Garantiezusage eines Kfz-Händlers – Umsatzsteuer oder Versicherungssteuer?

Vor vielen Jahren war ich Redakteur einer Zeitschrift mit dem schönen Namen „Steuer-Erfahrungsaustausch Kraftfahrzeuggewerbe.“ Die Publikation gibt es übrigens noch heute. Sie heißt „Auto-Steuern-Recht.“ Seinerzeit war ein stetiges Thema die korrekte Versteuerung von Garantiezusagen für Gebrauchtwagen, die Anfang der 90er Jahre insbesondere durch einen Versicherer mit Sitz in Freiburg „auf den Markt“ kamen.

Noch heute beschäftigen die Versicherungen bzw. Garantiezusagen die Finanzgerichte. Aktuell hat der BFH geurteilt: Die entgeltliche Garantiezusage eines Kfz-Händlers ist keine unselbständige Nebenleistung zur Fahrzeuglieferung, sondern eine eigenständige Leistung. Mit einer Garantiezusage, durch die der Kfz-Verkäufer als Garantiegeber im Garantiefall eine Geldleistung verspricht, liegt eine Leistung aufgrund eines Versicherungsverhältnisses im Sinne des VersStG vor, die nach § 4 Nr. 10 Buchst. a UStG steuerfrei ist (BFH-Urteil vom 14.11.2018, XI R 16/17).

Der Sachverhalt kann hier leider nur kurz dargestellt werden, obwohl es in derartigen Fällen natürlich immer auf den genauen Vertragswortlaut ankommt und eine ausführliche Vorstellung eigentlich angebracht wäre. Ich versuche aber dennoch, den Fall möglichst „naturgetreu“ wiederzugeben: Die Klägerin betreibt ein Autohaus. Beim Verkauf von Kfz bot sie den Käufern an, eine erweiterte Gebrauchtwagengarantie gegen gesondert berechnetes Entgelt abzuschließen. Diese Garantiezusage war rückversichert über die X-S.A., Niederlassung Deutschland, die unter der Marke X-Warranty agierte. Sowohl das Garantiezertifikat als auch die Garantievereinbarung weisen die Klägerin als Garantiegeberin und den Käufer des Kfz als Garantienehmer aus. In den Garantiebestimmungen hieß es u.a.: „Die Reparatur wird durch den Garantiegeber oder einen anderen Kfz-Meisterbetrieb durchgeführt, vorrangig durch einen geeigneten Reparaturbetrieb aus X Service Netzwerk. … Im Garantiefall wird Ersatz für die erforderlichen Kosten einer Reparatur geleistet.“ Die Klägerin stellte gegenüber ihren Käufern als Garantienehmern über die Zusatzgarantie eine Rechnung ohne Ausweis von Umsatzsteuer, aber mit 19 Prozent Versicherungsteuer aus, die von diesen ihr gegenüber beglichen wurde. In ihren Umsatzsteuererklärungen behandelte die Klägerin die Entgelte für Garantiezusagen als steuerfrei.

Aufgrund einer Betriebsprüfung vertrat das Finanzamt die Ansicht, die Garantiezusage gewähre dem Kunden ein Wahlrecht zwischen Reparatur durch die Klägerin oder Reparaturkostenersatz und stelle eine unselbständige Nebenleistung zum Gebrauchtwagenkauf dar. Die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung seien nicht gegeben.

Der BFH hingegen sieht die Umsätze aus den Garantiezusagen der Klägerin als umsatzsteuerfrei an. Im vorliegenden Fall sei die Garantiezusage nicht lediglich eine Nebenleistung zum Fahrzeugverkauf; vielmehr habe die rückversicherte Garantieleistung des Verkäufers neben der Fahrzeuglieferung einen eigenen Zweck, so dass es sich um jeweils selbständige Leistungen handelt.

Zwar bestehe bei Vorliegen der Voraussetzungen eines Gewährleistungsanspruchs im Ergebnis für den Kunden ein Wahlrecht zwischen Mängelbeseitigung/Reparatur durch den Verkäufer und Inanspruchnahme der Reparaturkostenerstattung. Beide Ansprüche ergeben sich jedoch aus unterschiedlichen Rechtsgrundlagen: Der Mängelbeseitigungsanspruch ergäbe sich aus der Pflicht zur Sachmängelgewährleistung nach §§ 437, 434 BGB aufgrund des (selbständigen) Kaufvertrags. Dagegen ergäbe sich der Anspruch auf Reparaturkostenerstattung (eingeschränkt durch einen etwaigen Selbstbehalt) aus dem Garantievertrag immer, wenn der Mangel in der Garantiezeit auftritt. Ohne vorherige Aufforderung zur Nacherfüllung (nach Anzeige des Schadens und ggf. Einholung eines Kostenvoranschlags) könne eine Werkstatt ­– nach den Weisungen des Garantiegebers –mit der Reparatur beauftragt werden. Da Inhalt der Garantie somit ausschließlich die Leistung von Kostenersatz durch den Garantiegeber sei, komme es auf die Bestimmung eines prägenden Leistungsbestandteils im vorliegenden Fall mangels Leistungsbündels nicht an.

Hinweis: Der Fall ist abzugrenzen von dem Sachverhalt, über den der BFH mit Urteil vom 20.2.2010 entschieden hatte (BFH 10.2.2010, XI R 49/07, BStBl 2011 II S. 1109). Danach gilt: Die Garantiezusage eines Autoverkäufers, durch die der Käufer gegen Entgelt nach seiner Wahl einen Reparaturanspruch gegenüber dem Verkäufer oder einen Reparaturkostenersatzanspruch gegenüber einem Versicherer erhält, ist steuerpflichtig. Hier hat der BFH die so genannte „Leistungsbündel-Rechtsprechung“ angewandt. Das heißt: Die nach der Wahl des Kunden zu erbringende Leistung entweder des Händlers oder der Versicherung diente einem einheitlichen wirtschaftlichen Zweck, sodass die Verpflichtung zur Eigenreparatur und die Verschaffung des Versicherungsschutzes so eng miteinander verbunden waren, dass ihre Aufspaltung wirklichkeitsfremd gewesen wäre. Die Garantiezusage stellte sich damit aus der Sicht des Durchschnittsverbrauchers als eine einheitliche untrennbare Leistung dar, für die er auch einen einheitlichen Preis zu zahlen hatte. Im aktuellen Fall hingegen sah der BFH in der selbständigen Garantiezusage kein Leistungsbündel, das durch das Versprechen der Einstandspflicht des Händlers geprägt ist. Es handelte sich lediglich (ausschließlich) um das Versprechen der Kostenübernahme im Garantiefall. Für den Praktiker ist die Rechtsprechung, auch aufgrund der Vielfalt der Vertragsgestaltungen, zugegebenermaßen nicht leicht zu überblicken. Besonders erschwert wird die Beurteilung dadurch, dass zwar der Zivilrechtler die feinen Unterschiede der Garantiezusagen erkennen mag. Vom wirtschaftlichen Gehalt her, also aus Sicht der Kfz-Käufers, ergeben sich jedoch kaum Unterschiede. Dabei bemüht der BFH doch so gerne den „verständigen Dritten.“

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