Ist die Änderung eines KSt-Bescheids aufgrund falscher umsatzsteuerlicher Würdigung nach § 174 Abs. 4 AO möglich?

Darf das Finanzamt einen geänderten Körperschaftsteuerbescheid – der infolge einer falschen umsatzsteuerlichen Beurteilung auf einem geringeren Gewinn basiert – nach § 174 Abs. 4 AO ändern? Mit dieser Frage hatte sich nun das Finanzgericht Köln in seinem Urteil vom 21.02.2019 (10 K 1074/17) zu befassen.

Der Streitfall

Im Streitfall vermittelte eine GmbH (Klägerin) u. a. elektronische Versicherungsbestätigungen (eVB) für die Zulassung von Fahrzeugen. Bei einem Teil der eVB erfolgte keine Vermittlung an die Käufer von Fahrzeugen, sondern an andere Unternehmen. Die aus dieser Tätigkeit erzielten Einnahmen behandelte die Klägerin als umsatzsteuerfrei gemäß § 4 Nr. 11 UStG.

Im Rahmen einer für die Streitjahre 2011 und 2012 durchgeführten Betriebsprüfung behandelte das Finanzamt diese als umsatzsteuerpflichtig. Es erhöhte entsprechende die bisher erklärten Umsatzsteuerbeträge und minderte den Gewinn. Neben den geänderten Umsatzsteuerbescheiden ergingen somit auch geänderte Körperschaftsteuerbescheide.

Mit BFH-Urteil v. 24.7.2014 – V R 9/13 bestätigte der Senat zwischenzeitlich die Rechtsauffassung der Klägerin. Das Finanzamt half daher den Einsprüchen der Klägerin mit entsprechend geänderten Umsatzsteuerbescheiden ab. Es erließ allerdings auch für die Jahre 2011 und 2012 nach § 174 Abs. 4 AO geänderte Körperschaftsteuerbescheide, in denen die zuvor für beide Jahre durchgeführten Gewinnminderungen rückgängig gemacht wurden.

In einem neuen, nun gegen die geänderten Körperschaftsteuerbescheide gerichteten Einspruchsverfahrens vertrat die Klägerin die Auffassung, dass die Bescheide nicht nach § 174 Abs. 4 Satz 1 AO hätten geändert werden dürfen.

Das Urteil des Finanzgericht Köln

Das FG Köln wies die Klage ebenfalls als unbegründet ab. Der rechtlich zu würdigende Sachverhalt liegt in der Tätigkeit der Klägerin als Versicherungsmakler und der entgeltlichen Weitergabe von Blanko-Versicherungsbestätigungen. In dieser Tätigkeit sieht das FG Köln einen einheitlichen Lebensvorgang, der bei der Umsatzsteuer dazu führt, dass diese nach § 4 Nr. 11 UStG nicht erhoben wird. Gleichzeitig führt er bei der Körperschaftsteuer dazu, dass die hier zu erfassenden Einnahmen als Nettoeinnahmen zu behandeln sind.

Beide steuerlichen Folgerungen beruhen nach der Auffassung des FG Köln insoweit auf demselben einheitlichen Sachverhalt ohne das Erfordernis weiterer Sachverhaltselemente. Dabei ist unerheblich, dass die Folgeänderung nicht auf die gleiche Rechtsfolge gerichtet ist, bzw. dass unterschiedliche Steuerarten betroffen sind (BFH, Urteil v. 30.8.2007 – IV R 50/05, und BFH, Urteil v. 4.2.2016 – III R 12/14, vgl. Zugmaier/Nöcker/Lehnert, § 174 AO Rz. 43, Stand: 02.01.2019).

Nach Auffassung des FG Köln ist es hier insoweit ebenfalls unbeachtlich, dass es in den Umsatzsteuerbescheiden um die umsatzsteuerliche Behandlung dieser Tätigkeit und in den nach § 174 Abs. 4 AO zu ändernden Körperschaftsteuerbescheiden um die hieraus folgende Behandlung als Netto- oder Bruttoeinnahmen geht.

Fazit

Wer „A“ sagt, muss auch „B“ hinnehmen. Bereits die erste Änderung in Folge der Außenprüfung resultierte aus demselben „bestimmten Sachverhalt“, nämlich der umsatzsteuerlichen Beurteilung der Tätigkeit der Klägerin. Die Klägerin dürfte hier genau den Regelungszweck der Norm getroffen haben, nach der ein doppelter Vorteil (Verringerung der Umsatzsteuer plus Minderung der Körperschaftsteuer) vermieden werden soll.

Das Revisionsverfahren ist beim BFH unter dem Aktenzeichen XI R 5/19 anhängig.

Weitere Informationen:

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