Gewerbesteuer-Hinzurechnung bei Reiseleistungen: BFH-Urteil liegt nun im Wortlaut vor

Bereits mehrfach habe ich zu dem Thema „Gewerbesteuer-Hinzurechnung bei Reiseleistungen“ gebloggt. Nun liegt das Urteil des BFH vom 25.7 2019 (III R 22/16) im Wortlaut vor, so dass es interessierte Berater und Reiseveranstalter genauer studieren können. Ich selbst erlaube mir zunächst, aus der aktuellen Pressemeldung des BFH zu zitieren:

Entgelte, die ein Reiseveranstalter an Hoteliers für die Überlassung von Hotelzimmern bezahlt, unterliegen nicht der gewerbesteuerrechtlichen Hinzurechnung.

Die Klägerin (Anmerkung: Es handelt sich um Frosch Sportreisen) ist als Reiseveranstalterin tätig und organisiert Pauschalreisen. Zu diesem Zweck schloss sie mit anderen Leistungsträgern im Inland und im europäischen Ausland Verträge über typische Reisevorleistungen, insbesondere Übernachtungen, Personenbeförderungen, Verpflegungen, Betreuungen und Aktivitäten im Zielgebiet.

Im Rahmen ihrer Gewerbesteuererklärung für 2008 nahm die Klägerin zwar Hinzurechnungen für von ihr geleistete Miet- und Pachtzinsen vor, jedoch nur hinsichtlich der von ihr angemieteten Geschäftsräume. Die an die Hoteliers gezahlten Entgelte blieben bei den Hinzurechnungen unberücksichtigt.

Das Finanzamt war dagegen der Auffassung, dass nicht insgesamt eine Hotelleistung „eingekauft“ werde, sondern ein Teil des an die Hoteliers bezahlten Entgeltes auf die „Anmietung“ von Hotelzimmern entfalle. Entsprechend erhöhte es den gewerblichen Gewinn um den gesetzlich vorgesehenen Teil dieser Mietzinsen. Das FG Münster entschied zunächst im Rahmen eines Zwischenurteils über verschiedene Rechtsfragen. Dabei gelangte es u.a. zu dem Ergebnis, dass in den von der Klägerin an die Hoteliers gezahlten Entgelten Mietzinsen enthalten seien und der betreffende Anteil bei der Hinzurechnung zu berücksichtigen sei.

Dagegen sah der BFH die Revision der Klägerin als begründet an. Die Hinzurechnung setze neben dem Vorliegen eines Miet- oder Pachtvertrages voraus, dass die gemieteten oder gepachteten Wirtschaftsgüter bei fiktiver Betrachtung Anlagevermögen des Steuerpflichtigen wären, wenn sie in seinem Eigentum stünden. Letzteres verneinte der BFH, da bei einer nur kurzfristigen Überlassung der Hotelzimmer auch nur eine entsprechend kurzfristige Eigentümerstellung der Klägerin zu unterstellen sei. Für die Zuordnung von Wirtschaftsgütern zum Anlage- oder dem Umlaufvermögen sei der konkrete Geschäftsgegenstand des Unternehmens zu berücksichtigen und – soweit wie möglich – auf die betrieblichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen abzustellen.

Insofern sei entscheidend, dass das Geschäftsmodell eines Reiseveranstalters wie der Klägerin typischerweise keine langfristige Nutzung der von den Hoteliers überlassenen Wirtschaftsgüter erfordere. Vielmehr diene die nur zeitlich begrenzte Nutzung der Wirtschaftsgüter dem Bedürfnis des Reiseveranstalters, sich ständig an dem Wandel unterliegende Markterfordernisse (wie z.B. veränderte Kundenwünsche oder veränderte Verhältnisse am Zielort der Reise) anpassen zu können.

Da das FG bislang nur durch Zwischenurteil über Einzelfragen entschieden hatte, ging die die Sache an das Finanzgericht zurück.

Hinweise

Das Urteil ist äußerst erfreulich, da der BFH mit großer Klarheit verdeutlicht, dass bei der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung die Geschäftsmodelle und damit die Frage, ob die bezogenen Leistungen dem Anlage- oder dem Umlaufvermögen zuzuordnen sind, eine entscheidende Rolle spielen. Insofern könnte die Entscheidung Signalwirkung für andere Unternehmen und Branchen haben. So geht es in dem BFH-Verfahren III R 15/19 um die Frage, ob Entgelte, die für die Anmietung von Messestandsflächen gezahlt werden, unter § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG fallen. Mein Kollege Ralph Homuth hat die Entscheidung der Vorinstanz bereits vorgestellt („Mieten für Messestand keine gewerbesteuerliche Hinzurechnung„).

Aber auch wenn der Ausgang des Verfahrens erfreulich ist, so hat die ganze Sache Teile der Reisebranche doch über Jahre belastet. Immerhin geht es um einen Fall aus dem Jahre 2008. Ich weiß nicht, wann die Betriebsprüfung stattgefunden hat. Aber man darf wohl annehmen, dass die Reisebranche nun sieben oder acht Jahre „zittern“ musste. Es wird nicht Wenige geben, die ihr Geschäftsmodell angesichts der drohenden Gewerbesteuerbelastung ernsthaft überdacht haben. Und somit bleibt das Fazit, dass die Finanzverwaltung der Branche, der es ohnehin nicht gut geht, immens geschadet hat, denn den wirtschaftlichen Verlust muss die Verwaltung natürlich nicht ausgleichen.

Übrigens lasse ich es mit an dieser Stelle nicht nehmen, an den Ex-Bundeswirtschaftsminister Gabriel zu erinnern, der in Kenntnis des Falles der Reisebranche seinerzeit Hilfe versprochen hatte. Er wollte sich kümmern. Darauf warten die Beteiligten noch heute. Gut, dass sich der BFH gekümmert hat.

Weitere Informationen:
BFH v. 25.07.2019 – III R 22/16

Lesen Sie zu diesem Thema auch meine Beiträge hier im NWB Experten-Blog:

 

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