Umsatzsteuer und die „kurze Zeit“

Bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG und der Einnahme-/Überschussrechnung sind Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten grundsätzlich in dem Kalenderjahr abzusetzen, in dem sie geleistet worden sind. Bei wiederkehrenden Vorgängen gelten Ausnahmen. Dazu zählen Ausgaben, die der Steuerpflichtigen kurze Zeit nach Beendigung des Kalenderjahres (zehn Tage) getätigt hat, als in dem Kalenderjahr abgeflossen, zu dem sie wirtschaftlich gehören (§ 11 Abs. 2 Satz 2 EStG).

Besonderes Augenmerk ist dabei regelmäßig auf Umsatzsteuervorauszahlungen zu richten, die als Betriebsausgabe ebenfalls diesen Regelungen unterliegen, wie im aktuellen Urteilsfall.

Der Sachverhalt – worum geht es?

Im Urteilsfall hat die Klägerin die Vorauszahlung zur Umsatzsteuer für Dezember 2014 am 08.01.2015 (Donnerstag) geleistet und – unter Bezug auf § 11 Abs. 2 Satz 2 EStG – als Betriebsausgabe im Jahr 2014 geltend gemacht.

Das Finanzamt erkannte den Betriebsausgabenabzug nicht an. Es vertrat die Auffassung, dass diese Vorschrift nicht anzuwenden sei, da sowohl die Zahlung als auch die Fälligkeit innerhalb des Zehn-Tages-Zeitraum fallen müssten. Die Zahlung ist innerhalb des Zeitraums erfolgt, aber es fehlte schließlich an der Fälligkeit. Diese habe sich – da der 10.01.2015 ein Samstag war – gemäß § 108 Abs. 3 AO auf den nächsten Werktag, und somit auf Montag, den 12.01.2015 verschoben. Damit lag die Fälligkeit außerhalb des Zeitraums.

Fiktion, keine Frist – so das Urteil!

Mit seinem Urteil gab der BFH der Klägerin Recht, bestätigte das Urteil der Vorinstanz (Thüringer FG v. 27.01.2016, 3 K 791/15) und gewährte den Betriebsausgabenabzug für 2014 (BFH  v. 27.06.2018 – X R 44/16).

Nach dem Urteil des BFH ist für die Frage der Fälligkeit alleine auf die gesetzliche Frist des § 18 Abs. 1 Satz 4 UStG abzustellen und nicht auf eine mögliche Verlängerung der Frist nach § 108 Abs. 3 AO. Diese Verlängerung sei nach dem Urteil im Zusammenhang mit § 11 Abs. 2 EStG nicht anwendbar, da es sich um eine Zufluss- und Abflussfiktion, nicht aber um eine Frist handele. Die Frage nach einer Verlängerung erübrigt sich hiernach.

Mit seiner Entscheidung wendet sich der BFH somit gegen die Verwaltungsanweisung (vgl. H 11 zu § 11 EStG, Stichwort Allgemeines, „Kurze Zeit“).

Hinweise:

Das Urteil ist immer dann von Bedeutung, wenn der 10. Januar auf einen Sonnabend oder Sonntag fällt, das nächste Mal somit im Januar 2021.

Beim BFH ist hierzu unter dem Aktenzeichen VIII R 10/18 noch ein weiter Fall des FG München v. 07.03.2018, 13 K 1029/16 anhängig.

Weitere Informationen:

3 Gedanken zu “Umsatzsteuer und die „kurze Zeit“

  1. Eine Katastrophe für die Praxis. Liebe BFH-Richter: Bitte legt den § 174 AO so aus, dass die Fehler, die diese Rechtslage massenhaft provoziert, nicht zu einer dauerhaften Falschfestsetzung von Steuern führen, sondern nur zu einer Periodenverschiebung.

  2. Grundsätzlich ein sehr erfreuliches Urteil, spart man sich so doch den Blick in den Kalender, was für ein Tag nun schon wieder der 10. Januar ist.

    Eine Frage noch hierzu: Gilt das nur für Überweisungen oder analog auch für Einzugsermächtigungen?

  3. Zahlung und Fälligkeit müssen innerhalb des 10-Tages-Zeitraum liegen. Da nach dem BFH Urteil nur auf die Frist des § 18 Abs. 1 Satz 4 UStG abzustellen ist, ist dies für die Fälligkeit immer gegeben. Es bleibt also nur die Zahlung zu prüfen. – Bei Überweisungen muss die Abbuchung auch in diesem Zeitraum erfolgt sein. Beim Lastschrifteinzug erfolgt die Abbuchung regelmäßig später. Da das Finanzamt aber zum 10. des Folgemonats verfügen konnte, gilt die Zahlung per Lastschrift auch als innerhalb der 10-Tages-Frist geleistet.

    Viele Grüße
    Ralph Homuth

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