Klingt gut, ist aber irreführend: „Schäuble will Bankgeheimnis faktisch abschaffen“ (2/2)

Gestern berichtete „wiwo.de“ exklusiv über den angeblichen Plan von Bundesfinanzminister Schäuble, das Bankgeheimnis „faktisch abzuschaffen“. Grundlage soll ein elf Punkte umfassender Diskussionsentwurf des BMF sein. Der geneigte Leser fragte ketzerisch: Gibt es überhaupt ein Bankgeheimnis in Deutschland? Die Antwortet lautete: nein. Nun berichten weitere Medien über den Entwurf- der Nebel lichtet sich etwas.

„Schäuble will deutsche Steuergesetze massiv verschärfen“

Inzwischen wurden die Planungen des BMF konkretisiert. So berichtet unter anderem „sueddeutsche.de“, Bundesfinanzminister Schäuble werde seinen vor zwei Wochen entwickelten Zehn-Punkte-Plan heute den Finanzministern der Länder vorlegen. Der Plan sei eine Reaktion auf die Enthüllungen durch die sog. „Panama Papers“. Es gehe ihm um die Bekämpfung von Steuerbetrug und Geldwäsche.

Exkurs: Die „Erkenntnisse“ der Panama Papers mit Blick auf deutsche Steuerpflichtige

Am 4.4.2016 befasste sich das Recherche-Team der „SZ“ mit den „Deutschen in den Panama Papers“ (siehe unten unter „Quellen“). Betroffen seien unter anderem „Bundesverdienstkreuzträger, Bordellkönige, Spitzenmanager, ein ganzes Bataillon von Adligen, Immobilienverkäufer“. Insgesamt hätten „viele Tausend Deutsche“ die Dienste der panamaischen Kanzlei in Anspruch genommen. Überwiegend habe man den Kontakt nicht direkt gesucht, sondern über Vermittler herstellen lassen.

Interessant: „sueddeutsche.de“ erwähnte auch eine Offshore-Variante, die „meist vor allem der Steuerersparnis“ dienen sollte. In diesem Kontext kann also gerade nicht von einem steuerstrafrechtlichen Sachverhalt gesprochen werden. Allerdings, so „sueddeutsche.de“ weiter, könne diese Variante auch dazu genutzt werden, „um Schwarzgeld einer Verwendung zuzuführen“. Dies wird man – allgemein betrachtet – nicht ausschließen können. Konkrete Belege für eine solche Verwendung wurden aber nicht angeführt.

Besonders bemerkenswert, damals jedoch nicht prominent im Text hervorgehoben: Soweit Deutsche in den Panama Papers erwähnt werden, ließe sich „allerdings nicht klären, ob sie wirklich das Finanzamt betrogen haben oder ob sie die Einkünfte deklariert haben; die Steuerbehörden geben dazu keine Auskunft“. Setzt man diese Aussage in den Gesamtkontext der Darstellung des Themas Panama Papers, kann man sich fragen, wo nun die Sensation der Enthüllungen liegen soll. Man könnte sogar den Eindruck gewinnen, das Rechercheteam bedauere dieses Ergebnis. Selbst auf Nachfrage bei einzelnen Betroffenen hin zeigte sich nämlich: „alles legal“.

Zum gegenwärtigen Stand sind damit in der Breite keine Enthüllungen erkennbar, die sich auf Steuerhinterziehungsmodelle von deutschen Steuerpflichtigen beziehen. Im Hinblick auf die übrigen Themen (zB Geldwäsche, Korruption, Sanktionsverstöße) mag, jedenfalls international gesehen, eine andere Bewertung angebracht sein.

