Berufsbildungsrecht wird modernisiert – Bundesrat billigt BBiMoG

Der Bundesrat hat am 29.11.2019 der vom Bundestag beschlossenen Reform der beruflichen Bildung für höher Qualifizierte zustimmt. Sie soll die Attraktivität der dualen Ausbildung stärken, sie damit zum Studium wettbewerbsfähiger machen und so dem Fachkräftemangel entgegenwirken. Allerdings fordert der Bundesrat in einer Entschließung eine Überprüfung des Freistellungsanspruchs für Auszubildende.

Hintergrund

Ich hatte bereits im Vorfeld der Bundesratssitzung über den wesentlichen Reforminhalt des vom Bundestag am 24.10.2019 beschlossenen BBiModG berichtet (Gestern Meister, morgen Bachelor Professional – Bundestag verabschiedet Novelle zum Berufsbildungsgesetz). Das seit Jahren unveränderte BBiG musste in etlichen Bereichen modernisiert und veränderten Anforderungen in der dualen beruflichen Ausbildung Rechnung tragen, die weltweit als mustergültiges Ausbildungssystem gelobt wird. Die Anpassungen waren vor allem von den Organisationen der wirtschaftlichen Selbstverwaltung getrieben, aber auch von den Gewerkschaften.

 

Kernpunkte

  • Mindestvergütung für Azubis:
    Auszubildende erhalten künftig eine gesetzlich festgeschriebene Mindestvergütung. Das gilt sowohl für betriebliche als auch für außerbetriebliche Ausbildungen. Nach dem Beschluss des Bundestages beträgt die Mindestvergütung im ersten Ausbildungsjahr monatlich 515 Euro, 2021 erhöht sie sich auf 550 Euro, 2022 auf 585 Euro und 2023 auf 620 Euro. Im weiteren Verlauf der Ausbildung steigt die Mindestvergütung: um 18 Prozent im zweiten Jahr, um 35 Prozent im dritten und um 40 Prozent im vierten Ausbildungsjahr. Das Belastungsvolumen für die Ausbildungsbetriebe beträgt rund 57 Mio. Euro.
  • Neue Abschlussbezeichnungen:
    Die Abschlussbezeichnungen der höheren Berufsbildung ändern sich. Künftig sollen die beruflichen Fortbildungsstufen „Geprüfte Berufsspezialistin“ bzw. „geprüfter Berufsspezialist“, „Bachelor Professional“ und „Master Professional“ heißen. Bezeichnungen wie Betriebswirtin, Wirtschaftsfachwirt oder Fachkauffrau sollen dann entfallen. Meisterinnen und Meister dürfen sich zusätzlich „Bachelor Professional“ nennen. Mit den englischen Bezeichnungen soll die internationale Anschlussfähigkeit deutscher Bildungsabschlüsse gesichert werden.
  • Teilzeitausbildung erweitert:
    Es wird einfacher, Ausbildungen in Teilzeit zu absolvieren. Bisher ist dies nur für leistungsstarke Auszubildende zulässig, die alleinerziehend sind oder Angehörige pflegen. Künftig wird dies auch für z.B. Geflüchtete, lernbeeinträchtigte Menschen sowie Menschen mit Behinderung möglich sein. Voraussetzung für eine Ausbildung in Teilzeit ist aber die Zustimmung des Ausbildungsbetriebs. Weitere Verfahrenserleichterungen für die Auszubildenden dienen vor allem dem Abbau unnötiger Bürokratie.
  • Freistellungsanspruch von Auszubildenden:
    Der Freistellungsanspruch von Auszubildenden wird gestärkt. So müssen sie beispielsweise nicht mehr am Tag vor ihrer schriftlichen Abschlussprüfung im Betrieb arbeiten gehen.

Entschließungsantrag des Bundesrates

Der Bundesrat möchte allerdings den Freistellungsanspruch überprüft wissen:In einer begleitenden Entschließung vom 29.11.2019 äußert er sich kritisch zur Neuregelung des Freistellungsanspruchs. Der Bundesrat gibt zu Recht zu bedenken, dass dadurch vor allem kleine und mittlere Unternehmen nicht unerheblich belastet werden. Die Bundesregierung bittet er deshalb, die Regelung zwei Jahre nach Inkrafttreten (also nach Ablauf des 31.12.2022) zu evaluieren.

Daneben plädiert der Bundesart für die Einführung eines nationalen Bildungsregisters. Hierdurch ließen sich nach Ansicht der Länder Ausbildungsverläufe innerhalb des Systems der dualen Bildung vollständig erfassen, was derzeit unmöglich ist. Hierin sehen die Länder einen erheblichen Mangel für die Planung und Ordnung der Berufsbildung. Die Bundesregierung muss bei Befassung mit der BR-Entschließung nun entscheiden, ob sie das Anliegen der Länder aufgreift. Feste Fristen gibt es dafür nicht.

Bewertung und Ausblick

Nach Unterzeichnung und Verkündung im Bundesgesetzblatt treten die Neuregelungen zum 1.1.2020 in Kraft. Auf Arbeitsebene der nach dem BBiG „zuständigen Stellen“, insbesondere den Handwerkskammern und Industrie- und Handelskammern, müssen jetzt im jeweiligen Satzungsrecht die Aus- und Forbildungsordnungen an das BBiMoG angepasst werden.

Das BBiMoG setzt wichtige Impulse, um die berufliche Bildung attraktiver zu machen und zu stärken. Die neuen Abschlussbezeichnungen „Bachelor Professional“ und „Master Professional“ werden das Bewusstsein stärken, dass berufliche und akademische Bildung gleichwertig sind und unterstreichen die Praxisnähe und besonderen Fähigkeiten von Industriemeistern, Fachwirten oder Bilanzbuchhaltern. Das wird hoffentlich den Unternehmen helfen, ihren Bedarf an beruflich qualifizierten Fachkräften besser zu decken. Zu begrüßen ist auch, dass ein Teil der Prüfungen künftig von zwei statt drei Prüfern abgenommen werden kann, um die ehrenamtlichen Prüferinnen und Prüfer nicht über Gebühr zu belasten. Damit das erfolgreiche, ehrenamtliche Prüfungsmodell in der beruflichen Bildung fortgesetzt werden. Noch besser wäre es allerdings, wenn diese Regelung für alle praktischen Prüfungen greifen würde, hier muss das Gesetz zeitnah nachgebessert werden, um flächendeckend rechtssichere Prüfungen zu gewährleisten.

Leider schöpft das BBiMoG noch nicht die Möglichkeiten aus, die die Digitalisierung inzwischen bietet. Es schränkt etwa die zeitgemäße und effiziente Kommunikation zwischen IHKs, Azubis und Betrieben weiterhin ein und verhindert z.B. die elektronische Übermittlung von Daten oder ein komplett digitales Berichtsheft. Das sollte der Gesetzgeber baldmöglichst in Angriff nehmen.

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