Erste Tätigkeitsstätte oder aus zwei mach eins

In den letzten Monaten hat der BFH mehrfach zum Vorliegen einer ersten Tätigkeitsstätte geurteilt, nun auch bei einem Gerichtsvollzieher. Ich möchte Ihnen das Urteil kurz vorstellen und vorweg sagen, dass ich die Entscheidung in der Sache zwar einerseits nachvollziehen kann, mich andererseits aber angesichts der Argumentation ein gewisses Unbehagen beschleicht, denn der BFH schafft es, aus zwei Tätigkeitsstätten eine zu machen und folglich den Abzug von Fahrtkosten nach Dienstreisegrundsätzen zu verweigern (Urteil vom 16.12.2020, VI R 35/18). Weiterlesen

Probandenhonorare für medizinische Studien sind steuerpflichtig – aber in welcher Höhe?

Bei der Entwicklung von neuen Medikamenten und Impfstoffen sind klinische Studien mit Probanden unerlässlich. Als Zeit- und Aufwandsentschädigung erhalten die Probanden eine Vergütung. Die Steuerpflicht der Probandenhonorare hat das Finanzgericht Rheinland-Pfalz jüngst im Urteil vom 18.03.2021 – 4 K 1017/20 bestätigt.

Der Streitfall

Die Klägerin hatte im Streitjahr 2017 für die Teilnahme an drei klinischen Studien (eine Creme und zwei Medikamente) Vergütungen in Höhe von insgesamt 7.275 € zuzüglich Fahrtkostenpauschalen erhalten. Für den Fall studienbedingter Verletzungen war zugunsten der Probanden eine Probandenversicherung abgeschlossen.

Das Finanzamt erlangte in einer Kontrollmitteilung Kenntnis von der Probandenvergütung. Die Einnahmen wurden als Einkünfte aus Leistungen gem. § 22 Nr. 3 EStG der Besteuerung unterworfen. Hiergegen wandte sich die Klägerin im Einspruchsverfahren mit der Begründung, dass es sich um nicht steuerbares Schmerzensgeld für gesundheitliche Beeinträchtigungen handele. Darüber hinaus blieb streitig, ob von den Einnahmen Werbungskosten in Höhe der Entfernungspauschale oder nach Reisekostengrundsätzen für die Fahrten zum Sitz des studiendurchführenden Unternehmens abzuziehen seien.

Entscheidung des Finanzgerichts Weiterlesen

Vorfälligkeitsentschädigung auch beim Surrogat nicht abziehbar

Immer wieder trifft man auf die Auffassung, dass die Vorfälligkeitsentschädigung gegebenenfalls bei einer Surrogat-Investition als Werbungskosten berücksichtigt werden kann. Dies ist jedoch falsch bzw. überholt. Weiterlesen

Sind Umzugskosten abzugsfähig, wenn Homeoffice nach dem Umzug möglich wird?

Rechtsprechung: Kostenabzug erfordert Fahrzeitverkürzung durch Umzug

Die berufliche Veranlassung eines Wohnungswechsels wird nach ständiger Rechtsprechung anerkannt, wenn durch ihn eine erhebliche Verkürzung der Entfernung zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte eintritt. Eine erhebliche Fahrzeitverkürzung ist dabei anzunehmen, wenn sich die Dauer der täglichen Hin- und Rückfahrt insgesamt um mindestens eine Stunde ermäßigt.

Wenn der Umzug das Homeoffice erst ermöglicht

Im Schlepptau der Corona-Pandemie ist die (teilweise) Tätigkeit im Homeoffice unfreiwillig stärker in das Blickfeld von Arbeitgebern und Arbeitnehmern gerückt worden. Das politisch kontrovers diskutierte „Recht auf Homeoffice“ dürfte diese Entwicklung weiter vorantreiben. Da in der bisherigen Wohnung regelmäßig kein ungenutzter Raum vorhanden ist, in dem ein häusliches Arbeitszimmer eingerichtet werden könnte und das Homeoffice – in einer Arbeitsecke oder am Küchentisch – vielleicht nur mit Kompromissen funktioniert, dann wird bei der Wahl einer neuen Bleibe häufig auch die Umsetzbarkeit eines heimischen Arbeitsplatzes erwogen werden.

