Ist ein Vorsteuerabzug aus nicht ausgefüllten Bewirtungsbelegen möglich?

Ertragsteuerlich dürfen Aufwendungen für die Bewirtung von Personen aus geschäftlichem Anlass den Gewinn nicht mindern, soweit sie 70 Prozent der Aufwendungen übersteigen. Ist ein Vorsteuerabzug möglich, wenn die hierzu erforderlichen Angaben zum Ort, Tag, Teilnehmer und Anlass der Bewirtung sowie der Höhe der Aufwendungen fehlen? Über diese Frage hatte das Finanzgericht Berlin-Brandenburg in seinem Urteil vom 19.04.2019 (5 K 5119/18) zu entscheiden.

Der Streitfall

Der Kläger erzielte Einkünfte aus selbständiger Arbeit als Unternehmensberater und Dozent. Im Streitjahr erklärte er in seiner Umsatzsteuererklärung u.a. Vorsteuerbeträge in Höhe von 641,25 €, die auf vom Kläger getätigte Bewirtungsaufwendungen entfielen. Hierbei handelte es sich um Geschäftsessen mit Geschäftspartnern des Klägers.

Im Rahmen einer abgekürzten Außenprüfung gelangte der Prüfer zu der Auffassung, dass die geltend gemachten Vorsteuern im Zusammenhang mit den Bewirtungsaufwendungen nicht zu gewähren seien. Die entsprechenden Belege hierzu enthielten nämlich keine Eintragungen zum Anlass und den Teilnehmern der Bewirtung.

Der Beklagte (Finanzamt) folgte dieser Beurteilung und erließ einen entsprechend geänderten Umsatzsteuerbescheid für das Streitjahr 2013. Der hiergegen gerichtete Einspruch wurde als unbegründet zurückgewiesen.

Das Urteil des Finanzgericht

Das FG Berlin-Brandebburg bestätigte die Rechtsauffassung des Klägers; der Vorsteuerabzug im Zusammenhang mit den Bewirtungsaufwendungen ist vom Beklagten zu Unrecht versagt worden.

Nach § 15 Abs. 1a Satz 1 UStG sind nicht abziehbar Vorsteuerbeträge, die auf Aufwendungen, für die das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 bis 4, 7 oder des § 12 Nr. 1 des EStG gilt, entfallen. Dies gilt allerdings nicht für Bewirtungsaufwendungen, soweit § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG einen Abzug angemessener und nachgewiesener Aufwendungen ausschließt (§ 15 Abs. 1a Satz 2 UStG). Zum Nachweis der Angemessenheit sind Angaben zum Ort, Tag, Teilnehmer und Anlass der Bewirtung zu machen.

Die Frage, ob die (zeitnahe) Einhaltung der Formvorschriften des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG auch für den Vorsteuerabzug relevant ist, wird teilweise unterschiedlich beurteilt.

In der finanzgerichtlichen Rechtsprechung wurden bislang die Formvorschriften des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG auch für den Vorsteuerabzug für relevant erachtet; jedoch ohne Begründung. In der Folge wurde bei einem Verstoß der Vorsteuerabzug versagen sei (vgl. FG Münster, Urteil vom 28. November 2014 – 14 K 2477/12 E, U).

In der steuerrechtlichen Literatur wird die Bedeutung der Formvorschriften für den Vorsteuerabzug unterschiedlich beurteilt. Zum Teil wird die Auffassung vertreten, dass Vorsteuern, die auf angemessene, aber nicht in der von § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG verlangten Weise nachgewiesene Bewirtungsaufwendungen entfallen, nicht abziehbar seien (so Stadie, in Rau/Dürrwächter, UStG, 179. EL 10.2018, § 15 Rn. 1344). Nach anderer Auffassung kann ein Verstoß gegen die einkommensteuerrechtlichen Aufzeichnungspflichten für Bewirtungsaufwendungen (z.B. ein fehlender Bewirtungsbeleg) nicht zugleich zur Versagung des Vorsteuerabzugs führen; vielmehr sei allein entscheidend, ob die Bewirtungsaufwendungen nach allgemeiner Verkehrsauffassung als angemessen zu beurteilen seien (so Kies, in: UStG – eKommentar, Stand: 1.1.2015, § 15 Rn. 147; Looks, in: BeckOK UStG, Stand: 15.01.2019, § 15 Rn. 259.4).

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat über diese Frage bislang noch nicht ausdrücklich geurteilt. Er hat jedoch zu den ertragsteuerlich bestehenden besonderen Aufzeichnungspflichten gem. § 4 Abs. 7 EStG die Auffassung vertreten, dass ein Verstoß hiergegen den Vorsteuerabzug unberührt lasse, da eine derartige Einschränkung des Vorsteuerabzugs mit den unionsrechtlichen Vorgaben unvereinbar sei (vgl. BFH, Urteil vom 10. 02.2005 – V R 76/03, BStBl 2005 II S. 509).

Fazit

Das FG Berlin-Brandenburg schloss sich der Auffassung an, nach der ein Verstoß gegen die einkommensteuerrechtlichen Aufzeichnungspflichten für Bewirtungsaufwendungen nicht zugleich zur Versagung des Vorsteuerabzugs führen kann. Vielmehr sei allein entscheidend, ob die Bewirtungsaufwendungen nach allgemeiner Verkehrsauffassung als angemessen zu beurteilen seien.

Nach Kenntnissen der zuständigen NWB Redaktion wurde keine Revision eingelegt,  so dass das Urteil inzwischen rechtskräftig geworden ist.

Weitere Informationen:

FG Berlin-Brandenburg v. 09.04.2019 – 5 K 5119/18

Lesen Sie hierzu auch:

Rukaber, Vorsteuerabzug aus Bewirtungsaufwendungen, Umsatzsteuer direkt digital 14/2019 S. 12, NWB FAAAH-23036
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