Update Bilanzskandale: Schwarzer Peter bei Steinhoff gesucht – viele Prüfer verderben die Prüfung

Mittlerweile wurden die ehemaligen Vorstände von Steinhoff im südafrikanischen Parlament zur Anhörung vorgeladen. Einsicht oder Reue? Fehlanzeige. Die beiden Vorstände Markus Jooste und Ben La Grange sehen sich nicht als die Schwarzen Peter. Nach Ansicht von Markus Jooste sind die Wirtschaftsprüfer, frühere Geschäftspartner sowie die Kollegen Schuld. Vielleicht auch noch die Aktionäre und die Aufsichtsräte?

Komplexes Firmenkonstrukt und interne Kontrollen

Hatten die beiden Vorstände am Ende über das komplexe Firmenkonstrukt selbst keinen Überblick mehr? Im Zuge der heutigen Compliance und dem ganzen Getue müsste doch ein Vorstand spätestens bei Aufkommen von Gerüchten über Unregelmäßigkeiten bei den Zahlen Interesse einer vorerst internen Klärung haben. Wie wäre es denn mit einer internen Untersuchung? Denn bereits 2015 soll es einen Verdacht auf Diskrepanzen gegeben haben, bei dem die Staatsanwaltschaft Oldenburg ermittelt hat. Wenn dies angeblich nach Aussage von Jooste damals für ihn sehr zeitaufwendig war: Hat er denn seine Aktivitäten diesbezüglich nicht dokumentiert? So könnte er jetzt diese Akten hervorholen und seine „Unschuld“ beweisen.

Sicherlich hat ein CEO eines solch großen Unternehmens keine Zeit im Überfluss für Dokumentationen von allen möglichen Themen. Aber auch jeder Aufsichtsrat wird in jedem kleinsten Fall seine Vor- und Nachbereitung der Sitzungen dokumentieren. Das Thema Haftung lässt selbst einen Nicht-Juristen nicht kalt, wenn ein Aufsichtsratsmandat übernommen wurde. Zumindest jemanden, der sich nicht nur mit dem Thema Haftung, sondern auch seinem eigenen Image beschäftigt.

Waren die Strukturen derart Komplex, dass auch interne Kontrollen und Überprüfungen undurchsichtig waren? Oder noch schlimmer: Gab es keine wirksamen Kontrollen? Viele offene Fragen, deren Antworten nichts Gutes erahnen lassen.

War die Komplexität eine Verschleierungstaktik oder liegt dies an fehlender Struktur? Ein niederländisches Unternehmen mit südafrikanischem Firmensitz und einer Börsennotierung in Deutschland, das ist Globalisierung. Die Anforderungen an die Wirtschaftsprüfer erhöhen sich bei derartigen Konstruktionen erheblich. Kann dies überhaupt alles kritisch geprüft werden? Denn schließlich muss sich ein Prüfer aus Europa auf seinen südafrikanischen Kollegen verlassen können. Falls dies nicht gegeben wäre: Wer kann dann noch wem trauen? Wie soll ein Prüfer in Europa herausfinden, dass die Bewertung einer Immobilie in Südafrika mit einem falschen

Wert erfolgte? Sicherlich keine leichte Aufgabe. Braucht es vielleicht grenzüberschreitende Prüfungen, die strengen Regelungen unterliegen?

Viele Köche verderben den Brei

Jooste wollte den Wirtschaftsprüfer wechseln, denn der damalige Prüfer wollte das Testat nicht erteilen. Ein Beispiel wie aus dem Lehrbuch. Fällt dessen Ergebnis nicht wie gewünscht aus, wird er nicht mehr beauftragt und ein „milderer“ Prüfer wird herangezogen. Denn auch in der Küche gilt: Viele Köche verderben den Brei. Häufige Prüferwechsel bzw. die Androhung dessen sind ein typisches Warnzeichen für Bilanzskandale.

Durch die Auslagerung einzelner Themen an kleinere Wirtschaftsprüfer hatte kaum jemand ein Überblick über die aktuelle Gesamtlage. Sollte hier der Gesetzgeber einschreiten und die Auslagerung an andere Prüfer begrenzen?

Bereits 10 Milliarden Euro abgeschrieben!

Bei Steinhoff haben sich mittlerweile 10 Milliarden EUR in Luft aufgelöst. Zu hoch ausgewiesenes Vermögen. 10 Milliarden! Nur um die Realtionen zu verdeutlichen: Davon könnte man sich 45 Spieler in der Preisklasse von Neymar kaufen, der als Weltfußballer mit 222 Millionen wahrlich kein Schnäppchen ist. Es wäre aber auch möglich, knapp 27 Millionen Kindern in SOS-Kinderdörfern ein Jahr lang zu ernähren. Und so ein Betrag fällt einem Vorstand nicht auf?

Fazit:

Je mehr Tatsachen bei Steinhoff ans Licht kommen, desto unschöner wird es. Es bedarf dringend einiger Diskussionen. Denn weitere Skandale in dieser Größenordnung schaden allen – Wirtschaftsprüfern, Vorständen, Aufsichtsräten und Aktionären.

Lesen Sie dazu auch:

Reifenberger: Ex-Steinhoff-Vorstand sieht Fehler bei Wirtschaftsprüfern
(www.finance-Magazin.de)

Die Wirtschaftsprüfer von PwC sollen ihre Untersuchung bis Ende des Jahres abschließen. Steinhoff prüft unterdessen auch weitere Verkäufe (www.handelsblatt.com)

 

Ein Kommentar zu “Update Bilanzskandale: Schwarzer Peter bei Steinhoff gesucht – viele Prüfer verderben die Prüfung

  1. Aber Digital 4.0 und Cloude regeln alles. Dies ist die Meinung die sich aus diesen Sachverhalten aufdrängen und das Streben der Anleger nach immer mehr Rendite egal woher. Der Steuerzahler wird dies schon zahlen.

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