Ausgleichsbeschränkung bei Aktienverlusten und die Tücke mit dem Vorläufigkeitsvermerk

Traue niemals einem Vorläufigkeitsvermerk – so lautete die Überschrift eines meiner Blog-Beiträge aus dem Jahre 2019. Ich wollte sie nicht einfach wiederholen, doch passt sie meines Erachtens gut auf den aktuellen Vorläufigkeitsvermerk zur Ausgleichsbeschränkung bei Aktienverlusten.

Zum Hintergrund: Verluste aus der Veräußerung von Aktien dürfen nicht mit allen positiven Kapitalerträgen und schon gar nicht Gewinnen aus anderen Einkunftsarten verrechnet werden, sondern nur mit Gewinnen aus dem Verkauf von Aktien (§ 20 Abs. 6 Satz 4 EStG; früher Satz 5). Dies gilt für Aktien, die seit dem 1.1.2009 erworben wurden (§ 52 Abs. 28 Satz 11 EStG).

Nach Auffassung des BFH bewirkt die Vorschrift des § 20 Abs. 6 EStG aber eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung, weil sie Steuerpflichtige ohne rechtfertigenden Grund unterschiedlich behandelt, je nachdem, ob sie Verluste aus der Veräußerung von Aktien oder aus der Veräußerung anderer Kapitalanlagen erzielt haben. Eine Rechtfertigung für diese Beschränkung sieht er nicht. Daher hat er das Bundesverfassungsgericht angerufen (BFH-Beschluss vom 17.11.2020, VIII R 11/18). Nun verfügt das BMF, dass Steuerbescheide, in denen der Verlustausgleich bei Aktienveräußerungen streitig ist, in dem betreffenden Punkt vorläufig ergehen. Steuerpflichtige müssen also keinen Einspruch gegen die entsprechenden Steuerbescheide einlegen (BMF-Schreiben vom 31.1.2022, IV A 3-S 0338/19/10006 :001).

Betroffene Anleger sollten aber Obacht walten lassen: Weiterlesen