HONORAR – HORROR I

Wie jeder Steuerberater weiß, sind Vorschusszahlungen nach § 9 StBVV endabzurechnen. Doch was folgt daraus, wenn der Steuerberater dies gerade nicht gemacht hat und das Ganze erst Jahre später „hoch kommt“ – ein möglicher Honorarhorror.Gehen wir mal von einem häufigen Praxisfall aus. Der Steuerberater rechnet monatlich die Buchführung mit einem festen Betrag von z.B. € 300,00 als „Vorschuss“ ab. Dies geschieht jahrelang so, eine Endabrechnung erfolgt nie.

Nach § 9 Abs. 2 StBVV sind Vorschüsse in der Berechnung anzugeben. Nach § 7 wird die Vergütung des Steuerberaters fällig, wenn der Auftrag erledigt oder die Angelegenheit beendet ist. Der Steuerberater muss dann die Angelegenheit endabrechnen, hier also die Jahresbuchführung. Die Vorschusszahlung verliert ihre Rechtsgrundlage mit der Beendigung der Angelegenheit. Dies gilt selbstverständlich für alle Vorschusszahlungen und nicht nur für solche, die sich auf Buchführungsleistungen beziehen.

Streit gibt es häufig, wenn das Mandat beendet ist und der Berater wechselt. Hier mag der Mandant dann nach Jahren vom neuen Steuerberater erfahren, dass eine Vorschussleistung endabzurechnen ist. Der Mandant fragt sich dann vielleicht, ob er seine Zahlungen zurückverlangen kann, denn es fehlt der rechtliche Grund, die Berechnung nach § 9 StBVV.

Und tatsächlich besagt § 812 BGB, dass ein Bereicherungsanspruch entsteht, „wenn der rechtliche Grund später wegfällt“. Mangels Abrechnung ist der rechtliche Grund für die Vorschussleistung später weggefallen. Von der Gesetzessystematik hat der Mandant einen Rückzahlungsanspruch! Dies widerstrebt dem Gerechtigkeitsgefühl – nicht jedoch der Systematik des Gesetzes.

Nun weiß jeder Steuerberater, dass ein Anspruch verjähren kann; Honoraransprüche verjähren nach 3 Jahren. Doch wann beginnt die Verjährung?

Der Verjährungsbeginn in § 199 BGB geregelt. Zum regelmäßigen Verjährungsbeginn (bei einer anwaltlichen der Falschberatung) hat der BGH (06.02.2014 – IX ZR 217/12) entschieden, dass die Verjährung beginnt mit dem Schluss des Jahres,

„ – in dem der Anspruch entstanden ist und

– der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen …. Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste“.

Bisher genügte nach der Ansicht des BGH die Kenntnis des Tatbestandes. Nunmehr hat der BGH in dieser Haftungsentscheidung die Ansicht geäußert, dass der Mandant Kenntnis von solchen Tatsachen erlangen muss, aus denen sich für ihn – zumal er juristischer Laie ist – ergibt, dass der Rechtsanwalt von dem üblichen rechtlichen Vorgehen abgewichen oder er Maßnahmen nicht eingeleitet hat, die aus rechtlicher Sicht zur Vermeidung des Schadens erforderlich waren. Denn der Mandant dürfe sich auf die Fachkunde des Rechtsanwalts verlassen.

Auf unseren Fall bezogen bedeutet dies, dass der Mandant auch wissen muss, dass die Verpflichtung zur Aufstellung einer Endrechnung besteht und ansonsten die Rechtsgrundlage der Vorschussleistung entfallen ist.

Der Mandant erhält erst Jahre lang später die Kenntnis davon, dass Jahre zuvor eine Endabrechnungspflicht bestand. Erst Jahre später beginnt daher die Verjährungsfrist, eben ab dem Zeitpunkt der Kenntnis der objektiven und subjektiven Umstände. Aus diesen Gründen spricht sehr viel dafür, dass der Mandant die geleisteten Vorschusszahlungen mit Erfolg zurückverlangen kann.

Jetzt wird der Steuerberater sehr lebendig. Denn er erstellt die Abrechnungen für die vergangenen Jahre. Nach Ablauf der dreijährigen Verjährungsfrist ist dies jedoch zu spät!!!. Erbrachte Leistung können nur innerhalb der Verjährungsfrist abgerechnet werden. D.h. der Steuerberater kann nur für noch nicht verjährte Leistungen in den vergangenen drei Jahren eine ordnungsgemäße Abrechnung erstellen.

Wahrscheinliches Ergebnis:

Der Mandant kann möglicherweise jahre- und jahrzehntelang gezahlte Vorschussleistungen zurückverlangen, der Steuerberater darf nur noch nicht verjährte Jahre endabrechnen – der Honorar-Horror. Rechtsprechung ist dem Verfasser dazu nicht ersichtlich.

Was ist in solchen Fällen zu tun?

Es ist genau zu überprüfen, ob die gezahlten Leistungen wirklich Vorschüsse waren oder Teilbeträge einer formwirksamen Pauschalvergütung. Denn diese hätten dann Entgeltcharakter, für die § 9 StBVV Gültigkeit hat. Das hieße dann: „gerettet“.

Weitere Infos:

BGH, Urteil vom 6.2.2014 – IX ZR 217/12

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