Geringes Geschäftsführergehalt neben voller Pension im Einzelfall möglich

In der Praxis sind die Fälle relativ häufig anzutreffen, in denen ein GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführer auch bei Eintritt des Pensionsalters noch weiter tätig sein möchte. Hier stellt sich regelmäßig die Frage, ob und inwieweit dann das Ruhegehalt neben den aktiven Bezügen gezahlt werden darf. Insoweit gelten nach wie vor das BMF-Schreiben vom 18.9.2017 (IV C 6 – S 2176/074/10006, BStBl 2017 I S. 1293) und das BFH-Urteil vom 23.10.2013 (I R 60/12, BStBl 2015 II S. 413): „In der Auszahlungsphase der Pension führt die parallele Zahlung von Geschäftsführergehalt und Pension – sowohl bei einem beherrschenden als auch bei einem nicht beherrschenden – Gesellschafter-Geschäftsführer zu einer verdeckten Gewinnausschüttung, soweit das Aktivgehalt nicht auf die Pensionsleistung angerechnet wird.“

Doch ein aktuelles Urteil des FG Münster lässt zumindest im Einzelfall einen kleinen Silberstreif am Horizont erkennen (FG Münster 25.7.2019, 10 K 1583/19 K).

Zunächst noch einmal zu dem BFH-Urteil aus dem Jahre 2013, das wiederum eine ältere Entscheidung aus dem Jahre 2008 bestätigt (BFH 5.3.2008, BStBl 2015 II, 409). Hier zwei Zitate aus dem Urteil:

„Denn auch wenn die Altersrente Teil des Entgelts für die geleistete Arbeit und sie als solche, was die Vergangenheit anbelangt, „erdient” worden ist, so soll sie doch gleichwohl in erster Linie zur Deckung des Versorgungsbedarfs beitragen, regelmäßig also erst beim Wegfall der Bezüge aus dem Arbeitsverhältnis einsetzen.“

Und weiter:

„Der Senat hält daran fest, dass sich der ordentliche und gewissenhafte Geschäftsleiter an dieser typischen Sichtweise im Rahmen des hier anzustellenden hypothetischen Fremdvergleichs orientieren und dadurch verhindern wird, dass der Gesellschafter-Geschäftsführer die GmbH als beliebige Quelle sowohl einer Altersversorgung als auch einer laufenden Tätigkeit „benützt”.“

In meinem Blog-Beitrag „Geschäftsführeranstellung und Ruhegehalt: Würden auch Richter auf die Pension verzichten?“ habe ich diese Ansicht bereits kritisiert, da der Annahme des I. Senats meines Wissens nach keine empirischen Studien zugrunde liegen und daher ein „hypothetischer Fremdvergleich“, den der BFH gerne anwendet, gar keine Grundlage hat. Zumindest ist mir eine solche Studie nicht bekannt. Doch zurück zu dem Münsteraner Fall.

Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde: Ende 1994 erteilte die Klägerin ihrem Geschäftsführer eine Versorgungszusage. Im August 2010 wurde der Geschäftsführeranstellungsvertrag beendet, der Geschäftsführer abberufen und eine neue Geschäftsführerin bestellt. Der bisherige Geschäftsführer war zu diesem Zeitpunkt 68 Jahre alt. Im März 2011 dann die Wende: Die neue Geschäftsführerin wurde abberufen und der „Senior“ erneut zum Geschäftsführer bestellt. Die erneute Bestellung war aus rein wirtschaftlichen Gründen der Gesellschaft notwendig geworden. Die Klägerin schloss mit dem neuen Geschäftsführer einen Anstellungsvertrag. Als Vergütung erhielt der er einen „Anerkennungsbetrag“; die Pension wurde aber nicht gekürzt. Ein Außenprüfer vertrat die Auffassung, die in den Jahren ab 2012 geleisteten Pensionszahlungen seien als verdeckte Gewinnausschüttung zu behandeln.

Die hiergegen gerichtete Klage hatte Erfolg. Die Begründung des FG: Zwar bestehe auch bei späterer Neueinstellung der vom BFH angesprochene Zielkonflikt zwischen Versorgungsbezügen und Gehalt. Im vorliegenden konkreten Einzelfall sei aber zusätzlich einzubeziehen, dass die erneute Geschäftsführertätigkeit allein im Interesse der Klägerin erfolgte und das vereinbarte neue Geschäftsführergehalt letztlich nur ein Anerkennungsbetrag und kein vollwertiges Gehalt ist. Angesichts dieser Umstände des vorliegenden Einzelfalles und insbesondere des Umstandes, dass auf Betreiben der Klägerin zur Sicherung und Wiederherstellung ihres früheren wirtschaftlichen Erfolges der frühere Geschäftsführer wieder bestellt und angestellt wurde, hätten auch fremde Dritte eine Anstellung zu einem geringen Gehalt zusätzlich zur Zahlung der Pensionsbezüge vereinbart.

Das FG hat die Revision zugelassen. Das Verfahren ist bereits unter dem Az. I R 41/19 beim BFH anhängig.

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