Urteil zum Gestaltungsmissbrauch bei Cum-cum-Geschäften

Die Übertragung von Aktien über den Dividendenstichtag aufgrund vertraglicher Gestaltungen führt eine leere Eigentumshülle hieran entstanden ist. Dem ausländischen Aktieninhaber sind demnach doch die Dividendenerträge zuzurechnen, da er wirtschaftlicher Eigentümer geblieben ist, so das Urteil des Hessischen Finanzgerichts vom 28.01.2020 (4 K 890/17).

Zum Hintergrund

Bei den Cum-/cum-Geschäften werden Aktien ausländischer Anteilseigner vor dem Dividendenstichtag an inländische Gesellschaften, zumeist Banken, verkauft oder verliehen und nach dem Dividendenstichtag zurückübertragen mit dem Ziel, die gesetzlich vorgesehene pauschale Versteuerung ausländischer Dividendenerträge zu umgehen.

Der Streitfall

Der 4. Senat des Hessischen Finanzgerichts hat am 28.01.2020 entschieden, dass bei der Übertragung der Aktien über den Dividendenstichtag aufgrund der vertraglichen Gestaltung lediglich eine formale zivilrechtliche Rechtsposition an den Aktien, eine leere Eigentumshülle, verschafft worden ist. Diese Geschäfte waren von vornherein darauf angelegt, dem ursprünglichen Aktieninhaber die Erträge aus den Aktien im wirtschaftlichen Sinne zukommen zu lassen.

Hieraus folgt, dass der ausländische Aktieninhaber wirtschaftlicher Eigentümer und damit Anteilseigner geblieben ist, dem die Dividendenerträge, die zum Kapitalertragsteuerabzug berechtigen, zuzurechnen sind. Das Gericht versagte damit der klagenden inländischen Gesellschaft den beantragten Kapitalertragsteuerabzug, mangels wirtschaftlichen Eigentums an den Aktien.

Fall des § 42 AO führt zur steuerlichen Rückabwicklung

Der Senat hat zudem zur Beseitigung der sonstigen steuerlichen Folgen des gescheiterten Cum-/cum-Gestaltungsmodells für die vertraglichen Vereinbarungen einen steuerlichen Gestaltungsmissbrauch nach § 42 AO bejaht. Nach dieser Norm ist eine Gestaltung rechtsmissbräuchlich, wenn sie – gemessen an dem erstrebten wirtschaftlichen Ziel – einen unangemessenen Weg wählt, der nur einer den Wertungen des Gesetzgebers widersprechenden Steuerminderung dienen soll, ohne dass sonstige beachtliche nichtsteuerliche Gründe für die Gestaltung vorliegen. Die Rechtsfolge dieser Beurteilung als Gestaltungsmissbrauch führt zur steuerlichen Rückabwicklung der Geschäfte.

Sollte die Besteuerung der Dividenden für Banken umgangen werden?

Das Hessischen Finanzgerichts beschäftigte sich außerdem mit der Frage, ob bei einem Teil der Aktiengeschäfte neben der Verhinderung der Besteuerung der Dividendenerträge durch den ausländischen Anteilseigner mit der Weitergabe der Aktien an eine dritte Gesellschaft im Tausch gegen Zinserträge aus Staatsanleihen die Steuerfreistellung der Dividendenerträge nach § 8b Abs. 1 KStG erreicht und somit die Vorschrift des § 8b Abs. 7 KStG, der eine Besteuerung der Dividendenerträge für Banken und sonstige Finanzinstitute vorsieht, umgangen werden sollte.

Einzelheiten ergeben sich aus den schriftlichen Urteilsgründen des 4. Senats, die derzeit noch nicht vorliegen.

Fazit

Das Hessische Finanzgericht hatte nunmehr erstmalig über eine sog. Cum-/cum-Gestaltung zu entscheiden, nachdem es bereits 2016 und 2017 zwei Grundsatzentscheidungen (4 K 1684/14 und 4 K 977/14) zu Cum-/ex-Aktiengeschäften (mehrfache Erstattung einmal gezahlter Kapitalertragsteuer) getroffen hat.

Es hat die Revision zum Bundesfinanzhof wurde zugelassen.

Weitere Informationen:
Hessisches Finanzgericht, Urteil vom 28.01.2020 – 4 K 890/17 (Pressemitteilung)

 

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