In Anschluss an einen Beitrag von BFH-Präsident Prof. Dr. Rudolf Mellinghoff (DStJG Band 38, 2015, S. 2 f.) zum Thema „Vom Kavaliersdelikt zur konsequenten Strafverfolgung der Steuerhinterziehung“ lässt sich zusammenfassen:

„Heute scheint dagegen das Pendel in eine andere Richtung auszuschlagen. Nicht nur die Fälle eindeutig strafbaren Verhaltens werden angeprangert. Vielmehr werden grenzüberschreitende Gewinnverlagerungen global agierender Unternehmen, nicht verbotene Steuervermeidungsstrategien und unliebsame Steuergestaltungen in einem Atemzug mit der Bekämpfung der Steuerhinterziehung genannt. Hier vermischen sich steuerpolitische Gerechtigkeitsforderungen mit der Verurteilung strafbaren Unrechts.“

Der Zehn-Punkte-Plan von Bundesfinanzminister Schäuble

Zurück zum aktuellen Diskussionsentwurf, der heute den Finanzministern der Länder vorgelegt werden soll. Zentral sind wohl folgende Ansätze:

Die Meldepflichten von Banken und Steuerzahlern sollen „deutlich ausgeweitet“ werden. Steuerpflichtige müssten demnach anzeigen, wenn sie eine Briefkastenfirma im Ausland gegründet oder Anteile an dieser erworben haben. Der Verstoß hiergegen würde eine Ordnungswidrigkeit darstellen. Kreditinstitute müssten anzeigen, wenn sie Offshore-Geschäfte vermitteln. Banken, die dies unterlassen, müssten ebenfalls mit (nicht näher bezeichneten) Konsequenzen rechnen.

Auch dieMöglichkeiten der Steuerfahnder“ sollen wohl ausgeweitet werden. Sie dürften künftig jede Information zu Briefkastenfirmen, die den Betriebsprüfern bei einer Bank nebenbei in die Hände falle, dazu verwenden, auch die Kunden der Bank steuerlich zu überprüfen (bereits heute leiten Betriebsprüfer Auffälligkeiten weiter, vgl. auch § 10 BpO).

Die Finanzbehörden sollen zudem bei den Banken „großflächig abfragen“ dürfen, welche Kunden Briefkastenfirmen besitzen oder mit diesen Geschäftsbeziehungen unterhalten. Schäuble will dazu sogenannte „Sammel-Auskunftsersuchen“ ermöglichen (vgl. hierzu den Punkt „Sammelauskunftsersuchen sind ein alter Hut“ in Teil 1/2, siehe unter „Quellen“).

Zudem soll das Steuerstrafrecht (erneut) verschärft werden: Steuerhinterziehung über Briefkastenfirmen werde „als besonders schwere Steuerhinterziehung deklariert“ (damit dürfte eine Erweiterung des § 370 Abs. 3 AO gemeint sein), die künftig erst nach zehn Jahren verjähre (das ist bei § 370 Abs. 3 AO obligatorisch, vgl. § 376 Abs. 1 AO).

Ferner soll die Festsetzungsfrist bei nicht deklarierten Geschäftsbeziehungen zu Briefkastengesellschaften „flexibel werden“ (sic!; bereits heute findet sich eine Sonderregelung zum Beginn der steuerlichen Festsetzungsfrist, soweit Kapitalerträge betroffen sind, „die aus Staaten oder Territorien stammen, die nicht Mitglieder der Europäischen Union oder der Europäischen Freihandelsassoziation sind, und nicht nach Verträgen im Sinne des § 2 Absatz 1 oder hierauf beruhenden Vereinbarungen automatisch mitgeteilt werden…“, § 170 Abs. 6 AO).

 

QUELLEN

„Schäuble will deutsche Steuergesetze massiv verschärfen“ : Link (Abruf vom 28.4.2016)

„Bundesverdienstkreuzträger, Bordellkönige, Spitzenmanager – die Deutschen in den Panama Papers“: Link (Abruf vom 28.4.2016)

„Klingt gut, ist aber irreführend: „Schäuble will Bankgeheimnis faktisch abschaffen“ (1/2)“: Link.

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