Können Umzugskosten demnach allein wegen der beabsichtigten Einrichtung eines Homeoffice beruflich veranlasst – und damit steuermindernd abziehbar – sein? Weiterlesen

Steuerliche Berücksichtigung einer Vorfälligkeitsentschädigung

Unter der Überschrift „Vorfälligkeitsentschädigung auch beim Surrogat nicht abziehbar“ berichtete ich über den häufig vertretene Irrtum, dass die Vorfälligkeitsentschädigung bei einer Surrogat-Investitionen abziehbar ist. An dieser Stelle soll jedoch mehr damit beschäftigt werden, wann eine steuerliche Berücksichtigung der Vorfälligkeitsentschädigung in Betracht kommt.

Soweit der Veräußerungsvorgang selbst als privates Veräußerungsgeschäft steuerpflichtig ist, kommt ein Abzug der Vorfälligkeitsentschädigungen nämlich in diesem Zusammenhang in Betracht (s. Schallmoser in Blümich, § 21 EStG Rz 279; Trossen, NWB 2014, 2319/für Abonnenten kostenfrei). Bei Immobilienveräußerung kommt daher die steuermindernde Berücksichtigung der Vorfälligkeitsentschädigung im Rahmen des privaten Veräußerungsgeschäftes in Betracht. Ist die Zehnjahresfrist jedoch abgelaufen, können entsprechende Kosten nicht mehr steuermindernd berücksichtigt werden. Allenfalls kann eine Vorfälligkeitsentschädigung dann noch Berücksichtigung finden, wenn im Einzelfall ein gewerblicher Grundstückshandel gegeben ist, der jedoch regelmäßig verhindert werden soll. Weiterlesen

Doppelte Haushaltsführung: Neue Nichtbeanstandungsgrenze des BMF

Am 25.11.2020 hat das BMF ein sehr umfangreiches Schreiben zur steuerlichen Behandlung der Reisekosten von Arbeitnehmern erlassen (BMF v. 25.11.2020 – IV C 5 – S 2353/19/10011 :006). Zugegebenermaßen ist momentan wohl nicht die richtige Zeit, sich durch 135 Randziffern und jede einzelne Änderung durchzuarbeiten. Und sicherlich ist auch nicht jede Änderung von großem Interesse. Auf einen Punkt möchte ich aber aufmerksam machen: Er betrifft die Kosten der doppelten Haushaltsführung.

Im Jahre 2019 hat der BFH entschieden, dass Aufwendungen für notwendige Einrichtungsgegenstände zusätzlich zum Höchstbetrag von monatlich 1.000 Euro für die Wohnungsnutzung abziehbar sind (BFH 4.4.2019, VI R 18/17). Das BMF erkennt dieses Urteil nun allgemein an, führt aber in Rz. 108 zusätzlich aus: Weiterlesen

Homeoffice-Pauschale bei verschiedenen Einkünften des Steuerpflichtigen

Üben Steuerpflichtige eine – oder auch mehrere – nebenberufliche Tätigkeiten aus, so erzielen sie regelmäßig auch verschiedene Einkunftsarten. Einkommensteuerlich wirft dies für verausgabte Aufwendungen die Frage auf, ob diese mit einer der Tätigkeiten zusammenhängen und daher (anteilig) als Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben abgezogen werden können. Oder die Aufwendungen hängen mit mehreren Tätigkeiten zusammen und sind dann zur Berücksichtigung bei den verschiedenen Einkunftsarten aufzuteilen. Für die neu eingeführte Homeoffice-Pauschale könnte diese Problemstellung auftreten, wenn in der eigenen Wohnung während des Lockdowns verschiedenen beruflichen Tätigkeiten nachgegangen worden ist.

