Kommunen drehen 2019 an der Steuerschraube – Grundsteueraufkommen gestiegen

Auch in 2019 haben viele der 699 deutschen Kommunen mit mehr als 20.000 Einwohnern ihre Realsteuerhebesätze kräftig angehoben – auch bei der Grundsteuer, verbunden mit einem deutlichen Steuermehraufkommen. Dies ist das Ergebnis einer am 9.9.2019 vom DIHK veröffentlichten Hebesatzumfrage. Eine Analyse:

Hintergrund

Die Realsteuern (Gewerbesteuer, Grundsteuern A und B) bilden die wichtigste Finanzierungsquelle der Städte und Gemeinden. Allein bei der Grundsteuer geht es um jährliches Aufkommen von rund 14 Mrd. Euro bei den kommunalen Finanzkassen. Das Aufkommen, das ausschließlich den Kommunen zusteht, beeinflussen die Städte und Gemeinden Jahr für Jahr durch ihre Hebesätze, die sie aufgrund ihrer Finanzautonomie und orientiert an ihrem Finanzbedarf selbständig festsetzen. Die Kommunen selbst bestimmen damit also über die lokale Steuerbelastung von Gewerbebetrieben und Eigentümern landwirtschaftlich (Grundsteuer A) bzw. gewerblich oder privat genutzter Grundstücke (Grundsteuer B). Dank der guten Konjunktur in den zurückliegenden Jahren – und damit gestiegener Gewerbesteuermessbeträge, die Grundlage der Gewerbesteuer sind – ist das Realsteueraufkommen der Kommunen in 2018 um 5,9 Prozent gestiegen. Für 2019 gehen die kommunalen Spitzenverbände von einem Überschuss der Kommunen in Höhe von 5,6 Mrd. Euro aus.

Kommunen legen zu, Finanzierungsprobleme bleiben

Nicht nur die Gewerbesteuerhebesätze, sondern auch die Hebesätze der für private Grundeigentümer und für Unternehmen relevanten Grundsteuer B steigen in den Gemeinden ab 20.000 Einwohnern weiter: Im Jahr 2019 im Bundesdurchschnitt um drei Prozentpunkte auf nunmehr 539 Prozentpunkte. In den vorangegangenen fünf Jahren ist der Bundesdurchschnitt um 32 Prozentpunkte gestiegen. In 2019 nahm allein in 21 Kommunen der Hebesatz jeweils zwischen 30 und 50 Punkten zu, in zehn Gemeinden jeweils zwischen 50 und 100 Punkten. In sechs Gemeinden waren es sogar mehr als 100 Prozentpunkte.  .Absoluter Spitzenwert ist die Erhöhung um 395 Prozentpunkte in Offenbach (Hessen). Stuttgart (-100 Prozentpunkte) ist eine der rühmlichen Ausnahmen von insgesamt zehn Kommunen, die ihren Grundsteuerhebesatz 2019  gesenkt haben.

Mittlerweile haben 16 Städte mit mehr als 20.000 Einwohnern – drei mehr als 2018 – einen Grundsteuer B-Hebesatz von 800 Prozentpunkten und darüber, u. a. sind dies in NRW Schwerte (880), Hattingen (875), Duisburg (855 ), Overath (850 ), Unna (843 ) und Castrop-Rauxel (825 ). Aktuell führt Offenbach in Hessen die Hitliste der Hochsteuerkommunen mit einem Hebesatz von 995 Prozentpunkten an. Den niedrigsten Hebesatz weist seit Jahren Ingelheim mit 80 Prozentpunkten aus. Schon 20 Prozent der Gemeinden liegen mit dem Grundsteuer B-Hebesatz oberhalb des Bundesdurchschnitts, die meisten davon in Nordrhein-Westfalen. Nur die Gemeinden in Rheinland-Pfalz und in Sachsen-Anhalt liegen durchweg unter 539 Prozentpunkten.

Besonders stark angestiegen sind die Grundsteuer B-Hebesätze in diesem Jahr im Durchschnitt in Hessen, in Nordrhein-Westfalen, in Schleswig-Holstein und im Saarland. Die enorme Steigerung in Hessen ist zu einem wesentlichen Teil auf die überdurchschnittliche Steigerung des Hebesatzes in Offenbach zurückzuführen. Während das Saarland mit einer Zunahme von fünf Punkten auf 468 Prozentpunkte immer noch weit unter dem Bundesdurchschnitt von 539 Prozentpunkten liegt, ist Nordrhein-Westfalen mit der abermaligen Zunahme des durchschnittlichen gewogenen Hebesatzes um acht auf 593 Prozent unter den Flächenländern einsamer Spitzenreiter. Die regionale Wettbewerbsfähigkeit der kommunalen Standorte leidet, wenn die Unternehmen etwa Nachbarländern  wie Rheinland-Pfalz (gewogener Durchschnitt 434 Prozentpunkte) oder 464 Prozent in Niedersachsen (gewogener Durchschnitt 464 Prozent) bei vergleichbarer wirtschaftsnaher Infrastruktur wirtschaften können. Das zeigt folgender Grundsteuer-Belastungsvergleich des DIHK für eine typische mittelständische Kapitalgesellschaft mit einem Jahresgewinn von ca. 2 Mio. Euro und einem Einheitswert der Gewerbeimmobilie von 1,5 Mio. Euro:

Grundsteuer 2019

NRW              Niedersachsen        Rheinland-Pfalz            Baden-Württemberg

31.133  €       24.360 €                   22.785   €                      22.260€

Bewertung

Die Hebesatzentwicklung 2019 bei der Grundsteuer B zeigt, dass vor allem der Westen Deutschlands , der mit vielen wirtschaftsstrukturellen Problemen zu kämpfen hat, eine „Hochsteuerzone“ ist.

Kommunen mit überproportional hohen Hebesätzen bewegen sich damit in einem Teufelskreis: Einerseits sind sie auf auskömmliche Realsteuereinnahmen auch aus Grundsteuer angewiesen, um Finanzlöcher zu stopfen und die Aufgabenlast zu finanzieren; andererseits gefährden überhohe Hebesätze die Standortattraktivität und bergen die Gefahr der Abwanderung. Erst recht, wenn das Leistungsangebot etwa bei der infrastrukturellen Ausstattung trotz sinkender Zinslasten nicht mehr finanzierbar ist. In einer solchen Situation kommt es darauf an, dass Bund und Länder mithelfen, eine ausreichende Finanzausstattung der Kommunen sicherzustellen. Dazu zählt auch, dass vom Staat an die Kommunen delegierte Aufgaben auch vom Staat und Beachtung des Konnexitätsprinzips finanziert werden. Auch das ist ein wichtiger Aspekt in der derzeitigen Debatte über eine Grundsteuerreform, die das BVerfG bis Ende dieses Jahres angemahnt hat.

Weitere Informationen:


https://nwb-verlag.de/67801N/?et_sub=96907

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

− 1 = 1