Keine Anrechnung der Abfindung gemäß § 1a Kündigungsschutzgesetz auf das Arbeitslosengeld

Die Anrechnung von Abfindungen auf das Arbeitslosengeld anlässlich der Lösung des Arbeitsverhältnisses ist Gegenstand einer Entscheidung des BSG vom 08.12.2016 – B 11 AL 5/15 R).

Nach § 158 Abs. 1 Satz 1 SGB III ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld, wenn das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung der Kündigungsfrist des Arbeitgebers beendet wird und der Arbeitnehmer eine Abfindung, Entschädigung oder ähnliche Leistung erhält. Wird die ordentliche Kündigungsfrist des Arbeitgebers eingehalten, bleibt die Abfindung hingegen leistungsunschädlich.

In bestimmten Fällen ist die ordentliche Kündigung des Arbeitsgebers ausgeschlossen oder eingeschränkt. In solchen Fällen gilt nach § 158 Abs. 1 Satz 3 SGB III eine fiktive Kündigungsfrist von einem Jahr.

Im Streitfall des BAG war der Arbeitnehmer aufgrund des Tarifvertrages für Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften im Gebiet der BRD nur außerordentlich aus wichtigem Grund kündbar. Es galt daher die fiktive Kündigungsfrist von einem Jahr.

Der Arbeitgeber kündigte jedoch das Arbeitsverhältnis mit einer siebenmonatigen Kündigungsfrist und zahlte eine Abfindung gemäß § 1a KSchG. Die Vorschrift lautet:

Kündigt der Arbeitgeber wegen dringender betriebliche Erfordernisse nach § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG und erhebt der Arbeitnehmer bis zum Ablauf der Frist des § 4 Satz 1 KSchG (Anm: 3 Wochen) keine Klage auf Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, hat der Arbeitnehmer mit dem Ablauf der Kündigungsfrist Anspruch auf eine Abfindung. Der Anspruch setzt den Hinweis des Arbeitgebers in der Kündigungserklärung voraus, dass die Kündigung auf dringende betriebliche Erfordernisse gestürzt ist und der Arbeitnehmer bei Verstreichenlassen der Klagefrist die Abfindung beanspruchen kann.

Entgegen der Auffassung der Bundesagentur für Arbeit hat das BSG diese zur Leistungszahlung ohne Sperrfrist ab Beginn der Arbeitslosigkeit verpflichtet. Denn die Abfindung nach § 1a  KSchG sei weder eine Entlassungsentschädigung noch Arbeitsentgelt.

Im Ergebnis wird daher in solchen Fällen die Abfindung nicht auf das Arbeitslosengeld angerechnet.

Fazit:
Die Entscheidung hat über den Streitfall hinaus erhebliche Bedeutung. Sie kann auf entsprechende Fälle angewandt werden, wie bei Nichteinhalten der Kündigungsfrist bei Kündigungsgeschützen und Befolgung des  § 1a  KSchG wie z.B. bei Schwerbehinderten, Organmitglieder des Betriebsrats, Schwangeren etc. Anstatt problematischen Auflösungsverträgen könnten in Zukunft einvernehmliche Kündigungen nach § 1a KSchG anrechnungsfrei erfolgen. Beim Arbeitsgericht werden Abfindungsvergleiche auf der Grundlage der analogen Anwendung der §§ 9,10 KSchG geschlossen. In Zukunft ist auch eine analoge Anwendung des § 1a KSchG denkbar.

Weitere Informationen:

BSG vom 08.12.2016 – B 11 AL 5/15 R

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