Steuerstrafverfahren trotz Fehlers des Beraters?

Nach wie vor bin ich erstaunt und überrascht, in wie vielen Fällen steuerstrafrechtliche Ermittlungen aufgenommen werden, obwohl den falschen Angaben und somit der falschen Steuerfestsetzung ein Fehler des Beraters vorausgegangen ist bzw. dieser ursächlich ist. Die Finanzverwaltung beruft sich dann stets darauf, dass man zwar Verständnis habe, aber letztlich habe der Mandant die Steuererklärung unterschrieben und er hätte den Fehler erkennen müssen. Das ist natürlich weltfremd und auch der BFH hatte schon im Jahre 2013 entschieden (BFH 29.10.2013, VIII R 27/10):

Der Steuerpflichtige darf im Regelfall darauf vertrauen, dass der Steuerberater die Steuererklärung richtig und vollständig vorbereitet, wenn er diesem die für die Erstellung der Steuererklärung erforderlichen Informationen vollständig verschafft hat. Er ist grundsätzlich nicht verpflichtet, die vom Steuerberater vorbereitete Steuererklärung in allen Einzelheiten nachzuprüfen. Dem Steuerpflichtigen kann das leichtfertige Handeln des Steuerberaters weder nach straf- oder bußgeldrechtlichen noch nach steuerrechtlichen Grundsätzen zugerechnet werden.“

Das Urteil ist im BStBl 2014 II S. 295 veröffentlicht worden und daher von der Finanzverwaltung zu berücksichtigen. Zugegebenermaßen ist der BFH in Strafsachen zwar nicht die richtige „Adresse“. Ich denke aber dennoch, dass hier die steuerliche Würdigung bezüglich der Frage der Festsetzungsverjährung in Steuerstrafrecht hineinstrahlt.

Um Missverständnissen vorzubeugen: Natürlich spreche ich nicht davon, dass Angaben vorsätzlich falsch vorgenommen worden sind und letztlich auch der Steuerberater getäuscht wurde. Es geht vielmehr um die Fälle der leichtfertigen Steuerverkürzung. Beispiel: Eine Schuldzinsenaufteilung für ein gemischt-genutztes Haus (30 Prozent Eigennutzung / 70 Prozent Fremdvermietung) wird seit Jahren im Verhältnis 30:70 vorgenommen; es ist sogar eine Excel-Datei bei den Mandantenunterlagen hinterlegt. Eines Tages ändert sich die Aufteilung in 50:50, aber der Bearbeiter in der Kanzlei wendet weiterhin seine bisherige Excel-Formel an, nach dem Motto „Hoch lebe der Vorgang“ (das Vorjahr). Ich denke, derartige Beispiele gibt es viele.

Leider erkenne ich – ungeachtet des oben genannten BFH-Urteils – eine Tendenz der Finanzämter, die Fälle der Straf- und Bußgeldsachenstelle zu melden. Wie sind Ihre Erfahrungen?

Weitere Informationen:

Spernau,  Leichtfertige Steuerverkürzung durch Fehler des Steuerberaters, NWB Nr. 9/2014 S. 624 (für Abonnenten kostenfrei)

BFH v. 29.10.2013 – VIII R 27/10

 

Ein Kommentar zu “Steuerstrafverfahren trotz Fehlers des Beraters?

  1. Hallo, ich kann dies nur bestätigen. Im vergangenen Jahr habe ich beim FA für die Mandantschaft für 5 unverjährte Jahre eine Korrektur nach § 153 AO auf Grund eines Fehlers unseres Büros beantragt (obwohl sogar die letzten 7 Jahre fehlerhaft waren). Nach Abgabe des Antrags habe ich noch mit dem Veranlagungsbezirk telefoniert und den Sachverhalt geschildert. Trotzdem wurde eingeleitet.
    Bei meinem Anruf beim Strafsachen-FA habe ich erneut den Hergang geschildert und gefragt, was dieses angressive Vorgehen soll und ob z.B. Die Möglichkeit des § §153 AO oder einer Ordnungswidrigkeit gar nicht geprüft würden. Aussage: „Bei der Anzahl der Jahre und der Höhe.“ Als ich anschließend fragte, ob mir der Fahnder denn dann mal den Unterschied zwischen § 153 AO, Ordnungswidrigkeit und Steuerhinterziehung erklären könnte, konnte er dies nicht und blockte ab mit den Worten: “Bei der Anzahl der Jahre und der Höhe.“
    Später konnte man in der Akte lesen, die Aussagen des StB wären eine Schutzbehauptung. Nach Beiziehung einer großen deutschen renommierten Kanzlei wurde der Fall nach § 153 Ao erledigt – was auch richtig ist.
    Warum also nicht gleich so?

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