Gesetzgeber will das das Gesetz zur Mitteilung von Steuergestaltungen „missbrauchen“

Fachautoren, die die derzeit geplanten steuerlichen Änderungen kommentieren oder vorstellen, müssen besonders wachsam sein. Wie wir alle wissen, lag seit längerer Zeit ein Regierungsentwurf des Gesetzes zur Förderung der Elektromobilität vor. Zwischenzeitlich gab es Änderungsanträge, die nicht mehr zählbar waren. Ende letzter Woche immerhin wurde dann das Ergebnis der Arbeit des Finanzausschusses präsentiert: 150 Seiten Beschlussempfehlungen plus 61 Seiten Bericht. Und der Bundestag hat das Gesetz entsprechend verabschiedet. So weit, so gut.

Plötzlich hagelt es zu Beginn dieser Woche weitere Änderungsanträge der Fraktionen von CDU/CSU und SPD – als hätte es die Einigung im Finanzausschuss niemals gegeben. Seltsam, aber nun gut: Das kann passieren und es ist das Recht des Bundestages und seiner Fraktionen.

Aber: Unterbringen will man die neuen Vorschläge allen Ernstes im Gesetz zur Einführung einer Pflicht zur Mitteilung grenzüberschreitender Steuergestaltungen. Es wird also ein Gesetz „missbraucht“, das mit den geplanten Änderungen rein gar nichts zu tun hat. Es geht beispielsweise um die Anerkennung oder Nichtanerkennung von Totalverlusten aus Wertpapiergeschäften oder um eine Änderung des Steuerberatungsgesetzes.

Insofern ist also höchste Vorsicht angebracht, wenn in den kommenden Wochen Gesetzestexte studiert werden. Da könnte der eine oder anderen dem Glauben unterliegen, dass beispielsweise Verluste aus Wertpapiergeschäften verrechenbar sind, um mit Schrecken festzustellen, dass in einem „artfremden“ Gesetz eine Regelung enthalten ist, die der Annahme zuwiderläuft. Vor allem wird es prekär, wenn eine Gesetzesbegründung zur Auslegung hinzugezogen wird, dabei aber unerkannt bleibt, dass der Gesetzgeber eben jener Begründung nur zwei Tage später in einem ganz anderen Gesetz widersprochen hat und plötzlich eine andere Auffassung vertritt. Wohl gemerkt: Derzeit sprechen wir nur vom Bundestag und noch nicht von der Länderkammer.

Wer dieses „Hin und Her“ erlebt, wundert sich, wenn Finanzrichter bei der Auslegung von Gesetzen zuweilen den gesetzgeberischen Willen heranziehen. Liebe Finanzrichter: Im Jahre 2019 gibt es im Steuerrecht keinen gesetzgeberischen „Willen“, sondern nur gesetzgeberisches Chaos. Denken Sie daran, wenn Sie eines Tages über die einzelnen Vorschriften urteilen müssen.

 

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