Häusliches Arbeitszimmer bei verschiedenen Einkünften

Für das häusliche Arbeitszimmer geht das BMF-Schreiben vom 06.10.2017, BStBl I S. 1320, Rz. 19, in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BFH davon aus, dass die Aufwendungen entsprechend dem Nutzungsumfang den darin ausgeübten Tätigkeiten zuzuordnen sind. Wenn das häusliche Arbeitszimmer nicht den Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit bildet, wird ein Höchstbetrag von 1.250 € gewährt. Kosten, die auf die verschiedenen Tätigkeiten im Arbeitszimmer entfallen, können anteilig insgesamt bis zum Höchstbetrag abgezogen werden.

Oder einfach ausgedrückt: Der Höchstbetrag von 1.250 € kann bei mehreren Tätigkeiten im häuslichen Arbeitszimmer nicht vervielfacht werden. Das erscheint auch folgerichtig, da die zwar die Betriebskosten auch von der Intensität der Wohnungsnutzung abhängen, sich die Raumkosten aber nicht aufgrund zweier verschiedener Tätigkeiten im Arbeitszimmer verdoppeln.

Höchstbetrag der Homeoffice-Pauschale mehrfach zu gewähren?

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Fahrten zur Arbeit: Was gilt denn eigentlich bei Unfallkosten?

Ende 2019 hat der BFH zu Ungunsten der Steuerpflichtigen entschieden, dass sich die Abgeltungswirkung der Entfernungspauschale im Grundsatz auch auf Unfallkosten erstreckt, soweit es sich um Aufwendungen des Arbeitnehmers für „die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte“ handelt (BFH-Urteil vom 19.12.2019, VI R 8/18, BStBl 2020 II S. 291). Anders ausgedrückt: Unfallkosten sind nicht abziehbar, wenn sich der Unfall auf dem Weg zur Arbeit ereignet hat.

Immerhin hat der BFH Krankheitskosten im Zusammenhang mit einem Wegeunfall zum Abzug zugelassen. Danach gilt. Erleidet ein Steuerpflichtiger auf dem Weg zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte einen Unfall, kann er die durch den Unfall verursachten Krankheitskosten als Werbungskosten abziehen. Solche Krankheitskosten werden nicht von der Abgeltungswirkung der Entfernungspauschale erfasst.

So weit, so klar. Oder? Nein, ganz und gar nicht. Weiterlesen

Ausbildung zum Rettungshelfer während des Zivildienstes rettet Werbungskostenabzug nicht

Bekanntermaßen sind Kosten einer Erstausbildung steuerlich nur als Sonderausgaben anziehbar und laufen damit in schöner Regelmäßigkeit ins Leere. Eine Ausnahme gilt für eine Ausbildung im Rahmen eines Dienstverhältnisses. Das Bundesverfassungsgericht hat unter anderem dem Piloten in aller Ausführlichkeit erklärt, dass sie nicht für ihren Beruf, sondern fürs Leben gelernt haben, auch wenn ihre Ausbildung 80.000 Euro oder mehr gekostet hat. Das ist ein tröstlicher Gedanke für alle Piloten während der Corona-Pandemie (bitte entschuldigen Sie meinen Sarkasmus).

Gut fährt – und fliegt – hingegen, wer zum Beispiel vor der Pilotenausbildung eine Erstausbildung absolviert hat. Dann führen die Kosten der Zweitausbildung zu Werbungskosten und „Verluste“ sind gegebenenfalls in Folgejahre vorzutragen.

Zu Beginn des Jahres 2015 hat der Gesetzgeber in § 9 Abs. 6 EStG Mindeststandards für die Annahme einer Erstausbildung gesetzt. Eine Berufsausbildung als Erstausbildung liegt danach nur dann vor, wenn eine geordnete Ausbildung mit einer Mindestdauer von zwölf Monaten bei vollzeitiger Ausbildung und mit einer Abschlussprüfung durchgeführt wird. Weiterlesen

Kann der Arbeitgeber die Homeoffice-Pauschale steuerfrei auszahlen?

Auf den letzten Drücker hat der Gesetzgeber die Homeoffice-Pauschale verabschiedet. Nun stellt sich die Frage, wie die Neuregelung steueroptimal genutzt werden kann.

Ein Pro und Contra-Beitrag von Rechtsanwalt Matthias Trinks und Lohnsteuer-Außenprüfer Jan-Philipp Muche.

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