Rechnungsabgrenzungsposten – eigentlich klar, aber immer wieder strittig

Im Gesetz ist die Frage der Bildung von Rechnungsabgrenzungsposten konkret geregelt. Man sollte meinen, dass darin für die Praxis kein Streitpotenzial läge. Weit gefehlt, muss sich doch auch der BFH immer wieder mit den RAP auseinandersetzen. Jüngst hatte sich der BFH mit der Frage zu befassen, ob das Entgelt für eine Unterlassungsverpflichtung passivisch abzugrenzen ist.

Im vorliegenden Fall hatte ein buchführender Landwirt vertraglich mit einem Zweckverband unter anderem vereinbart, auf einen Ausbau seines Schweinemast- bzw. Schweinezuchtbetriebs zu verzichten und keine Aussiedlung des Betriebs auf ein weiteres Betriebsgrundstück vorzunehmen. Auf diesem Grundstück sollte eine Biogasanlage errichtet werden. Eine Begrenzung der Schweinehaltung wurde durch die Festlegung einer Obergrenze von Muttersauen vorgenommen. Im Grundbuch wurde eine Dienstbarkeit eingetragen. An den Rechtsnachfolger des Landwirts bestand eine Weitergabeverpflichtung. Als Gegenleistung für die Verpflichtung des Landwirts, die Schweinehaltung begrenzt zu halten, sagte der Zweckverband dem Landwirt zu, ihn bei der geplanten Errichtung der Biogasanlage umfassend zu unterstützen. Der Zweckverband verpflichtete sich, dem Kläger zum Bau der Biogasanlage unabhängig von den anfallenden Kosten einen einmaligen Geldbetrag zu zahlen. Die Hälfte des Betrags war im Jahr 2005 und der Restbetrag innerhalb von 14 Tagen nach Erteilung der für den Bau und den Betrieb der Biogasanlage erforderlichen Genehmigung, jedoch nicht vor Ablauf eines Termins im Jahr 2006, zu zahlen, sofern der Landwirt mit dem Bau der Biogasanlage vor einem Termin im Jahr 2006 begann. Das Finanzamt lehnte die begehrte begünstigte Besteuerung nach § 34 Abs. 2 EStG ab, woraufhin der Landwirt die Passivierung eines Rechnungsabgrenzpostens durchsetzen wollte.

Der BFH hat die Bildung des RAP bestätigt und musste sich dabei mit einigen Bilanzierungsfragen auseinandersetzen.

Auf der Passivseite sind als Rechnungsabgrenzungsposten Einnahmen vor dem Abschlussstichtag auszuweisen, soweit sie Ertrag für eine bestimmte Zeit nach diesem Tag darstellen (§ 250 Abs. 2 HGB, inhaltlich entsprechend § 5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG). Daraus ergeben sich einige Fragen:

  • Welche Anforderungen bestehen an die vom Zahlungsempfänger zu erbringende Leistung?
  • Was sind Einnahmen in diesem Sinne?
  • Was ist eine bestimmte Zeit?

Bezüglich der Leistung des Zahlungsempfängers betont der BFH, dass es sich nicht um eine synallagmatische schuldrechtliche Leistung handeln müsse. Im Streitfall bestand die Verpflichtung des Landwirts im Unterlassen des Ausbaus oder der Aussiedlung seines Schweinezuchtbetriebs. Eine Rechnungsabgrenzung kommt aber nur soweit in Betracht, wie noch eine Verpflichtung des Zahlungsempfängers in der Zukunft besteht.

Den Begriff „Einnahme“ fasst der BFH traditionell weit und versteht darunter nicht nur den Zufluss von Bar- oder Buchgeld (Einzahlung), sondern auch die Aktivierung einer Forderung. Das deckt sich vordergründig mit dem betriebswirtschaftlichen Begriff der Einnahme. Der BFH stellt für den Ansatz der Forderung primär auf das Realisationsprinzip ab (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB): „Dies ist der Fall, wenn eine Forderung entweder rechtlich bereits entstanden ist oder die für die Entstehung wesentlichen wirtschaftlichen Ursachen im abgelaufenen Geschäftsjahr gesetzt worden sind und der Kaufmann mit der künftigen Entstehung der Forderung fest rechnen kann. … Ohne Bedeutung für die Gewinnrealisierung ist, ob am Bilanzstichtag die geltend gemachten Ansprüche noch abgerechnet werden müssen oder die Forderung erst nach dem Bilanzstichtag fällig wird.“ Im Urteilsfall ging der BFH von der Erfüllung der Voraussetzungen für den Ansatz einer Forderung im Wirtschaftsjahr 2005/2006 (Abschlussstichtag 30.6.2006) aus.

