohnt, keine erträgliche ÖPNV-Verbindung findet oder im Einzelfall einfach lieber allein oder besser mit Mitfahrern einer Fahrgemeinschaft im Auto sitzt, sollte erwägen das Ticket zunächst nicht abzuholen und die weitere Entwicklung und Positionierung des Landes Hessen abwarten. Entsprechendes gilt für alle Empfänger eines vergleichbaren Jobtickets. Das führt dann ggf. wieder zu mehr Individualverkehr.

Der Politik sei zugerufen: Gut gemeint ist nicht immer gut gemacht!

Update 27.11.2018: Das hessische Finanzministerium vertritt die Auffassung, dass für das Landesticket 2019 wie für das Landesticket 2018 eine Kürzung der Entfernungspauschale nicht erfolge und eine Pauschalversteuerung durch das Land durchgeführt werde. Ob das auch für Jobtickets anderer Arbeitgeber gilt, sollte von den Betroffenen jeweils individuell geklärt werden. Bundesrat und Bund bzw. Bundestag arbeiten wohl an einer Lösung des geschilderten Steuererhöhungsproblems für die Zukunft.

Der guten Ordnung halber sei erwähnt, dass ich von einer Neuregelung persönlich betroffen bin.

Weitere Informationen im Experten-Blog:

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2 Gedanken zu “Update: Führt eine Steuerfreiheit zur Steuerbelastung? Steuerfreie Jobtickets als Steuererhöhung nicht nur bei Bediensteten des Landes Hessen?

  1. Ich sehe hier keine Verschlechterung für die Arbeitnehmer durch die geplante Gesetzesänderung. Denn schon nach derzeitiger Rechtslage (§ 40 Abs. 2 Satz 3 EStG) wird die Entfernungspauschale durch das pauschal besteuerte Jobticket gemindert.

    • Vielen Dank für den Kommentar. Tatsächlich ist die Ausgestaltung im Land Hessen so, dass nach Information des Landes bisher keine Kürzung der Entfernungspauschale erfolgt. Das hat sicher die Annahme des Tickets gefördert und zusätzliche Nutzer für den ÖPNV gewinnen lassen. Das war ja auch ein Ziel. Soweit sich das durch die Neuregelung ändert, ergibt sich dann die Steuererhöhungswirkung. Genau solche Gestaltungen hatte ich im Blickfeld. Bei einer Pauschalierung nach § 40 Abs. 2 EStG kann sich aber schon bisher anderes ergeben. Vor dem Hintergrund der allseits geforderten Verringerung des Individualverkehrs und angesichts des Umfangs bisher teils nutzlos verpuffender teurer Maßnahmen, wie etwa bei der sogenannten Energiewende zur CO2-Reduktion im Strombereich, wäre die Investition in eine „Überförderung“ von ÖPNV-Tickets vielleicht sinnvoll gewesen. Ausweislich des Plenarprotokolls wurde das wohl auch im Bundestag teils so gesehen. Ich habe Ihren Kommentar jedenfalls zum Anlass genommen, den Beitrag zu präzisieren.

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