Länderspezifische Berichterstattung über Gewinne und Steuerzahlungen: Idee ohne Umsetzung?

Hohe Gewinne, geringe Steuerzahlungen. Welcher Mittelständler träumt nicht davon? Multinationale Konzerne wie beispielsweise IKEA, Starbucks und Co. schaffen es, ihre Steuerlast zu minimieren. Die Thematik ist nicht neu. Die Empörung darüber auch nicht mehr. Sie kam auf, als die immense Staatsverschuldung einzelner EU-Länder aufgedeckt wurde. Nicht nur Griechenland, Italien und Co. haben eine sehr hohe Staatsverschuldung im Vergleich zum BIP – auch Deutschland gehört dazu. Offiziell ausgewiesen hat Deutschland derzeit ca. nur 2,2 Billionen Euro Schulden. Aber eben nur offiziell. Inoffiziell sind es viel mehr.

Durch die Steuervermeidung großer Konzerne entgehen den EU-Staaten schätzungsweise pro Jahr ungefähr 50 bis 70 Milliarden Euro. Mal abgesehen davon, dass ein Unternehmen sich nie über Steuerzahlungen freuen wird: Diese Steuereinnahmen werden dazu verwendet, die Infrastruktur und Bildung zu finanzieren, um nur einige Beispiele zu nennen. Schaut man sich alleine Straßen und Schulen in Deutschland an, so schämt man sich teilweise dafür. Verzweifelte Eltern und Unternehmer in der Region haben teilweise auf eigene Faust – und mit eigenem Geld – die Schulen renoviert. Und das in Deutschland wohlgemerkt.

Um mehr Transparenz beim Thema Steuerzahlung zu erreichen, wird seit einigen Jahren über die länderspezifische Berichterstattung multinationaler Konzerne diskutiert. In der EU-Kommission hat es der Entwurf der Richtlinie immerhin schon in die erste Lesung geschafft. Schon ist gut. Aber wenigstens passiert überhaupt etwas.

Demnach sollen multinationale Konzerne in einem jährlichen Bericht offenlegen, in welchen Ländern sie wie viel Gewinn erwirtschaften und welche Steuern in welchem Land bezahlt wurden bzw. noch bezahlt werden müssen. Das wäre doch mal wirklich transparent. Allerdings betrifft dies voraussichtlich nur Konzerne, die einen Jahresumsatz von mehr als 750 Mio. Euro erwirtschaften. Aus Sicht des Unternehmens handelt es sich um mehr Verwaltungsaufwand. Aber vielleicht können Steuer zahlende Unternehmen in Zukunft damit werben? Spätestens dann, wenn die Konsumenten ihre Kaufentscheidungen auf Basis von geleisteten Steuerzahlungen treffen, werden die Unternehmen reagieren. Klar, das geht nur, wenn es Wettbewerb gibt und das Unternehmen Produkte für den Endverbraucher produziert bzw. vertreibt. Aber zumindest ist es eine Möglichkeit.

Die neue Berichterstattung soll als Werkzeug gegen Gewinnverlagerung eingesetzt werden. Der derzeitige Steuerwettbewerb ist eine Art Gefangenendilemma: Die Staaten unterbieten sich gegenseitig in den Steuersätzen, um Unternehmen anzuziehen. Am Ende verlieren alle Staaten, denn durch die stetig sinkenden Steuereinnahmen können sie ihren bisherigen Aufgaben als Staat nicht mehr in dem Maße nachkommen wie bisher. Einfach gesagt: Weniger Steuereinnahmen bedeutet weniger Geld für Investitionen in Straßen und Bildung.

Es bleibt zu hoffen, dass die Idee der länderspezifischen Berichterstattung auch tatsächlich umgesetzt wird und es nicht bei der Idee bleibt. Auch wenn sie vorerst einen kleineren Kreis an Unternehmen betrifft. Ein kleiner Schritt ist besser als keiner.

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