Der auf die Unterlassungspflicht entfallende Betrag stellt nach Auffassung der Finanzrechtsprechung eine Einnahme dar, der noch eine künftige Verpflichtung des Landwirts gegenübersteht. Da es sich bei der Unterlassungsverpflichtung um eine zeitabhängige Gegenleistung handelt, kommt es zum Ansatz eines passiven Rechnungsabgrenzungspostens, sofern der Einnahme die Gegenleistung für eine „bestimmte Zeit“ gegenübersteht. Keine Rolle spielt dabei, dass dem Landwirt aus seiner Unterlassungsverpflichtung keine Kosten entstehen. „Vielmehr bestand für den Kläger rechtlich und wirtschaftlich eine qualitativ gleich bleibende Dauerverpflichtung, mit Vertragsabschluss und auch zukünftig den Schweinemastbetrieb auf der Hofstelle nicht über den bisherigen Umfang hinaus zu erweitern und auf den Aussiedlungsgrundstücken gar keine Schweinemast zu betreiben.“

Zu lösen war noch das Problem der „bestimmten Zeit“, denn eine Frist für die Unterlassungsverpflichtung war nicht vereinbart. Damit ergab sich eine unendlich laufende Unterlassungsverpflichtung. Die bestimmte Zeit wird als ein kalendermäßig festgelegter oder berechenbarer Zeitraum verstanden. Hier hat der BFH keinerlei Probleme: „Eine ´bestimmte Zeit´ kann auch eine immerwährende Zeit sein, wenn der Steuerpflichtige eine zeitlich nicht begrenzte Dauerleistung zu erbringen hat.“ Die passive Rechnungsabgrenzung wird dann auch noch mit dem Realisationsprinzip untermauert.

Fraglich bleibt dann noch der Auflösungszeitraum des RAP. In erstaunlicher betriebswirtschaftlicher Einsicht stellt der BFH fest: Die „…empfangene Einnahme für die Dauerverpflichtung… kann als Kapitalwert einer Jahresvergütung auf unbegrenzte Zeit aufgefasst werden. Rechnerisch ist sie wie ein auf bestimmte Zeit gezahltes Nutzungsentgelt zu behandeln.“ Erstaunlich ist dann aber die Auflösung des RAP über 25 Jahre, wie vom Landwirt vertreten. Gemessen an den vorhergehenden Ausführungen des BFH hätte man den passivierten Betrag eigentlich über einen unendlichen Zeitraum verrenten müssen. Außer einem Verweis auf frühere Rechtsprechung wird eine Begründung für den Zeitraum von 25 Jahren aus dem Urteil nicht deutlich: „Der Senat ist vielmehr der Auffassung, dass unter den im Streitfall gegebenen Umständen eine Verteilung der Einnahme auf 25 Jahre sachgerecht ist.“

Die Passivierung im Urteilsfall erscheint grundsätzlich sachgerecht, weil die Unterlassungsverpflichtung tatsächlich als eine noch ausstehende zeitabhängige Gegenleistung gesehen werden kann. Zwei Dinge können jedoch Befremden auslösen. Einerseits ist der großzügige Umgang mit dem Begriff „bestimmte Zeit“ diskutabel. Ist ein Fristende weder festgelegt noch sachgerecht schätzbar, wird der Wortlaut des Gesetzes reichlich überdehnt, wenn man dennoch eine bestimmbare Zeit unterstellen möchte. Das fällt der Rechtsprechung auch sogleich auf die Füße, weil bei Fehlen einer bestimmbaren Zeit letztlich eine Willkürentscheidung über den Auflösungszeitraum für den RAP getroffen werden muss.

Im Urteilsfall wird leider nicht ganz deutlich, ob der RAP bereits gegen eine Forderung eingebucht oder die Zahlung bei Einbuchung des RAP schon beim Landwirt eingegangen war. Angesichts auch anderer BFH-Judikatur ist ersteres nicht auszuschließen. Das würde bedeuten, man hätte „Forderung an passiven RAP“ gebucht. Das erscheint aber widersprüchlich, setzt doch die Einbuchung der Forderung nach dem Realisationsprinzip die Leistungserbringung voraus, wohingegen die Einbuchung des passiven RAP dem Ausstehen der Leistungserbringung geschuldet ist. Beides zugleich geht nicht. Damit ist der Wortlaut des Gesetzes, der auf Einnahmen abstellt aus der Sache heraus einzugrenzen auf Einzahlungen. Es wäre toll, wenn das auch vom BFH akzeptiert würde.

Weitere Hinweise:
BFH, Urteil vom 15.02.2017 – VI R 96/13

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