Fußstapfentheorie mit Füßen getreten

Das FG Münster hat in jüngster Zeit zweimal die Anwendung der Fußstapfentheorie verneint. Die beiden Entscheidungen sind von enormer Tragweite und sollten in Fällen der vorweggenommenen Erbfolge beachtet werden. Im ersten Fall ging es um die Frage, ob ein „verbleibender Verlustabzug“ bei der unentgeltlichen Übertragung von GmbH-Anteilen auf den Erwerber übergeht oder ob insoweit § 8c KStG seine volle Wirkung entfaltet. Das FG Münster hat wie folgt entschieden: „Unter § 8c KStG fallen alle rechtsgeschäftlichen entgeltlichen oder unentgeltlichen Übertragungen, damit auch Anteilsübergänge im Wege der vorweggenommenen Erbfolge. Tz. 4 des BMF-Schreibens vom 4.7.2008 (BStBl. I 2008, 736) ist keine Grundlage für einen Anspruch auf Billigkeitserlass nach § 163 AO bei Übertragungen im Wege vorweggenommener Erbfolge, die nicht zu einer vom Zuwendenden angeordneten bzw. gesetzlich festgelegten Anrechnungspflicht auf die spätere Erbschaft (§ 2050 BGB) führen.“ Damit wendet sich das FG Münster sogar gegen die ausdrückliche Haltung der Finanzverwaltung (FG Münster v. 04.11.2015, 9 K 3478/13 F).

Im zweiten Fall ging es um Erhaltungsaufwendungen, die der Inhaber eines Vorbehaltsnießbrauchs nach § 82b EStDV auf mehrere Jahre verteilt hatte. Nach Beendigung des Nießbrauchs wollte der Eigentümer die noch nicht „verbrauchten“ Teile der Erhaltungsaufwendungen geltend machen. Doch auch hier macht das FG Münster einen Strich durch die Rechnung. Es urteilte wie folgt: „Erhaltungsaufwendungen, die der Nießbraucher nach § 82b EStDV auf mehrere Jahre verteilt hat, kann der Eigentümer nach Beendigung des Nießbrauchs innerhalb des Verteilungszeitraums nicht in Höhe des verbliebenen Teils als Werbungskosten geltend machen. … Eine ausdrückliche Regelung für die Überleitung von nach diesen Vorgaben intertemporal verteiltem Erhaltungsaufwand auf einen Einzelrechtsnachfolger existiert – insbesondere in § 82b Abs. 2 EStDV  nicht.“ (FG Münster v. 15.04.2016, 4 K 422/15 E; s. a. die Kommentierung von Gerling in NWB 2016, S. 1864)

In beiden Fällen wurde die Revision zugelassen, so dass eine endgültige Entscheidung noch aussteht. Dennoch ist im Zuge der Gestaltungsberatung Vorsicht angebracht. Im Zweifel bzw. nach Möglichkeit sollten Maßnahmen ergriffen werden, um Verluste oder Kosten noch bei den jeweiligen Rechtsvorgängern zu nutzen.

Weitere Infos:
FG Münster v. 04.11.2015, 9 K 3478/13 F
FG Münster v. 15.04.2016, 4 K 422/15 E

 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

49 − = 47