Gewinne durch M&A von renditeschwachen Unternehmen – ein Aprilscherz?

Aktuell kann man von Bestrebungen lesen, Deutsche Bank und Commerzbank zu einem neuen deutschen Großinstitut zu vereinen. Dabei stellt sich die interessante Frage, inwieweit sich dadurch bilanzielle Gewinne allein durch eine M&A-Transaktion erzielen lassen.

Gerade, aber nicht nur deutsche Großbanken leiden in der Folge der Finanzkrise und eigener Fehler unter einer negativen Buchwert-Marktwert-Lücke. Die Börsenbewertung liegt unterhalb des bilanziellen Eigenkapitals. Unterstellt man, dass die Börsenbewertung einen guten Schätzer für den tatsächlichen Marktwert der Institute abgibt und der Buchwert des Eigenkapitals zutreffend den nach Bilanzierungsregeln ermittelten Saldo der Einzelwerte von Vermögensposten und Schulden wiedergibt, erscheinen die Bilanzen Überbewertungen anzuzeigen. Da für die Abbildung der einzelnen Bilanzposten der Gesamtwert des Unternehmens nur sehr eingeschränkte Bedeutung hat, ist das unvermeidlich und der Abschluss dennoch ordnungsgemäß.

Für den Zusammenschluss der beiden Kreditinstitute sind beispielsweise folgende 3 Varianten vorstellbar:

  • Die Deutsche Bank übernimmt die Anteile an der Commerzbank.
  • Die Commerzbank übernimmt die Anteile an der Deutschen Bank.
  • Die Anteile sowohl der Deutschen Bank als auch der Commerzbank werden von einer NewCo, einer für die Transaktion gegründeten neuen Gesellschaft, übernommen.

In allen Fällen müsste das übernehmende Unternehmen im Konzernabschluss das übernommene Vermögen und die Schulden jeweils mit dem beizulegenden Zeitwert ansetzen. Die Bilanzierung im Einzelabschluss hängt davon ab, ob ein share deal oder ein asset deal erfolgt.

Im Konzernabschluss oder beim asset deal im Einzelabschluss wird sich vermutlich aufgrund des niedrigen Marktwertes der Unternehmen ein sogenannter negativer Unterschiedsbetrag ergeben, weil der Kaufpreis unterhalb der Wertsumme des zu bilanzierenden Reinvermögens liegen dürfte. Dessen Höhe und Behandlung hängt davon ab, nach welchem Normen bilanziert wird. Im Konzernabschluss nach IFRS schreiben die Regelungen vor, zunächst die Bilanzierung von Vermögen und Schulden zu überprüfen und gegebenenfalls zu korrigieren. So könnte etwa Vermögen überbewertet sein oder Schulden könnten unterbewertet oder gar nicht erfasst sein. Ergibt sich nach der Korrektur immer noch ein negativer Unterschiedsbetrag, ist dieser nach IFRS sofort ergebniserhöhend einzubuchen. Bessere Erkenntnisse während des Folgejahres sind gegebenenfalls für nachfolgende Korrekturen zu nutzen.

Durch den Erwerb eines Unternehmens mit niedrigem Marktwert, was für schlechte Gewinnaussichten spricht, lassen sich auf diesem Weg sofort Gewinne nach IFRS generieren. Im Konzernabschluss nach HGB geht das nicht so einfach. Dort ist der negative Unterschiedsbetrag zunächst zu passivieren und erst später bei Eintritt der „Realisationsvoraussetzungen“ ertragswirksam aufzulösen. An den diesbezüglichen Interpretationen des DRSC kann man sicher auch Kritik üben, aber zumindest tritt keine sofortige Gewinnerfassung ein.

Kann man den zusätzlichen IFRS-Gewinn einfach ausschütten, um die Anteilseigner zu beglücken? Nein, die Gewinnausschüttung hängt immer noch vom Ergebnis und den frei verwendbaren Rücklagen im Jahresabschluss nach HGB ab. Erfolgt die M&A-Transaktion als asset deal und entsteht daraus ein negativer Unterschiedsbetrag, ist nach herrschender Meinung eine Abstockung der übernommenen Vermögensposten vorzunehmen. Nach anderer Auffassung ist auch im Jahresabschluss nach HGB ein passiver Unterschiedsbetrag anzusetzen. Beide Varianten führen jedenfalls zunächst zu einer erfolgsneutralen Behandlung des Unternehmenserwerbs. Nicht anders sieht es bei einem share deal aus, weil hier die erworbenen Anteile im handelsrechtlichen Jahresabschluss erfolgsneutral mit ihren Anschaffungskosten bewertet werden.

Wird also im Konzernabschluss nach IFRS ein Gewinn durch die Unternehmensübernahme generiert, kann dieser solange nicht ausgeschüttet werden, wie im handelsrechtlichen Jahresabschluss nicht aus anderen Quellen ausreichendes Ausschüttungspotenzial vorliegt. Was bleibt ist aber ein erhöhter Gewinn im IFRS-Abschluss, der ein zentrales Instrument zur Kapitalmarktkommunikation darstellt. Zwar sollte dem Leser eines solchen Konzernabschlusses aufgrund der Angaben und Erläuterungen transparent werden, woraus der Gewinn resultiert. Ob das aber immer zutreffend interpretiert wird, ist nicht sicher. Gerade bei Banken stellt sich zudem die Frage, ob ein durch die dargestellte Bilanzierung nach IFRS entstandener und den Rücklagen zugeführter Mehrgewinn dem aufsichtsrechtlichen Eigenkapital zugerechnet würde.

Losgelöst von der später tatsächlichen Bilanzierungssituation im Falle eines Zusammenschlusses der Institute erscheint die Erfassung eines negativen Unterschiedsbetrags nach IFRS als Gewinn mehr als fragwürdig. Den allgemeinen Prinzipien der Bilanzierung folgend entsteht ein Gewinn nicht aus der Beschaffung, worunter auch M&A-Transaktionen fallen, sondern aus der Veräußerung oder dem Halten von Bilanzposten. Insoweit können die IFRS-Regelungen in diesem Punkt in keiner Weise überzeugen: Übernehme ertragsschwache Unternehmen und werde dadurch ohne einen Handschlag zumindest kurzfristig ertragsstark. Leider kein Aprilscherz, sondern real existierender Bilanzierungsunsinn!

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