Kind entführt – Zivilprozesskosten als außergewöhnliche Belastung absetzbar? (Teil 2)

Das Finanzgericht Düsseldorf hat einem geschiedenen Vater zu vermeintlich steuerlicher Gerechtigkeit verholfen: der Mann darf beträchtliche Prozesskosten zwecks Kindesumgang als außergewöhnliche Belastung geltend machen. Leider wird die Entscheidung wohl keinen Bestand haben.

Die Richter gaben der Klage auf steuerliche Anerkennung der Kosten statt. Zur Begründung führten sie im Wesentlichen an, dass der Zivilprozess die immaterielle Lebensgrundlage des Klägers sichern sollte. Eine Auslegung des Begriffs Existenzgrundlage als immaterielle Lebensgrundlage des Steuerpflichtigen, die den Kernbereich menschlichen Lebens berührt, sei nach Auffassung des Senats aus verfassungsrechtlichen Gründen geboten. Eine gesetzliche Regelung zur Abzugsfähigkeit von Prozesskosten als außergewöhnliche Belastung dahingehend zu deuten, dass eine solche verneint wird, wenn der Steuerpflichtige Gefahr liefe, seine immaterielle Lebensgrundlage zu verlieren, indem er seine ins Ausland entführte Tochter nicht wiedersehen würde, wäre ungerechtfertigt. Das folge im Hinblick darauf, dass nach Art. 6 Ab. 1 des Grundgesetztes Ehe und Familie unter einem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung stehen.

Inhaltlich ist die Entscheidung vollends zu begrüßen. Das ändert indes wenig daran, dass sie den Instanzenzug wohl nicht überleben wird. Denn in den „Scheidungs-Urteilen“ hat sich der Bundesfinanzhof klar dafür ausgesprochen, bei außergewöhnlichen Belastungen allein auf die wirtschaftliche und nicht die immaterielle Existenzgrundlage abzustellen. Anders als das Finanzgericht sehe ich auch keine Öffnungsklausel für besondere Fälle des Kernbereichs des menschlichen Zusammenlebens. Denn sonst hätten die Bundesrichter auch das Thema Scheidung noch anders beleuchten müssen. Auch hier entfaltet Art. 6 GG seine Ausstrahlungskraft, etwa wenn ein noch verheirateter Steuerpflichtiger wieder heiraten möchte. Sicher verfolgt die Finanzverwaltung die Revision. Etwas anders als die Aufhebung der Entscheidung aus Düsseldorf vermag ich mir nicht vorzustellen.

Abhilfe sollte nun eigentlich der Gesetzgeber schaffen. Allerdings ist ihm ja die aktuelle Situation gerade zu verdanken. Auf eine Rechtsänderung muss man sich daher keine Hoffnungen machen. Ob der Vater im Streitfall inzwischen wieder Umgang mit seinem Kind hat, ist hier nicht bekannt. Das ist dem Steuerrecht allerdings auch egal. Vermutlich wäre  die steuerliche Anerkennung der Kosten sogar leichter gewesen, wenn der Betroffene das Geld für die Prozesskosten direkt als Lösegeld gezahlt hätte.

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